Im Bällebad

USA/Russland Das Treffen mit Putin hat wieder einmal gezeigt, dass Donald Trump in einer eigenen Welt lebt
Ausgabe 29/2018
Wladimir Putin sei „extrem stark“ gewesen beim Dementi
Wladimir Putin sei „extrem stark“ gewesen beim Dementi

Foto: Alexey Nikolsky/AFP/Getty Images

Die Verbündeten in Europa sollten endlich zurande kommen mit dem Umstand, dass der Mann im Weißen Haus nach dem Motto „Trump zuerst und dann lange niemand“ agiert. Die Amerikaner müssen aufpassen auf ihre Demokratie. Die mediale Erregung war so groß nach Donald Trumps Auftritt in Helsinki, dass der Präsident am Tag danach einräumte, er habe sich versprochen beim Thema russische Einflussnahme auf die US-Wahlen. Eine unsinnige Behauptung, denn es war nicht wirklich neu, dass Trump in Helsinki sagte, er habe Vertrauen in die Arbeit der US-Dienste, doch Wladimir Putin sei „extrem stark“ gewesen beim Dementi. Das heißt, Trump bleibt Trump und fühlt sich einer „Hexenjagd“ ausgesetzt, die ihm Legitimität abspricht.

Es mag bizarr erscheinen, dass Trump Institutionen wie die NATO attackiert, die im Interesse der USA aufgebaut worden sind, doch sieht dieser Präsident die Welt anders. Als er in jungen Jahren im Immobiliengeschäft investierte, gab es keine Freundschaften, sondern nur zweckgebundene Zusammenarbeit.

Putin kam irgendwie gelegen. Schon Kim Jong-un schien ein passender Gipfelpartner zu sein, um das Image des weit denkenden Staatsmanns zu bedienen. Und Trumps Argument, dass die Beziehungen mit Russland nach acht Jahren Obama am Tiefpunkt seien und man miteinander reden müsse, um die nukleare Gefahr zu reduzieren, lässt sich nicht von der Hand weisen. Auch nicht, dass „Experten“, die sich nun über Trump beklagen, zu ebendiesem Tiefstand beigetragen haben. Die Gespräche mit Putin machen zudem Druck auf Europa. Ob es zu Entspannung kommt, bleibt fraglich: Trumps Umgebung verfügt über wenig handwerkliche Fähigkeiten, und man kann sich kaum vorstellen, dass ihr Vorarbeiter, der Nationale Sicherheitsberater John Bolton, wirklich Interesse hat, mit Moskau zu sondieren.

In Helsinki hat Trump Putins Totalverneinung stehenlassen, „der russische Staat“ habe sich niemals in interne amerikanische Angelegenheiten eingemischt. Trump-Kritiker schrieben, dass Trump zu weit gegangen sei. Zitiert wird der eine oder andere Republikaner mit unguten Gefühlen. Doch ebendiese Politiker werden wohl mit Trump abstimmen, wenn es um die Ernennung des neuen Richters geht, mit dem langfristig eine rechte Mehrheit am Obersten Gericht zementiert werden soll. Im Übrigen ist Trump in den USA nicht allein mit Vorwürfen, der „Staat“ und die Geheimdienste wollten ihm schaden. Laut der überparteilichen Democracy Fund Voter Study Group meinen nur 15 Prozent der Trump-Wähler, die Russland-Ermittlungen seien fair, von den Clinton-Wählern glauben das 83 Prozent. Da zieht sich ein Unwetter zusammen.

Ein Kommentar auf der trumpistischen Webseite townhall.com nahm den Helsinki-Aufritt in Schutz. Die Stärke, die Trumps Basis von ihm erwarte, sei nicht ein „politisches Theater auf der Suche nach Lob von CNN“. Die derzeit wichtigste Auseinandersetzung ergebe sich aus dem Angriff auf Trumps Präsidentschaft durch den Sonderstaatsanwalt Mueller. Wollte Trump beim Thema Wahlmanipulation Zugeständnisse, würden das seine Gegner als Indiz dafür hochspielen, dass seine Wahl illegitim gewesen sei. Beim Statement am Tag nach dem Helsinki-Gipfel blieb der Präsident entsprechend mehrdeutig. „Ich akzeptiere die Schlussfolgerung unserer Dienste, dass Russlands Einmischung in die Wahl von 2016 stattgefunden hat, es könnten auch andere Leute gewesen sein. Eine Menge Leute da draußen. Und überhaupt, es gab keine Absprache.“

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