Ein beeindruckendes Ergebnis

Referendum Das "OXI" der Griechen ist von einem Bekenntnis zu Europa getragen. Allerdings zu einem Europa, das nicht auf Wirtschaftskennzahlen und Finanzinstitutionen aufgebaut ist
Nach dem Referendum: Jubel in Athen
Nach dem Referendum: Jubel in Athen

Bild: Christopher Furlong/Getty Images

Am Ende eines stellenweise gespenstisch stillen Tages jubeln auf Athens zentralem Syntagma-Platz die Gegner des Referendums. Das sind viele Unterstützer der Regierung, ihre nicht wenigen Kritiker von links und allenthalben Gegner der Austeritätspolitik. Dabei ist die Abstimmung von einem tief empfundenen Bekenntnis zu Europa getragen. Allerdings zu einem Europa, das nicht auf Wirtschaftskennzahlen und Finanzinstitutionen aufgebaut ist. Das Votum bestätigt die Regierungspartei Syriza, gegenwärtig die einzige in Griechenland, die sich weitergehende europapolitische Gedanken macht.

Allein deshalb ist das Ergebnis eine herbe Niederlage für die Europapolitik von Angela Merkel und den anmaßenden Ton von Wolfgang Schäuble. Auf dem Syntagma-Platz gibt es schließlich den größten Jubel, als Andonis Samaras, ehemalige Ministerpräsident und Parteichef der CDU-Schwesterpartei Nea Dimokratia, seinen Rücktritt erklärt.

Gleichzeitig tragen nur wenige, folkloristische Gruppen das Gefühl, einen antikapitalistischen Sieg errungen zu haben in die Nacht. Die Stimmen derer, die aus dem Euro oder gar der EU austreten wollen, sind unbedeutend. Die hölzernen Kommunisten der KKE marginalisierten sich selbst. Nur ein paar Phantasten wollen zur Drachme oder in ein Leben außerhalb der EU zurück.

Den allermeisten in Griechenland ist hingegen sonnenklar, dass die staatliche Verschuldung das Ergebnis von Misswirtschaft, Nepotismus und Korruption der alten Parteienblöcke ist. Und um aufzuräumen, braucht man den politischen Willen der Institutionen Europas. Kaum jemand hat etwas gegen vernünftige, sogar harte Sparpolitik. Mit dem Vorschlag, den Staatsapparat zu verschlanken und mit dem Gedanken von Effizienz zu durchleuchten, findet man sofort griechische Freunde. Nur können nicht Rentner und Kranke, Geringverdienende und mittelständische Betriebe die Spesen für eine Bankenrettung und den Unterhalt der Eliten übernehmen. Auch deshalb ist das Ergebnis beeindruckend. In der vergangenen Woche hat der Druck, für das Referendum zu stimmen, mit Drohkulissen in Medien und Unternehmen noch einmal harschere Töne angenommen.

Gar nicht ausgemacht ist dagegen, wie gut das Ergebnis Alexis Tsipras schmeckt. Die Regierung ist gefestigt. Darin ist der Ministerpräsident immer noch von der rechten ANEL und innerparteilich von krawallbereiten linken Gruppen abhängig. Dass Finanzminister Yanis Varoufakis zurücktritt, ist eine erste klimatische Verbesserung. Aus der Konstellation seiner Regierung – das hat die vorletzte Woche in Brüssel gezeigt –hatte Tsipras auf Europäischer Ebene fast keinen politischen Spielraum. Es wird sich zeigen, ob er es schafft das Votum innerparteilich zu seinen Gunsten umzumünzen.

Und so wurden manche Gesichter in der Menge ernst, als auf dem Syntagma-Platz die massierten Marschgruppen der Ant.ar.sy.a. mit Bannern, Trommeln und Geschrei auftauchten. Für etliche Familien war es das Zeichen zum Aufbruch. Auf dem Heimweg konnten sie sich noch in der Schlange am Bankautomaten einreihen.

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