In der Saarschleife

Landespolitik Die Jamaika-Minister sind entlassen, CDU und SPD sondieren weiter. Eine Alternative zur großen Koalition ist nicht in Sicht, daran würden wohl auch Wahlen nichts ändern

Die saarländische Landespolitik hat an diesem Mittwoch ein volles Programm: Am Morgen wurden die vier Minister von Grünen und FDP entlassen, danach wollte die CDU über eine vorübergehende Ressortverteilung entscheiden und am Nachmittag gehen die Sondierungsgespräche mit der SPD weiter. Ein Thema dabei: Der Vorschlag der Sozialdemokraten, die Landtagswahl auf 2013 vorzuziehen und parallel zur Bundestagswahl abzuhalten. Die CDU ist bisher dagegen, die SPD sei jedoch auf diese Position „festgelegt“, heißt es. Gegebenenfalls werde es eben Neuwahlen geben. Doch die hätten, passiert nichts wirklich Saarbewegendes mehr, so ziemlich dasselbe Ergebnis: eine große Koalition. Also auch hier scheint die Sache bereits „festgelegt“ – der Unterschied, wer den Ministerpräsidenten stellt, ist einer, der vor allem die Parteien interessiert, der aber kaum für die Frage der Regierungspolitik relevant sein dürfte.

Nach dem Schiffbruch von Jamaika hatten für ein paar Tage noch andere Farbspiele eine kleine Nebenrolle auf der Bühne: Die Linkspartei erklärte, bei aller Kritik an den Grünen wolle sie sich auch Rot-Rot-Grün nicht verschließen, es komme jedenfalls auf die Inhalte an. Auch auf dem linken SPD-Flügel konnte man manche Einlassung so verstehen, dass Neuwahlen mit dem Ergebnis Rot-Rot doch besser seien als ein Bündnis mit der CDU. Davon ist inzwischen nicht mehr die Rede. Die Saar-Politik ist eben „festgelegt“. Die Ironie daran ist, dass das Festgelegtsein seinen Grund in der Beweglichkeit der Sozialdemokraten in einer entscheidenden Frage hat: der Haltung zur Schuldenbremse. Landeschef Heiko Maas gehörte lange zu den Kritikern dieses Instruments. „Schuldenbremse heißt: weniger Bildung und weniger Sozialstaat“, sagte er im vergangenen März. Und als im Herbst selbst Annegret Kramp-Karrenbauer ein Licht aufging und sie beklagte, dem Land fehle es an Handlungsspielraum, erinnerte Maas die CDU-Ministerpräsidentin daran, dass es ihre Partei war, welche die Schuldenbremse „gegen alle Bedenken der SPD durchgedrückt“ habe.

Knackpunkt Schuldenbremse

Die Bedenken hat Maas inzwischen verloren, aber es ist dies keine Frage der Einsicht oder grundlegend veränderter Voraussetzungen. Sondern bloß eine der landespolitischen Taktik. Maas hat, als Signal an die CDU und die Linkspartei, durchblicken lassen, dass die Sozialdemokraten im Saarland nun auch bereit seien, die Schuldenbremse zu akzeptieren. Im Gegenzug kann die SPD von der Union Entgegenkommen erwarten, und die Linkspartei wird auf eine Weise auf Distanz gehalten, die ihr selbst einen Schwarzen Peter zuspielt: Er, Maas, wolle, ja müsse gewissermaßen die Möglichkeiten einer großen Koalition ausloten, weil die Linkspartei nicht bereits sei „die Realitäten“ anzuerkennen, also: die Schuldenbremse und mit ihr einhergehende Kürzungen. Abgesehen davon heißt es in der SPD, „mit ersprießlichen rot-roten Gesprächen sei an der Saar nicht zu rechnen“, wie die Tageszeitung schreibt, „weil Lafontaine undurchschaubare Absichten auf Bundesebene verfolge“. Der Fraktionschef der Linken hat entgegnet, es könne keine Koalition mit Sozialdemokraten geben, welche ihre kritische Position zur Schuldenbremse geräumt haben, denn diese bedeute „Sozialabbau und Einschnitte bei der Bildung“. Auch hier also: Man zeigt sich „festgelegt“.

Für die Saar-Linke ist das zweifellos eine Frage der viel zitierten Glaubwürdigkeit, die zu verteidigen allerdings auch schwierig sein wird. In den Medien wird der Linkspartei die Schuld an der landespolitischen Alternativlosigkeit gegeben. Lafontaines, vom linken Landesvorsitzenden Rolf Linsler unterstützte Absage, hätte CDU und SPD „praktisch zur Zusammenarbeit gezwungen“, schreibt die Saarbrücker Zeitung. Die Süddeutsche kommentiert die Lage mit den Worten, „die Linke hat sich mit dem Lafontaine-Interview auf Opposition festgelegt. Also müssen CDU und SPD sich zusammenraufen.“ Kommen die nicht auf einen gemeinsamen Nenner, wird es Neuwahlen geben. Sowohl der linke SPD-Flügel als auch Seeheimer (etwa hier) plädieren ohnehin dafür. Stattfinden könnte so ein Urnengang im März oder April. Und auch in der CDU heißt es nun, man sei für eine schnelle Neuwahl gut vorbereitet. Mag sein, dass sich jede Partei ihre Chancen dabei ausrechnet. Das ändert aber nichts daran, dass alle von den Akteuren für möglich gehaltenen Wege trotzdem zum selben Ziel führen: eine große Koalition.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden