In Sloterdijks Spuren

Gesinnung Norbert Bolz: Ideen-Lieferant für eine Partei rechts von der CDU

Norbert Bolz gehört zu den Konvertiten der ersten Stunde. Auf sich aufmerksam machte er als Adept von Adorno und Benjamin. Doch bald schon entdeckte er den Charme des Kapitalismus, dessen Lob ihm umso unver­frorener aus dem rhetorisch geschulten Munde kam, je mehr ihm daran gelegen war, seine linke Vergangenheit vergessen zu machen und sich dem Establishment als Ideologielieferant anzudienen. Noch erstaunlicher als dieser Gesinnungswandel ist die Einfalt, mit der einige Linke Bolz für einen der Ihren hielten, als längst erkennbar war, wessen Ungeistes Kind er ist.

Vor mehr als einem Jahr gelang es Peter Sloterdijk, in dessen Schatten Bolz stets dahinvegetieren musste, mit der Aufforderung an die Reichen via FAZ, die Steuern zu verweigern, Aufsehen zu erregen. Das ließ den Kleinphilosophen an der TU Berlin nicht ruhen. Er veröffentlichte am 13. August im Tagesspiegel einen Kommentar und plädiert damit für eine Partei rechts von der CDU. „Könnte die Anpassung der CDU an den sozialdemokratischen Zeitgeist heute nicht auch zur Abspaltung einer ‚Rechten‘ führen, die den Erfolgreichen, denen man bisher erfolglos den Namen ‚Leistungsträger‘ angedient hat, eine neue geistige, nämlich konservative Heimat anbietet?“ fragt er rhetorisch. Gemeint sind die gleichen Adressaten wie bei Sloterdijk. Sie sollen keine Steuern zahlen und eine rechte Partei gründen. Bolz scheint bei der Achse des Guten abgeschrieben zu haben: „Die Werte, um die es hier geht, lassen sich genau benennen. Die Rechte ist gegen den Paternalismus des vorsorgenden Sozialstaates, für mehr Selbstverantwortung und den unzweideutigen Schutz des Eigentums. Die Rechte ist für einen fröhlichen Patriotismus und eine christliche Leitkultur ... Wenn es ihr gelingen sollte, sich als Partei zu formieren, wäre unsere Gesellschaft endlich auch parlamentarisch balanciert. Die neue politische Struktur würde dann so aussehen: Linke-SPD-Grüne-FDP-CDU-Rechte.“

Die Schuldigen an der jetzigen Misere hat Bolz auch gefunden. „Die Medienlinke hofiert die Linken und denunziert die Rechten. Auf der Kommunistischen Plattform darf man fröhlich tanzen.“ Merkwürdig. Sind es nicht die Bolzes, Sloterdijks und all die anderen Renegaten der 68er-Bewegung, die von den Medien hofiert werden? ARD und ZDF, FAZ und Welt als Tanzfläche für Kommunisten? Irgendetwas muss uns entgangen sein. Bolz setzt noch eins drauf: „Viele Akademiker, Journalisten und Intellektuelle sind aber gar nicht links, sondern maskieren sich nur so, um in ihren Institutionen überleben zu können.“ Und dann wird er infam: „Hier zeigt sich besonders deutlich, dass sich der nachträgliche Kampf gegen die Nazis … zu unserer größten Denkblockade entwickelt hat. Sie besteht in der grotesken Gleichung: konservativ=reaktio-när=faschistisch.“ Im Klartext: Schuld an der Diktatur einer Einheitsfront von Kommunistischer Plattform und sozialdemokratischer CDU hat der Antifaschismus. „Es gibt ja heute keinen einzigen deutschen Linksintellektuellen von Format – und das liegt eben daran, dass die öffentlichen Gegenstimmen fehlen.“ Wenn man das recht versteht, gibt es keinen einzigen deutschen Intellektuellen von Format. Außer einem. Der eben seine Gegenstimme öffentlich erhoben hat. Sein Name ist – richtig, gewonnen!

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