Information Warfare

USA Propaganda für den Hausgebrauch - das Pentagon versucht die Heimatfront zu motivieren

Inzwischen gibt es mehr als 1.500 gefallene US-Soldaten im Irak, das hebt die Kriegsbegeisterung der Amerikaner nicht unbedingt. Um einem substanziellen Vertrauensschwund vorzubeugen, hat das Pentagon daher eine massive Propagandakampagne gestartet. Sie zielt auf eine möglicherweise desillusionierte Heimatfront, soll via Internet aber auch der Desinformation des Auslands dienen. "Information warfare" - die systematische Manipulation von Nachrichten - wird dieser Tage auf drei verschiedenen Ebenen betrieben.

Zunächst einmal werden alle in den Irak und nach Afghanistan entsandten Soldaten vor ihrem Einsatz einem rigorosen Medientraining unterzogen, das sie auf die von Washington verordnete Linie trimmt. Zum anderen unterhält das Pentagon für Südeuropa und den nordafrikanischen Raum Nachrichten-Websites, deren Unabhängigkeit mehr als zweifelhaft erscheint. Drittens gibt es ab sofort einen hauseigenen TV-Militärkanal, den Pentagon Channel, der bereits vor sieben Monaten als interner Sender des Verteidigungsministeriums Premiere hatte. Seit Mitte Februar kommt nun auch eine größere Öffentlichkeit in den Genuss des Programms: das Satelliten-Netzwerk Echo Star Communications liefert seinen elf Millionen Kunden den Pentagon-Kanal kostenfrei und rund um die Uhr.

Der in der Tonlage hemmungslos optimistische Sender bietet tägliche Pressekonferenzen und Briefings zum Kriegsverlauf im Irak, Interviews mit Top-Militärstrategen, Frontberichte sowie Studio-Gespräche mit Donald Rumsfeld oder einem Vier-Sterne-General, wann immer sich die Gelegenheit dazu findet. Auch selbsternannte Terrorexperten kommen zu Wort. So ließ etwa Staatssekretär Douglas Feith verlauten, Amerika müsse lernen, im Krieg gegen den Terror auch in jenen Staaten Feinde zu bekämpfen, in denen US-Truppen keinen Krieg führten. Die Kooperation mit Partnerländern sei von größter Bedeutung. Gemeinsame Polizeiaktionen könnten nötig werden, auch geheimdienstliche oder militärische Operationen und die Entwicklung eines Schulsystems, das mit den Schulen der Extremisten konkurrieren könne.

Die kürzlich im Irak abgehaltenen Wahlen sind für Feith ein Erfolg der Demokratie und die unmittelbare Konsequenz "der amerikanischen Befreiung" - eine Entwicklung, wie sie auch für Syrien und den Iran wünschenswert sei.

Ähnliche Inhalte vermittelt auch das Propagandatraining für die US-Soldaten im Irak. Wie die in Raleigh (North Carolina) erscheinende Tageszeitung News Observer berichtet, werden an Marines kleine Plastikkarten verteilt. Darauf heißt es unter anderem: "Wir sind keine Besatzungsmacht. Wir sind ein Team, das auf menschliche Werte bedacht ist und sich bemüht, Würde und Respekt aufrecht zu erhalten." Oder an anderer Stelle: "Das Korps der Marines ist voll trainiert, gut ausgerüstet und bereit, seine Mission zu erfüllen. Wir sind einer noblen Sache verpflichtet und werden solange im Irak bleiben, solange wir gebraucht werden."

Mit solchen Plattitüden versucht das Pentagon auch, die nach wie vor in Armee-Einheiten integrierten Reporter zu manipulieren. Irakerfahrene Journalisten, die nach den vorausgegangenen Kriegslügen skeptisch geworden sein sollten und selbst einer um Hochglanz bemühten Propaganda nicht mehr so leicht auf den Leim gehen dürften. Dass ausgerechnet sie die pessimistische und zunehmend kriegsunwillige Heimatfront noch einmal umstimmen, erscheint schwer vorstellbar.


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