Todesurteil für lesbische Frauen im Iran

Iran Zum ersten Mal sind im Iran zwei lesbische Influencerinnen mit fadenscheinigen Begründungen zum Tode verurteilt worden. Noch ist unklar, ob das Urteil vollstreckt wird
Ausgabe 38/2022
Im Iran stehen vor allem Frauen und LGBTQ-Menschen unter Druck
Im Iran stehen vor allem Frauen und LGBTQ-Menschen unter Druck

Foto: STR/afp/AFP via Getty Images

Die autoritären Maßnahmen des iranischen Regimes beschränken sich nicht auf politische Freiheiten. Die staatliche Kontrollpolitik setzt vor allem Frauen und LGBTQ-Menschen unter Druck. Die LGBTQ-Community wird aber nicht nur durch den Staat drangsaliert, sondern auch durch die iranische Gesellschaft, in der Sexualität kaum verhandelt und jede kleinste gesellschaftliche Bewegung in Windeseile zerschlagen wird.

Nicht nur die staatlichen Medien, sondern auch halbwegs unabhängige Medien haben sich der Zensur über die LGBTQ-Menschen ergeben. Auch iranische Exil-Medien setzen sich nur ungern mit dem Thema LGBTQ auseinander, um das Durchschnittspublikum nicht zu verärgern. An der jungen iranische Generation scheitert diese Politik: Zahra Sedighi (31) und Elham Choubdar (31) gehören zu den einflussreichsten Influencer*innen innerhalb der iranischen LGBTQ-Community. Ihre Kommentare und Auftritte in den sozialen Medien zeichneten sich dadurch aus, dass die beiden unter ihrem eigenen Namen veröffentlichten.

Prozess hinter verschlossenen Türen

Denn viele Influencer*innen sind nur unter ihrem Pseudonym in den sozialen Medien präsent. Sedighi und Choubdar veröffentlichten zuletzt aus der Autonomen Region Kurdistan im Irak, bis sich die Lage für sie auch dort verschlechterte. Im Oktober 2021 nahm sie der iranische Geheimdienst am Grenzübergang fest, als sie in der Türkei Asyl beantragen wollten. Der Geheimdienst warf ihnen „Frauenhandel“ vor. Die staatsnahe Nachrichtenagentur Tasnim berichtete Mitte Juli, dass die Gruppe um Sedighi 1.000 Frauen in den Nordirak geschmuggelt und sie dort zur Prostitution gezwungen hätte.

Es ist davon auszugehen, dass das Gericht den Vorwand „Frauenhandel“ nutzt, um internationalen Druck zu vermeiden. Da der Gerichtsprozess hinter geschlossenen Türen stattfand und die Angeklagten keinen Zugang zu einem Anwalt hatten (was auch gegen das Verfahrensrecht der Islamischen Republik verstößt), sind Details der Anklageschrift unbekannt.

Das Urteil steht jedoch fest: Zum ersten Mal wurden im Iran zwei lesbische Frauen zum Tode verurteilt. Wann das Urteil vollstreckt werden soll, ist nicht bekannt. Doch der iranischen Justiz wird es immer schwerer fallen, solche Urteile auszusprechen. Nicht nur wegen des großen internationalen Protests, sondern auch infolge des Kampfs, den Menschen wie Zahra Sedighi und Elham Choubdar führen.

Omid Rezaee ist freier Journalist aus dem Iran und lebt seit 2012 in Berlin

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