Italiens Koalition hat Deutschland und große Teile Nordeuropas verbal schon wieder in den Griechenland-Modus versetzt: Der Norden sei solide, der Süden marode und unberechenbar. Die Klügeren unter den nördlichen Besserwissern heben lediglich warnend den Zeigefinger ob der drohenden Konsequenzen südlicher Ausgaben-Orgien, die dumpfbackigen Besserwisser sprechen unverhohlen von südlichen „Schnorrern“, gefährlichen Populisten und rechtsradikalen Feinden der Demokratie. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger, der bei Letzteren immer ganz vorne mitmischt, hofft gar, dass „die Märkte“ italienischen Wählern den rechten Weg weisen.
Das alles ist großer Unsinn. Diesen aber verbreiten die nördlichen Besserwisser nicht bewusst, sondern reflexartig: weil sie nach Jahren der Verdrängung einfach nicht mehr zu erkennen imstande sind, wie groß ihr Anteil an der italienischen und an der südeuropäischen Misere ist. Würden sie nur einen Hauch von Makroökonomik verstehen, müssten sie sehen, dass sie selbst Italien eine Falle gestellt haben, die dem Land nur „radikale“ Optionen belässt.
Italiens Wirtschaft hat sechs Jahre Rezession hinter sich. Die dringlichste Aufgabe einer neuen Regierung ist es, diese Wirtschaft zu beleben. Doch wie belebt man eine Wirtschaft, die am Boden liegt? Jeder Ökonom, der volkswirtschaftliche Gesamtrechnung beherrscht, weiß, dass man dafür einen Impuls braucht. Ein solcher Impuls kann aus verschiedenen Richtungen kommen. Doch allen Impulsen ist gemein, dass sie darauf beruhen, dass jemand Geld ausgibt, das er – um es in der Sprache der Dumpfbacken zu sagen – nicht hat.
Ja, es muss jemand einen Kredit aufnehmen und mehr Geld für Güter und Dienste ausgeben, als er selbst eingenommen hat: Jemand muss neue Schulden machen. Denn wenn alle nur so viel ausgeben, wie sie einnehmen, bleibt die Wirtschaft stehen. Geben bestimmte Gruppen sogar weniger aus, als sie einnehmen, ohne dass andere entsprechend entsparen oder sich verschulden, bricht die Wirtschaft weiter ein.
Diese Logik schließt alle anderen Maßnahmen ein, insbesondere die berühmten Strukturreformen. Was immer man tut: Kommt es nicht gleichzeitig zu den oben beschriebenen Impulsen via höhere Schulden, läuft jede Reform ins Leere. Nun muss man die Schulden nicht selbst machen. Man kann darauf bauen, wie Deutschland das zu Anfang der 2000er Jahre getan hat, dass andere Schulden machen, die einem selbst zugutekommen. Das kann gelingen, wenn man selbst den Gürtel enger schnallt und so billig wird, dass die Menschen im Ausland vermehrt die eigenen Güter kaufen und dafür Kredite aufnehmen.
Diesen Weg wäre Italien als exportstarke Nation in den vergangenen Jahren gerne auch gegangen. Doch dieser Weg ist Mitgliedern der Eurozone weitgehend verschlossen – von der Nation, die sich mit Hilfe ihres Lohndumpings auf den globalen Märkten breitgemacht hat und den höchsten Leistungsbilanzüberschuss der Welt aufweist: Deutschland. Wollte Italien gleichziehen, müsste es in kurzer Zeit die Löhne dramatisch senken, seine Binnennachfrage würde einbrechen, mit massiven Folgen für die Arbeitslosigkeit. Griechenland lässt grüßen. Man kann auch hoffen, dass der für eine Belebung nötige Impuls von den Unternehmen kommt. Doch wenn diese bei Nullzinsen nicht investieren, sondern selbst mehr einnehmen als ausgeben, also sparen, wie das in Italien und in Deutschland der Fall ist: Wer könnte sie dann, ohne neues Geld in die Hand zu nehmen, dazu bewegen?
Darum bleibt in Italiens Fall nur der Staat als Impulsgeber für die Wirtschaft. Denn dass die privaten Haushalte plötzlich anfangen, die Schuldnerrolle zu spielen, ist sehr unwahrscheinlich. Insofern hat die Koalition aus Lega und Fünf Sterne recht damit, darauf zu beharren, dass es eine staatliche Anregung geben muss.
Die hier gezeigte Logik ist vollkommen unabhängig vom Schuldenstand. Ob man wie Italien 130 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt ausweist oder, wie Japan, über 250 Prozent, spielt keine Rolle. Der Impuls kommt immer nur von neuen Schulden. Deutschland sollte das wissen, baut es doch fast jedes Jahr darauf, dass zur Anregung seines Wachstums die neuen Schulden des Auslandes in Form steigender Leistungsbilanzüberschüsse noch einmal zunehmen. Aber die europäischen Verträge, jammern viele in Deutschland, die werden doch damit gebrochen! Ja, die Verträge müssen gebrochen werden, weil sie ohne jede makroökonomische Logik sind. Sie wurden zusammengeschustert mit der vermeintlichen Vernunft der schwäbischen Hausfrau und sind vollkommen unangemessen zur Steuerung der Währungsunion. Wer Europa retten will, muss die Verträge ändern – auch damit hatte die Koalition in Italien recht.
Wer aber gegen die Vernunft rechtstreu sein will, sollte Deutschland zwingen, seinen dreisten Verstoß gegen die Verträge und eigene Gesetze sofort zu beenden. Die horrenden deutschen Leistungsbilanzüberschüsse brechen Jahr für Jahr die europäischen Verträge und das deutsche Stabilitäts- und Wachstumsgesetz dazu.
Kommentare 19
Die übliche deutsche Arroganz gegenüber Italien feiert wieder einmal, wie so oft, Urstände. Dabei wird vergessen, dass Italien wie Deutschland einen Leistungsbilazübeschuss erwirtschaftet. Der italienische liegt bei ca. 2,7%, der deutsche bei 8%. Italien hält sich an die europäischen Verträge, Deutschland eben nicht. Nein, es wird allerhöchste Zeit, dass Eurobonds eingeführt werden, eine Schuldenunion der Euroländer entsteht, in strukturschwache Regionen investiert wird. Doch spricht man dies Thema in Deutschland an, gilt man sehr schnell als Landesverräter. Es ist eben immer noch so: "am deutschen Wesen soll die Welt genesen."
- viele private haushalte in italien fangen nicht an,
die schuldner-rolle zu spielen. das tun sie seit jahrzehnten.
- obwohl italien. haushalte im schnitt über mehr vermögen
verfügen als deutsche. richtig?
- ist es zeichen einer " linken" ökonomie,
bei reichen kredit-gebern sich zu verschulden?
den steuer-hinterziehern ihr schon-vermögen zu lassen?
- ich kann mich auch des eindrucks nicht erwehren ,
daß in puncto griechen-land und italien
von DDR-bürgern schlachten geschlagen werden,
angedenk ihre gewohnte plan-wirtschaft im herzen,
über die die geschichte längst geurteilt hat.
- gegen kapitalistische globalisierungs-effekte
muß es doch anderes geben als die verschuldung
der habenichtse bei banken und un-geschröpften vermögenden.
oda?
Zunächst sollte es nicht um "linke" oder sonstwie eingefärbte Ökonomie gehen, sondern um Logik:
1. Wächst die Wirtschaft nicht, steigt die Arbeitslosigkeit. 2. Jemand muss Schulden machen, wenn die Wirtschaft wachsen soll. 3. Die Bürger (als ganzes) sind Netto-Sparer, waren sie schon immer. Neuerdings ist das bei den Unternehmen genau so. Wenn man keinen Weg findet, einen dieser beitden Gruppen zu Netto-Schuldnern zu machen, dann bleibt nur der Staat oder das Ausland.
Wenn man sich mal auf diese Grundlagen einigen könnte ("Einigen" ist das falsche Wort. Wir können uns ja auch nicht darauf "einigen" dass die Sonne wärmt.), dann wäre darauf aufbauend auch eine vernünftige wirtschaftspolitische Debatte möglich. Die Antworten können dann eine Frage der politischen Positionierung sein.
Zunächst hat Herr Flassbeck ja Recht, denn der deutsche Qualitätsökonom, z.B. Herr Fuest, fordert für Italien natürlich die innere Abwertung, die schließlich zu einer größeren Wettbewerbsfähigkeit führe, damit zu Wachtum und zu mehr Beschäftigung.
Der keynesianische Ansatz des deficit spending durch den autonom handelnden Staat, den Herr Flassbeck hier vertritt, könnte m.E. dahingehend ergänzt werden, dass der Staat das für Investitionen notwendige Kapital sich bei denjenigen besorgt, die es nicht nachfragewirksam verwenden, z.B. in Form einer Vermögenssteuer oder einer Besteuerung sehr hoher Einkommen oder der effektiven Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung. (@ denkzone 8)
Da könnte Deutschland etwa bei der Abschöpfung mafiösen Vermögens noch einiges von Italien lernen!
Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn in einer Kritik an bestimmten Zuständen, den für die Zustände Verantwortlichen als ursächliches Verhaltensmuster - Besserwisserei - unterstellt wird; und wenn die Kritik dabei in ihren Ausführungen selbst in das kritisierte Muster - oft nur umgekehrt gepolt - verfällt. - Der Artikel ist ein anschauliches Beispiel für eine derartige Konstellation.
Zur Sache: Das bekannte Credo des Herrn Flassbeck “Über Schulden in die Prosperität” funktioniert leider nur unter bestimmten fiskal- wirtschafts- und ordnungspolitischen Bedingungen. Diese herzustellen, scheint in diesem Fall die vorrangige Aufgabe zu sein.
Merkel möchte der neuen italienischen Regierung zeigen "wie mehr junge Menschen Arbeit finden können".
Nun, egal wie man zu Italien und den damit verbundenen Klischees steht - wenn man sich schon auf eine Währungs- und Wirtschaftsunion eingelassen hatte, dann sollte man zumindest gewisse Wechselwirkungen erkennen und anerkennen. Damit haben die Südländer sicherlich recht. Was die Schuldenfrage betrifft, da frage ich mich immer warum z.B. Japan mit ihrem Schuldenstand und geplanter Bevölkerungsschrumpfung weiterhin mickrige Zinsen zahlen muss und innerhalb der EU die Zinspeitsche gezielt die üblichen Verdächtigen erreicht. Muss sicherlich die unsichtbare Hand sein...
@MrSatchmoo "Zunächst sollte es nicht um "linke" oder sonstwie eingefärbte Ökonomie gehen, sondern um Logik:"
Natürlich sollte es um "Logik" gehen. Die "Ökonomie" (oder präziser formuliert: die Volkswirtschaftslehre bzw. Makroökonomie) gehört aber nicht zu den Naturwissenschaften, sondern zu den Sozialwissenschaften und das hat auch seinen Grund. Aber gerade von neoliberalen Mainstream-Ökonomen wird in ihren abstrakten neoklassichen Modellen immer so getan, als ob man wie in der Physik nur ein oder zwei Parameter ändern müsste und dann leben alle Bürger im Wohlstand und ökonomischen Paradies.
Das fängt schon damit an, dass nicht mehr zwischen Betriebswirtschaft(slehre) und Volkswirtschaft(slehre) differenziert wird, weil die Grundprämisse rechter Wirtschaftspolitik lautet: Wenn sich jeder Bürger auf der Welt wie ein "Homo oeconomicus" verhält, also betriebswirtschaftlich wie die kleine Hausfrau Angela M. im schwäbischen Herbertingen, dann gibt es volkswirtschaftlich keine Arbeitslosigkeit mehr und ein Wirtschaftswachstum, von dem alle Bürger dauerhaft profitieren usw. pipapo.
Passt die ökonomische Realität nicht zum abstrakten Modell, dann ändern neoliberale Ökonomen aber nicht ihr Modell, sondern argumentieren auf sozialer Ebene ("Sozial ist, was Arbeit schafft.") und/oder einseitig nationalistisch ("America first!", "Buy British.", "Standortsicherung Deutschland" usw.).
@MrSatchmoo "1. Wächst die Wirtschaft nicht, steigt die Arbeitslosigkeit."
Tatsache ist doch, die Wirtschaft wächst in Deutschland von ein paar Konjunkturdellen abgesehen seit etwa 1950. Prinzipiell gilt das mehr oder weniger für alle kapitalistischen Länder.
Die Wachstumsraten sind seit den 50 Jahren zwar gesunken, aber die volkswirtschaftliche Gesamtleistung Deutschlands ist seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges m. W. um mehr als das Vierfache gestiegen. Allein das Geldvermögen "der" Deutschen ist dadurch inzwischen auf sagenhafte 6,1 BILLIONEN Euro angewachsen.
Warum werden dann von unserer neoliberal-konservativen Regierung und "Mutti" Merkel z. B. Arbeitslose, die älter sind als 58, ABM-Teilnehmer und andere Arbeitslose aus der Arbeitslosenstatistik rausgerechnet? Warum gibt es überhaupt noch Arbeitslosigkeit und warum gibt es die Tafeln?
Warum wird dann allen Hartz IV-Empfängern von arroganten und dekadenten Neoliberalen, ignoranten und scheinheiligen Konservativen und verlogenen Pseudo-Sozialdemokraten immer unterstellt, alle Arbeitslosen wären "faule" Schweine, die sich den ganzen Tag in der sozialen Hängematte suhlen und es sich von ein paar Euro im Monat gut gehen lassen, wenn man denn nur die bekannten Ärmel hochkrempeln muss, um reich zu werden.
Diese opportunistische rechte Argumentation gilt natürlich auch für die "faulen" Griechen, die "faulen" Italiener, die "faulen" Spanier.
Wie hoch muss die gesamtwirtschaftliche Leistung und wie hoch muss das Geldvermögen der Deutschen noch werden, damit es hierzulande endlich keine Arbeitslosigkeit mehr gibt und sich jeder fleißige deutsche Bürger einen Ferrari als Zweitwagen, eine Ferienvilla am Bodensee und ein Gemälde von Da Vinci für 382 Millionen Euro leisten kann?
Wer über Arbeitslosigkeit, Wirtschaftswachstum und Staatsschulden redet, der muss auch über die private Vermögenskonzentration reden.
Denn jetzt kommen wir zur zentralen Frage: Ist das alles die Folge jahrzentelanger neoliberal-konservativer Politik (Stichworte: Privatisierung, Sozialstaatsabbau, Steuersenkungen für Reiche). Einer Politik, die sich als "Sparpolitik" tarnt, weil das besser klingt als Löhne und Sozialleistungen "kürzen"und 9 von 10 Deutschen einen Orgasmus bekommen, wenn sie das Wort "sparen" hören?
Oder muss man nur die neoliberale Dosis erhöhen, also noch mehr Krankenhäuser, Altenheime usw. privatisieren, Löhne bzw. Sozialleistungen kürzen, Steuern für die Superreichen senken, damit es keine Arbeitslosigkeit mehr gibt und sich alle fleißigen Bürger auch eine Ferienvilla am Bodensee leisten können?
Und was schlagen neoliberale Ökonomen vor, wenn alles privatisiert worden ist und die Superreichen noch reicher geworden sind, es dann aber immer noch Arbeitslosigkeit gibt? Sammeln wir die arbeitslosen Bürger dann in zentralen Lagern, um sie durch Zwangsarbeit zu "befreien" oder fangen wir wieder einen (Welt-)Krieg an? Es gibt schließlich keine wirtschaftspolitische Maßnahme, die mehr Arbeitsplätze schafft als der Krieg.
Höhere Schulden sind nicht die Lösung
"Wollte Italien gleichziehen, müsste es in kurzer Zeit die Löhne dramatisch senken, seine Binnennachfrage würde einbrechen, mit massiven Folgen für die Arbeitslosigkeit."
Ist doch gewollt! Die Mitgliedstaaten verkommen zum Mittel des Zweckes der Kapitalakkumulation. Sie sollen für andere produzieren und selbst wenig Kapital verbrauchen, damit ein möglichst großer Mehrwert nach Oben fließt. Die Akteure sind viel mieser als die meisten "schwäbischen Hausfrauen". Man lasse die guten Damen mal in Ruhe. In deren Haushaltsrechnung ist die Vermeidung von Schulden gescheit.
Wir erleben ein Machtgerangel im Zuge eines Klassenkampfes von Oben. Aber wäre ein Defizit Spending des italienischen Staates wirklich ökonomisch vernünftig? Wenn man allein auf den Binnenmarkt schaut, vielleicht. Kann man aber nicht, wegen der Globalisierung, dem freien Warenverkehr im EU neoliberalen Wirtschaftsraum.
Wenn Schulden gemacht werden, um die Nachfrage zu stimulieren, passiert zwar letztlich nichts anderes, als wenn jemand Eigenkapital einsetzt. In beiden Fällen stehen dem Konsum spiegelbildlich Kapitaleinsatz plus Mehrwert gegenüber. Erträgen aber stehen nicht zwangsläufig Schulden gegenüber, siehe die "schwäbische Hausfrau". Eine Sollposition auf ihrem Kontoauszug bedeutet weder für den Verkäufer noch für sie Schulden, denn sie gibt ja nicht mehr aus, als sie hat. Was sich im Bankensektor abspielt, ist diesbezüglich unbeachtlich.
Entscheident ist, dass eine Kapitalmenge durch den kapitalistischen Verwertungsprozess geschleust wird und danach mehr Vermögen vorhanden ist als vorher, da Mehrwert generiert wurde. Müssen mangels Eigenkapital Schulden gemacht werden, um über den Produktionsprozess Mehrwert zu generieren, muss dieser die Zinsen für das Darlehen übersteigen. Daher war es theoretisch richtig, die Zinsen runter zu fahren, um Investitions- und Konsumhemmnisse in schwächelnden Mitgliedstaaten zu schmälern. Es sind auch über unterschiedlichste Kanäle teuflich hohe Summen in Nehmerstaaten geflossen, offen und weniger offen, um Liquidität für Investition sicher zu stellen. Hat es praktisch geholfen? Wäre höhere Liquidität die Lösung, gäbe es heute keinen Streit mehr.
Summa Summarum waren offenbar Investitionen entweder erfolglos, oder es hat nur Konsum vorrangig ausländischer Waren und Dienstleistungen stattgefunden, was im Ergebnis auf das gleiche hinausläuft. Der globalisierte Konsument verhält sich mit geliehenem Geld ja nicht anders als zuvor, und erwirbt weiterhin die preiswerten Waren aus dem Ausland. Das Rad dreht sich weiter, bei zunehmender Verschuldung, mit der dann versucht wird, die Geberstaaten zu erpressen. Was für eine liebe EU Familie…
Das alleinige Setzen auf den Binnenmarkt kann freilich auch keine Lösung sein, da Devisen gebraucht werden, wo keine Autarkie erreicht wird. Auch droht Unterentwicklung.
Es kann auch keine linke Position sein, nachdem hier Niedriglöhner ausgebeutet wurden, erworbene Vorteile in den Konsum anderer Mitgliedsstaaten zu stecken, in denen die Reichen immer reicher werden. Für eine Überganszeit könnte es Teil der Lösung sein, den hiesigen Niedriglöhnen und sozial Deklassierten Urlaubsgutscheine für schwächelnde Länder (oder Einkaufsgutscheine für deren Produkte usw) zu spendieren...Das wäre überhaupt nicht absurd, wird aber nicht stattfinden, wegen der Machtverhältnisse. Außerdem fordert dies keiner, was sich ändern sollte.
Was ist der beste Weg, um den nötigen Mehrwert zu generieren?
Man benötigt Konsumenten für im Inland hergestellte Waren. Deshalb liegt der Schlüssel freilich in der Wettbewerbsfähigkeit:
a) Wenn die einen mit Lohn- und Rentenkürzung nicht weiter runter können, weil der Binnenmarkt auch noch abgewürgt wird, müssen jene mit Exportüberschüssen die Löhne und Renten erhöhen.
b) Ein flexibles Wechselkurssystem stellte durch entsprechende Abwertung die Wettbewerbsfähigkeit wieder her. Der Anfälligkeit von einzelnen Währungen muss anders begegnet werden.
Wenn zwei Drittel der italienischen Verbindlichkeiten inländische Schulden sind, sollten die Italiener mal darüber nachdenken, den Haircut im Inland, und zwar gestaffelt nach Leistungsfähigkeit der Gläubiger durchzuführen.
Daß Flausenbeck anfängt den Rechten zuzuwinkern, war ja nur eine Frage der Zeit. (Für mich überfällig, aber ich hatte noch nicht in Rechnung gestellt, daß ja auch ER älter wird ...)
Und daß Italien zu teuer/Schland zu billig sei, um der ital. Wirtschaft Fahrt zu geben, entbehrt jeder empirischen Grundlage seit über 40 Jahren, wie auch hins. Frankreich.
Die Verbilligung ital. o. franz. Waren u. DLen führt genausowenig zu (externen) Nachfrage-Schüben (von denen ital. W. ja auch nichts hätte, da die Abwertung zur Mengenzunahme proportional sein müsste, wenn es da zwingende, ursächlich zu nennende Beziehungen gäbe) zu W.-Belebung usw., wie einst billige Löhne u. P.-Bedingungen in den neuen BLändern NICHT zu einem Boom o. ä. geführt haben. Im Gegenteil waren ital. Inlandspreise aus der Sicht von Fremdwährungsbesitzern 50 Jahre lang schon absurd niedrig.
Hier beschwört einer seinen monokausalen "Satan", den Euro.
"Hier beschwört einer seinen monokausalen "Satan", den Euro."
Na ja, zeitlich gesehen gibt es schon viele Auffälligkeiten:
Handelsüberschüsse
Reallöhne vs Produktivität
Exportquoten
Ich weiß um andere Faktoren, aber der "Satan" ist sicherlich im Spiel
Herr Prof. Dr. Heiner Flassbeck ist eine ökonomische Offenbahrung und es zeigt wie ahnungslos und bildungsfern unsere Politiker und Entscheidungträger in Sachen Ökonomie und Geldsystem eigentlich sind.Merkel und ihre Schergen verstehen weder diese Währungsunion noch die Ökonomie und was das alles mit der Agenda 2010 zu tun hat dringt einfach nicht in die einzige aktive Hirnzelle dieser Politschnößel.Das macht mich fast Wahnsinnig weil die Erklärung von Heiner Flassbeck selbst für Hauptschüler mit Berufsausbildung verständlich und begreifbar ist. Man muss nur bereit sein sich Bildung zu gönnen und nicht der wissensferne huldigen und sich als Fachidiot zu outen.
Ver.Di ist mit der Forderung von mehr als 6% in 12 Monaten gestartet und nun bekommen die meisten etwa 2,89% an 1.3.18 und ab nächsten Jahr nochmal etwa das gleiche und dann nochmal 1,3%.Macht in 30 Monaten etwa 7,5% in einem Jahr ist es gerade einmal 3% wenn wir wohlwollend rechnen.Brauchen würden wir jetzt aber etwa 22,5% in etwa 24 Monaten um den Kollaps des Euro zu verhindern.Das kroteske ist das wir Bürger den Euro gar nicht wollten und die bildungsfernen Eliten diesen,Ihren Euro, jetzt zu Grabe tragen.Ein Treppenwitz der Weltgeschichte!!!
Wer solche Gewerkschaften hat braucht keine Feinde mehr!!! Und die Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich könnte der Digitaliserung noch etwas guttes abgewinnen, aber auch dazu ist diese Intellektuelle Elite nicht mehr in der Lage.Das Römische Reich befindet sich im Niedergang und die Elite glaubt sie macht alles richtig!!!
Ich bin nicht überzeugt davon, dass "Merkel und ihre Schergen", wie Sie schreiben, nicht wissen was sie tun/unterlassen.
Ich halte dafür, dass geschieht, was geschieht, damit schwache Staaten gezwungen sind, ihre Besitz- und Eigentumsverhältnisse den Privaten zu "öffnen".
Der Neoliberalismus, Merkels "marktkonforme Demokratie, "frisst" also am Ende schrittweise unsere freihetliche demokratische Grundordnung auf. Wir sind, gepaart mit den Einwanderungs-Bewegungen, auf dem Weg in nationale autoritäre Verhältnisse.
"Die halbierte Demokratie" von Andreas Fisahn zeigt, worauf ich wöchentlich Bezug nehme, ab Seite 101 ff konkret darauf, dass und wie die EU-Verträge zwingend neoliberal ausgerichtet sind.
Jede allgemein mit "Stärkung" oder "Integration" der EU umschriebene Reform müsste daher, wenn man das Gebot der Nachhaltigkeit, in Deutschland u.a. in Artikel 21a GG verankert, ernst nähme, mit der Beseitigung dieses religiösen Mantras des Neoliberalen beginnen.
Solange dort nicht der Hebel angesetzt wird, ist alles vergebliche Mühe. Man konsultiere noch dazu ergänzend, was Harald Welzer heute in der SZ (Serie "Anthropozän") schreibt.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/serie-das-anthropozaen-wer-vom-klimawandel-spricht-darf-vom-kapitalismus-nicht-schweigen-1.4001415
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Daher für Merkel und Co diese Empfehlung:
Stephan Schulmeister, Der Weg zur Prosperität; Ecowin Verlag, Salzburg/Wien 2018; 480 S., 28,– €
»Am Ende einer Sackgasse muss man neue Wege suchen.« Seit 45 Jahren nehmen Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung und Armut zu. Der Sozialstaat wurde geschwächt, Millionen Menschen in Europa leiden Not. Immer mehr erhoffen sich soziale Wärme in der nationalen Volksgemeinschaft. Was hat die herrschende Wirtschaftstheorie damit zu tun? Weshalb vertiefen ihre Empfehlungen die Krise? Wie kommt man aus diesem Teufelskreis heraus? Und wie prägt eine Ideologie, nach der nur die Konkurrenz das ökonomisch Beste ermöglicht, unser Zusammenleben? Der Ökonom Stephan Schulmeister erklärt den »marktreligiösen« Charakter der neoliberalen Theorien und entwirft eine neue »Navigationskarte« für den Weg zur Prosperität in einem gemeinsamen Europa.
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Eine linke Sammlungsbewegung muss daran anknüpfen und den Weg aus der Sackgasse suchen und mit den Millionen Ausgegrenzten ( es sind etwa 14 Millionen, auch zum großen Teil Nichtwähler) eine neuen Ent-wicklungspfad beschreiten.
Der Weg entsteht im Gehen ....
Ich frage jene, die sich der politischen Ökonomie verschrieben haben, ich frage die Moralisten, ob sie schon die Zahl der Menschen berechnet haben, die zum Elend verdammt sind, zu unverhältnismäßigen Arbeitsleistungen, zu Demoralisierung, Schmach, Unwissenheit und zum Ruin, zu unüberwindbarem Unglück und absoluter Entbehrung – nur um einen einzigen Reichen zu produzieren.
Almeida Garrett in Der Mönch von Santarem,
1842 geschrieben und erstaunlich aktuell
Was diese Entwicklung angeht, hat Flassbeck schon Recht: D hat seit der Euroeinführung Lohndumping betrieben, während in Südeuropa die Löhne und Gehälter deutlich zu schnell gestiegen sind. Diese Problematik gibt es aufgrund des gemeinsamen Wirtschaftsraums - die Währung ist da nur das Sahnehäubchen.
Allerdings irrt er in etlichen anderen Punkten. Ich stimme Ihnen zu, dass es keinen externen Nachfrageboom gäbe - nach was denn? Vespas und Rotwein? Dafür wären die Italiener schlagartig viel ärmer, und das Finanzsystem hätte ein *großes* Problem.
Vor allem ist seine Annahme falsch, dass eine Ankurbelung nur über zusätzliche Schulden geschehen kann. Die bessere Alternative ist eine gerechte Besteuerung von Konzernen und Vermögenden, mit der Italien wie alle Staaten deutlich mehr Geld für staatliche Investitionen und Sozialleistungen in der Kasse hätte.
Wenn es tatsächlich eine (keynesianische) Politik staatlicher Konjunkturförderung gäbe, müsste das auf europäischer bzw. Euro-Ebene passieren. Italien kann das nicht alleine machen, ohne ein massives Gefangenendilemma/ tragedy of the commons auszulösen und so letztlich ganz Europa zu schaden.
Aber wollen wir denn 'Wachstum um jeden Preis'? Wir sind doch nicht in den 50ern, wohin soll all dieses 'Wachstum' denn führen - und mit welchen Rohstoffen?
1. Nö - einfach die Arbeitszeit reduzieren.
2. Nö - eine gerechte Besteuerung und gesellschaftliche Umverteilung würde es auch tun, d.h. Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit.
3. Stimmt, aber es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass das nur einen geringen Teil der Bevölkerung betrifft. Die meisten haben kaum Ersparnisse, manche Schulden.
Danke der Antwort, - volle Zustimmung bis auf 2-4 Punkte:
Das dt. 'Lohndumping' ist a) weitgehend eine Mär wie hier schon oft gezeigt wurde, b) setz(t)en sich leicht geringere Löhne in Schland exportiv fast nie in eine Preiskonkurrenz um, c) stellen höhere/niedrigere Löhne heute nur noch einen kleinen Teil an allen Gewichten der Kriterien von Invest.-Entscheidungen dar. (siehe auch dt. 'Osten')
Bei evt. Ankurbelung durch Geld kommen neben Schuldenaufnahme und UMVERTEILUNG auch NICHT rückzahlungspflichtige Geldschöpfungen in Frage, Geldentzug in Höhe verbrauchter oder sonstwie vernichteter Werte kann über Steuern erfolgen.Aber es gibt eben Grenzen der Wirkmächtigkeit des Geldes, gibt es inzw. a) natürliche u. kulturelle Engpässe bei den Produktivfaktoren Arbeit, Kapital, Natur und Rechten, sowie b) an neuen, eigenen Ideen zu Produkten u. D.Leist'en.