Ja, wir können... bezahlen

Obamania Flitzender Fetisch: Ein Autohändler hat den alten Chrysler von Barack Obama für das mehrfache seines Listenwerts verkauft. Warum sind uns Autos Prominenter so viel wert?

Katholiken kennen das schon. Als der alte VW Golf von Joseph Ratzinger aka. "Seine Heiligkeit" im Internet zum Verkauf auftauchte, schnellten die Angebote so schnell in die Höhe, dass sie die Ebay-Server überlasteten. Ähnliches geschah nun, als ein Autohändler einen fast vier Jahre alten Chrysler 300c anbot, den Barack Obama in der Zeit von 2005 bis 2007 gefahren hatte: Ebay brach die Auktion ab und setzte sie neu auf - mit der Vorgabe, dass nunmehr nur registrierte Kunden mitbieten durften. Auf diese Weise wollte das Auktionshaus astronomische hohe Spaßgebote verhindern.

Wahrscheinlich werden für das 340 PS-starke Auto also wirklich 271.300 Dollar den Besitzer wechseln, wie die neue Auktion ergeben hat. Ratzingers Golf hatte damals 190.000 Euro gebracht.

Der Wert der Autos Prominenter liegt ganz offenkundig nicht in ihren technischen Merkmalen. Worin aber dann? Es wäre zu einfach, die immensen Preise für Obamas und Ratzingers Wagen mit den Medienhypes zu erklären, auf deren jeweiligen Spitze die Auktionen stattfanden. Kaum jemand gäbe zehntausende Euro und das Mehrfache des Listenpreises aus, wenn er sich keinen Wert verspröche, der auch nach dem erwartbaren Abflauen von Papa-, respektive Obamania erhalten bliebe.

Bei Ratzingers Golf lässt sich noch leicht erkennen, dass die klassisch religiöse Vorstellung des Fetisch eine Rolle bei der Preisbildung spielte: Einem Gegenstand wird durch Berührung mit dem Heiligen ein Abglanz des Göttlichen zuteil, das - so die Hoffnung - selbst später noch auf den Fahrer zurückfällt.

Nun wird der Käufer in Obamas gut gepflegtem Chrysler nicht ernsthaft einen göttlichen Funken in den Ledersitzen erwarten - eine Auszeichnung seiner selbst aber schon. Und so ist es wohl nicht weniger als der Glanz der Besonderheit, der den jetzigen Präsidenten schon während des Wahlkampfs umwehte und auf den nun auch der Käufer hofft. Dass diese Auszeichnung als "besonders" so viel wert ist, dass sie sich vollständig vom materiellen Wert des Wagen löst, ist bei einem Fetisch nicht erstaunlich. Dass dieser Fetisch allerdings nicht von einem Priester, sondern einem Politiker geweiht wurde, sollte vielleicht doch ein wenig misstrauisch machen.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden