James Bond – nie war Eskapismus schöner

Mythos Die Frage sei gestattet: Was haben uns fünfzig Jahre Bond eigentlich gebracht?
Bleibende Bilder haben die Bonds in jedem Fall hinterlassen wie dieses "Goldfinger"-Opfer, nachgestellt für die Londoner Jubiläumsausstellung
Bleibende Bilder haben die Bonds in jedem Fall hinterlassen wie dieses "Goldfinger"-Opfer, nachgestellt für die Londoner Jubiläumsausstellung

Foto: Carl Court/AFP/Getty Images

Fünfzig Jahre Bond – über dieses Jubiläum wird geschrieben, als handle es sich um ein historisches Datum von der Tragweite eines Friedensvertrags, einer Unabhängigkeitserklärung oder gar der digitalen Revolution. Deshalb sei die Gegenfrage gestattet: Was hat uns Bond eigentlich gebracht? Passenderweise begibt man sich mit dieser Frage flugs auf Monty-Python-Gelände, Sie wissen schon, jene Szene aus Das Leben des Brian, in der der Anführer der „Volksfront von Judäa“ (nicht zu verwechseln mit den „Schwächlingen von der Judäischen Volksfront“!) die rhetorisch gemeinte Frage stellt: „Was haben die Römer uns eigentlich gebracht?“ Nur dass seine Mannen die Frage nicht rhetorisch verstehen, sondern tatsächlich aufzählen: das Aquädukt, die Sicherheit auf den Straßen...

Aber wie sieht es mit Bond aus? Okay, da gibt es diese Wortfolge: „Bond, James Bond“. Wenn man sie so hinschreibt, wirkt sie banal, aber jeder weiß, dass sie seit fünf Jahrzehnten in unserer Ermächtigungsfantasie eine zentrale Rolle spielt. Ich kann aus Erfahrung bezeugen: Selbst Frauen tun es vor den Badezimmerspiegeln dieser Welt: Sich einmal als Bond, James Bond vorstellen. Mit dieser Sicherheit, gefragt und zugleich ganz entspannt im Hier und Jetzt zu sein. Diese Souveränität, die im vollen Ton der kurzen Silben liegt und allein im Klang die Antwort zu geben scheint: „Ich kann‘s, ich bin der Richtige für den Job!“ Und von irgendwo erklingt prompt die Stimme Carly Simons „Nobody does it better!“

Leben nach dem Lottogewinn

Also gut, aber was hat uns Bond außerdem gebracht? „Die Bondgirls“ hört man aus den hinteren Reihen sagen, und um es nicht beim Herrenwitz zu belassen, sei gleich abstrahiert: Es gibt in den Bond-Filmen eine Vorstellung von „gutes Leben“, und das besteht aus schnellen, schicken Autos, exotischen Schauplätzen, Casinobesuchen und Tuxedo-Tragen, aus Drinks an einem Swimming Pool, umgeben von hübschen jungen Frauen in Bikinis, und aus beiläufigem, zu nichts verpflichtendem Sex. Auch diese Vorstellung hat sich ins kollektive Unterbewusstsein geschlichen und noch immer illustrieren sich Menschen damit ihr Leben nach dem Lottogewinn. Obwohl dank der Billigflieger die meisten heute wissen, wie öde das „Drinks am Pool eines exotischen Schauplatzes“ sein kann. Von Casino-Besuchen zu schweigen.

Was noch? Immer wieder wird versucht, in 50 Jahren Bond-Film auch 50 Jahre Zeitgeschichte zu rekapitulieren. Von wegen Kalter Krieg, dann neue Schurkenstaaten und jetzt, im neuen Bond, geht es zurück in die Zentrale nach London, findet sich Bond und das Königreich – wie wir alle – auf sich selbst zurückgeworfen, auf Bedrohungen von innen... Aber halt: Stimmt das denn? Ja, die Bond-Filme sind ein Spiegel, aber im Sinne eines „Journals des Luxus und der Moden“, das nur Oberfläche wiedergibt. Vor der realen Zeitgeschichte haben sich die Drehbuchautoren stets gedrückt. Der Kalte Krieg ist in den frühen Bonds weniger wichtig für das Geschehen als etwa in Rocky II. Die eigentlichen Bond-Schurken waren immer Gestalten aus dem mystisch-fiktionalen Reich des Bösen. Den Terrorismus, der in verschiedener Gestalt tatsächlich Staaten erschüttert, findet man in keinem Bond-Film. Von daher: Lassen Sie sich nicht täuschen, 50 Jahre Bond, das sind 50 Jahre Eskapismus, wenn auch von seiner schönsten und produktionstechnisch teuersten Sorte.

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Geschrieben von

Barbara Schweizerhof

Redakteurin „Kultur“, Schwerpunkt „Film“ (Freie Mitarbeiterin)

Barbara Schweizerhof studierte Slawistik, osteuropäische Geschichte und Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin und arbeite nach dem Studium als freie Autorin zum Thema Film und Osteuropa. Von 2000-2007 war sie Kulturredakteurin des Freitag, wechselte im Anschluss zur Monatszeitschrift epd Film und verantwortet seit 2018 erneut die Film- und Streamingseiten im Freitag.

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