Natürlich fesselte der Brexit die Aufmerksamkeit, als sich Labour zur Jahreskonferenz in Liverpool traf. Der Austrittstermin 29. März 2019 rückt näher, die Brexit-Fanatiker bei den Tories drängen immer entschlossener auf einen chaotischen Ausstieg, und die Regierung manövriert sich in den Verhandlungen mit der EU zunehmend ins Abseits. Da will man schon wissen, was die Opposition zu tun gedenkt.
Viel schlauer als vor dem Parteitag ist man danach nicht unbedingt. Nur so viel steht fest: Die Parteimitglieder sind in überwältigender Mehrheit für den Verbleib in der EU oder zumindest für eine Volksabstimmung über die Exit-Modalitäten. Dennoch stößt die Strategie, ein erneutes Plebiszit zum obersten Ziel zu erklären, auf jede Menge Vorbehalte.
Die Parteiführung befürchtet, ein solcher Schritt würde den Wandel Labours zu einer anti-elitären Partei, den Jeremy Corbyn vorangetrieben hat, auf einen Schlag zunichtemachen. Die Sorge ist berechtigt, schließlich sind es nicht nur Gewerkschafter, die den Brexit ablehnen, ebenso milliardenschwere Konzerne, Großbanken, ein Teil der Tories und Tony Blair, der unpopulärste Mann im Land.
Entscheidend für die Zukunft von Labour wird sein, sich von der Fixierung auf den Brexit zu befreien. Es kann keine Rückkehr in die Zeit vor dem Referendum geben: Die Probleme, die zu diesem Votum führten – Ungleichheit, Armut, Perspektivlosigkeit –, lassen sich mit einer Anti-Brexit-Position nicht lösen. Deshalb hätte mehr Aufmerksamkeit verdient, was der Parteitag über die EU-Debatte hinaus diskutierte. Schattenfinanzminister John McDonnell kündigte Pläne an, den Arbeitnehmern mehr Teilhabe an Gewinnen zu geben: Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern sollten zehn Prozent ihres Profits in einen Fonds für die Angestellten überweisen und zum Jahresende als Dividende auszahlen. Zudem will McDonnell die öffentlichen Dienste demokratisieren, gegen Steuerhinterziehung vorgehen und Gewerkschaftsrechte stärken.
Wenn sich die Unternehmerlobby CBI über solche Ideen empört, sollte das Labour ermutigen. Um eine wirkliche Alternative zur Politik der letzten Jahrzehnte zu bieten, muss Corbyn den linken Kurs halten. Nur wenn die Partei ihre Brexit-Politik mit Reformen verbindet, wie sie McDonnell vorschweben, wird sie die Wähler überzeugen.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.