Jugend ohne Klärwerk

Komödie Jetzt auch mit Drogenschluffi: Der dritte Teil des Erfolgsfilms „Fack Ju Göhte“ läuft an
Ausgabe 43/2017

Als er die Abiturfragen sieht, ächzt Zeki Müller (Elyas M’Barek): „Faust II? O Gott, es gibt mehrere Teile“. In der Fack-Ju-Göhte-Reihe sind wir derweil beim dritten, vorerst finalen Part angelangt. Bora Dagtekins Komödie avancierte 2013 zum Hit des Kinojahres, der Fortsetzung 2015 ging es nicht anders. Beide variierten die Schulkomödie über die Erzählung: Kleinkriminelle Altlasten zwingen Müller dazu, sich an der Goethe-Gesamtschule nicht nur als Aushilfslehrer zu bewerben, sondern sich tatsächlich ins Zeug zu legen.

Fack Ju Göhte 3 setzt anders an. Ein Besuch im Berufsinformationszentrum sorgt bei Müllers 11. Klasse für Desillusionierung. Algorithmen spucken den Schülern Perspektiven aus, die wenig glamourös erscheinen: Altenpflege, Arbeit im Klärwerk. Müller und seine Schutzbefohlenen hadern diesmal also nicht mehr mit ihrer Vergangenheit. Es geht vielmehr gegen das System – mit einer schlitzohrigen Mischung aus Willenskraft, Durchwurschteln und krimineller Energie. Der Weg zum Abitur ist geprägt von Rumgepose und sentimentalen Momenten, vom steten Auf und Ab der Motivation, wobei das Ab keiner großen Widerstände bedarf. Dagtekin löst die Wutausbrüche der Schüler in Exzesse aus Musik und Malfarbe auf und kriegt damit einen Teil des Teenagerdaseins zu fassen, der sich Rationalität verweigert. Fack Ju Göhte 3 feiert die Rebellion der Arschlochklasse, wo in echt kaum ein Abiturient irgendwelche Grundfesten der Gesellschaft erschüttern will.

Zum gewohnten Arsenal der Stereotype und Extreme – die hohle Nuss Chantal (Jella Haase), der quotenbehinderte Etienne (Lucas Reiber), die zynische Direktorin Gudrun Gerster (Katja Riemann) – gesellen sich in Fack Ju Göhte 3 neue Karikaturen wie der langhaarige Drogenschluffi, das suizidale Emo-Mädchen, die durchgreifende Neulehrerin mit Judo-Skills (anbetungswürdig: Sandra Hüller). Im Schulkomödiengenre gewährleisten all diese Klischees so etwas wie Entlastung. Und nebenher scheint der Zeitgeist durch: Das Pissoir im Schülerklo bildet den Mund einer übergroßen Trump-Visage, Müller gibt syrischen Flüchtlingen Deutschunterricht. Und als sich die Direktorin beschwert, bei der drohenden Versetzung nach Brandenburg im AfD-Wahlkreis zu landen, mahnt der Schulprüfer: „Gudrun, nun werd nicht politisch!“

Info

Fack Ju Göhte 3 Bora Dagtekin Deutschland 2017, 118 Minuten

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden