Kein schwarzer Block

Eiertänze Deutschlands christliche Demokraten und das Papst-Wort gegen den Krieg

Das Beachtlichste an der Intervention von Papst Johannes Paul II. gegen einen drohenden Irak-Krieg ist der Umstand, dass er nicht theologisch argumentiert, sondern so wie der politisch aufgeklärte Pazifismus. Dieser beruht nicht auf unbedingtem Gewaltverzicht, sondern will die Anwendung militärischer Gewalt strikt auf den Fall der Selbstverteidigung beschränken. Wörtlich sagt der Papst: "Der Krieg löst die Probleme nicht ... Er ist immer eine Niederlage der Menschheit" - insofern nämlich, als die Politiker und Militärs nicht in der Lage oder nicht willens waren, lange schwelende Konflikte präventiv in den Griff zu bekommen. Die Katholische Bischofskonferenz qualifiziert einen Krieg denn auch als "sittlich nicht gerechtfertigt". Was die Stellungnahmen der Kirchenmänner wert sind, wird sich noch weisen. Der Münchner Kardinal Friedrich Wetter spricht in bestem Militärslang von "der Mobilmachung für den Frieden", während sein Mainzer Kollege Karl Lehmann "realpolitisch" um den Brei herumtänzelt und alles offen lässt. Die evangelischen Kirchenoberen hatten immer schon weniger Berührungsängste mit der Friedensbewegung. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Manfred Kock beabsichtigt, am 15. Februar zu demonstrieren. Die Süddeutsche Zeitung sieht schon "den neuen schwarzen Block" von Pastoren, Priestern, Nonnen und Kirchenchören aufmarschieren.

Die allerchristlichen Demokraten aus CDU und CSU sind gespalten. Eine kleine Minderheit um Peter Gauweiler und Willy Wimmer (s. Freitag vom 17. 1. 2003) hat erkannt, dass die amerikanische Strategie der Präventivschläge nicht nur irrational ist, sondern das Völkerrecht und die UN-Charta aushebelt. Die Mehrheit der Christen-Union freilich hält es mehr mit Bush, atlantischer Vasallentreue und durchsichtigen Interessen an Erdöl als mit dem Papst und dessen besonnenem Aufruf - eine pikante Konstellation.

Die CDU/CSU glaubt bekanntlich, die Regierungskoalition vorführen und einer Wahlkampflüge überführen zu können. Schröder legte sich auf ein schroffes "Ohne-uns" fest. Die Opposition besteht nun - zu Recht - darauf, dass der Bundestag auch über einen Einsatz deutscher Soldaten in AWACS-Maschinen entscheiden muss. Sie setzt dabei offenbar auf linke Sozialdemokraten und Grüne, die gegen eine solche Form deutscher Teilnahme am Krieg stimmen und dadurch die Regierung in eine Notlage bringen könnten. Vorrangig aus taktischen Gründen wird damit gedroht, notfalls in Karlsruhe zu klagen, falls die Regierung eine Bundestagsentscheidung mit dem Trick umgehen möchte, den Einsatz von AWACS-Einheiten in der Türkei zur Überwachung des Luftraums und als Feuerleitzentralen nicht als Kriegseinsatz, sondern als eine durch den NATO-Vertrag gedeckte Bündnisleistung zu verharmlosen.

Die Opposition profiliert sich als Verfassungshüterin und Verteidigerin der Rechte des Parlaments mit dem Ziel, die Regierungsmehrheit zu unterlaufen. Angesichts der Rechtslage, wonach die Resolution 1441 "eine Ermächtigung zur Gewaltanwendung ... beim besten Willen nicht" hergibt - so der Völkerrechtler Christian Tomuschat - könnte das Spiel der Unionschristen daneben gehen, falls Schröder und Fischer den Mut aufbrächten, zu ihrer Wahlaussage zu stehen und ihre Mehrheit für einen Beschluss zu mobilisieren, mit dem jede Form der Teilnahme deutscher Truppen an einem Angriffskrieg abgelehnt wird. Das Gewaltverbot des Grundgesetzes und der UN-Charta genießt schließlich Vorrang vor interpretationsbedürftigen Bündnisverpflichtungen, die einer verfassungs- und völkerrechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Die Opposition würde sich damit doppelt blamieren - im Bundestag und vor den EU-Bürgern, von denen 60-80 Prozent gegen den Krieg für Öl sind.

Doch auch die Regierung kann scheitern, wenn sie aufs "Durchwursteln" setzt. Denn Besatzungen von AWACS-Flugzeugen können in Karlsruhe klagen beziehungsweise den Gehorsam verweigern, weil Artikel 26 des Grundgesetzes den Angriffskrieg verbietet und das Soldatengesetz ausdrücklich erlaubt, Befehle zu verweigern, die Straftaten zur Folge haben.

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