Keine Krise ohne Sonne

Energiekonferenz Die Finanzkrise macht der grünen Energiewirtschaft keine Angst. Auch im wirtschaftlichen Abschwung hält sie unerschrocken an ihren optimistischen Zielen fest

Die Stimmung ist gut auf der Jahreskonferenz Erneuerbare Energie in Berlin-Mitte. Zwar füllt sich der große Veranstaltungssaal am Morgen des zweiten Konferenztags nur langsam – die Veranstalter erklären sich das mit den Auswirkungen des Empfangs am Vorabend – doch die Teilnehmer sind bester Laune. In den halbleeren Sitzreihen macht das Gerücht die Runde, der Solarzellenproduzent Solarworld könne heute in den DAX aufgenommen werden. Das stimmt zwar nicht, doch es zeigt mit welchem Selbstverständnis die Branche nach Berlin gekommen ist. Man hat viel vor.

Gerade einmal 15 Prozent beträgt der Anteil an erneuerbaren Energien heute am Elekrizitätsverbrauch Deutschlands aus. Doch das soll sich in den nächsten Jahren ändern. Bis 2020 hat sich die Branche das Ziel gesetzt, diesen Anteil auf 47 Prozent zu erhöhen. Mindestens. Der deutsche CO2-Ausstoß soll so um rund ein Drittel gesenkt werden. Das entspricht etwa 120 Tonnen jährlich. Das ist ein ambitioniertes Ziel, doch Björn Klusmann, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE) strotzt trotzdem vor Zuversicht: „Das ist eine konservative, zurückhaltende Prognose“, sagt er.

Dem stimmt auch Hermann Albers zu, der Präsident des Bundesverbands Windenergie. Schließlich habe sich der Marktanteil der grünen Energie in den letzten zehn Jahren verdreifacht. „Wir werden das Tempo fortsetzen, das wir schon dokumentiert haben“, sagt er. 2020, so seine Vorhersage, werde allein die Windenergie rund ein fünftel des deutschen Strombedarfs abdecken.

Keine Gefahr von den Finanzmärkten

Die aktuelle Wirtschaftskrise, so die einhellige Meinung, werde diese Entwicklung nicht gefährden. Denn der Ausbau erneuerbarer Energien ist politisch gewollt – und wird deshalb von staatlicher Seite auch stark unterstützt. Bereits 1991 mussten die etablierten Stromanbieter ihre Netze für die Anbieter alternativer Energien öffnen und für den eingespeisten Strom feste Sätze zahlen. Außerdem bietet die staatliche Investitionsbank KfW für die Betreiber grüner Energieanlagen Kredite zu günstigen Konditionen an – unabhängig von der Finanzkrise.

Außerdem komme der Branche laut Albers zugute, dass sie überwiegend von mittelständischen Unternehmen getragen werde und weniger von Großkonzernen. „Es handelt sich zum größten Teil um regionale Projekte. Und die werden meistens von den örtlichen Volksbanken oder Sparkassen finanziert und nicht von den internationalen Großbanken, die im Zuge der Finanzkrise Probleme bekommen haben“, sagt er.

Gülle weiter ein Wachstumsmarkt

Diese Einschätzung teilt Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft. Allerdings geht er von einer Delle in der Nachfrageentwicklung aus. Schließlich werde Strom aus Sonnenenergie immer noch überwiegend von kleineren Anlagen auf den Dächern von Privathäusern generiert. Trotzdem: „Wir sind zuversichtlich, dass wir von der Krise kaum betroffen sein werden“, sagt Körnig. Schließlich sei die Finanzierung der Solaranlagen durch die staatlichen Förderprogramme immer noch gut möglich.

Auch beim Fachverband Biogas geht man bis auf weiteres nicht von einem rückläufigen Geschäft aus: „Gülle ist weiter ein Wachstumsmarkt“, so der Verbandsvorsitzende Josef Pellmeyer. Allerdings: Der Trend geht merklich zu kleineren Anlagen. Waren bis vor kurzem noch Anlagen mit einer Leistung von rund 400 Kilowattstunden gängig, so werden jetzt eher solche mit einer Leistung von 150 bis 200 Kilowattstunden gebaut. Pellmeyer: „Landwirte bauen diese Anlagen, um neben die Viehhaltung ein zweites Standbein zu haben, anstatt wie früher ihre Produktion völlig auf Energie umzustellen.“

Die Krise bremst den Enthusiasmus auf der Jahreskonferenz Erneuerbare Energie also nicht. Die Branche plant noch großes. Langfristig will sie Strom- und Kommunikationsnetze verbinden, um Verbraucher besser über Netzauslastung und Stromkosten zu informieren. Sie erwartet zehn Millionen Elektroautos bis 2030, moderne Energiespeicher, die bei Überproduktion Wasser einen Berg hoch pumpen und bei Bedarf bergab durch Generatoren leiten und den Export von grüner Energie nach Norwegen. Irgendwann spricht selbst die Moderatorin der Konferenz von einem „modernen grünen Märchen“.

BEE-Geschäftsführer Klusmann schüttelt den Kopf: „Märchen beginnen mit ,Es war einmal’. Wir sprechen von der Zukunft.“

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