Keiner wird gewinnen

Großbritannien Boris Johnson dürfte die Abstimmung über den künftigen Parteichef der Konservativen gewinnen. Damit wächst die Wahrscheinlichkeit für einen harten Brexit
Boris Johnson kann mit einer Mehrheit der Parteimitglieder rechnen
Boris Johnson kann mit einer Mehrheit der Parteimitglieder rechnen

Foto Tolga Akmen / AFP

Kaum zu glauben, aber wahr: Alles sieht danach aus, als würde der nächste britische Premier Boris Johnson heißen. Die ersten Runden des Auswahlverfahrens hat er mit einem beachtlichen Vorsprung gewonnen. Er ist der Kandidat, den zumindest viele Tory-Abgeordnete im Unterhaus wollen, bevor die Parteimitglieder das letzte Wort haben, während der Rest der Briten beim Kampf um die May-Nachfolge nur zuschauen kann. Mit Johnson würde sich ein notorischer Aufschneider durchsetzen, der es versteht, allen alles zu versprechen. Gut möglich, dass er glaubt, was er sagt. Anzunehmen, dass er bei seinen vielen Lügen gelegentlich den Überblick verliert. Die EU, tönt er, werde schon klein beigeben, sodass man das ganze Ausstiegspaket neu verhandeln könne. Die Frage der irischen Grenze lasse sich ganz leicht lösen. Zum 31. Oktober würden die Briten wie versprochen die EU verlassen, ohne ökonomischen Schaden zu nehmen und irgendetwas zu verlieren. Dabei sind Johnsons Mitbewerber kein Jota besser, was gewiss auch darauf zurückzuführen ist, dass ihnen die Angst vor Nigel Farage und seiner Brexit-Partei im Nacken sitzt. Nach einer krachenden Niederlage bei den Europawahlen Ende Mai werden die Konservativen den Teufel tun und Neuwahlen zulassen. Ein zweites Referendum oder ein erneuter Aufschub kommt nicht in Frage. Also muss Ende Oktober mit einem No Deal und Crash gerechnet werden, der sich gewaschen hat.

Wenn die Luftballons platzen

Boris Johnson ist der Hasardeur, der am lautesten verkündet, was die Masse der Tories jetzt hören will. Ohne Rücksicht auf Fakten und Logik. Ein paar Wochen lang wird er als Regierungschef das Publikum mit grotesken Auftritten unterhalten, bis ihn die Realitäten einholen und ein derart geführtes Großbritannien einen letzten Rest von Reputation verspielt, den es in der EU noch besitzt. Ein Teil des Unterhauses hat gegen die Hybris der Brexiteers ein paar Mal zaghaft den Aufstand geprobt, blieb jedoch den Erfolg schuldig, weil sich das Aufbegehren zunächst einmal gegen den Ausstiegsvertrag der Regierung May richtete. Wie sich die Situation darstellt, wenn Johnsons bunte Luftballons platzen, bleibt abzuwarten. Die Fraktionsdisziplin kann weiter bröckeln. Nicht auszuschließen, dass es in ein paar Wochen mit dem britischen Parlamentarismus, wie man ihn kannte vorbei sein wird.

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