FREITAG: Welche Weichenstellungen der Globalen Strukturpolitik werden im nächsten Jahrhundert das Leben von Frauen besonders stark - und wie - beeinflussen?
HEIDEMARIE WIECZOREK-ZEUL: In vielen Ländern arbeiten immer mehr Frauen auch außerhalb ihres Haushalts in Fabriken und Produktionsstätten - und selbst wenn sie es aus Not tun: Es bedeutet auch ein Stück neu gewonnene Unabhängigkeit. Aber die Arbeitsbedingungen sind schlimm. Darum setze ich mich dafür ein, dass Kernarbeitsnormen auch international umgesetzt werden, das heißt: Zwangsarbeit, ausbeuterische Kinderarbeit und Diskriminierung im Beruf müssen verboten, freie Gewerkschaften sollen erlaubt sein.
Wichtig ist mir auch: Frauen sollen die Möglichkeit haben, frei über die Zahl ihrer Kinder entscheiden zu können. Die Weltkonferenzen der neunziger Jahre, vor allem die Weltfrauenkonferenz in Peking und die Weltbevölkerungskonferenz in Kairo haben hierfür Maßstäbe gesetzt und einen internationalen Konsens geschaffen.
Welche Möglichkeiten haben Sie als deutsche Ministerin, darauf einzuwirken?
Bei unserer Entwicklungszusammenarbeit achten wir jetzt insgesamt darauf: Halten die Partnerländer diese Kriterien ein? Wie können wir ihnen helfen, sie zu verwirklichen? Wir fördern zum Beispiel Gewerkschaften in den Partnerländern. Aber uns ist wichtig, die Armut in den Entwicklungsländern insgesamt zu bekämpfen. Denn die schlechten Arbeitsbedingungen spiegeln oft auch die wirtschaftliche Situation im Land wieder. Wir haben mit der internationalen Entschuldungsinitiative in diesem Jahr den Rahmen dafür gesetzt: Wie beim G7-Gipfel in Köln beschlossen, werden den ärmsten Entwicklungsländern insgesamt Schulden in Höhe von 70 Mrd. US $ erlassen - mit der Maßgabe, dass die betroffenen Entwicklungsländer die dadurch gewonnenen neuen finanziellen Spielräume für den Gesundheitssektor, zum Beispiel für Familienplanung, für Bildung, und insgesamt zur Armutsbekämpfung einsetzen. Und die Kernarbeitsnormen wollen wir sowohl in den internationalen Handelsbeziehungen als auch in unserer bilateralen Entwicklungszusammenarbeit umsetzen.
Die Fragen stellte Stefanie Christmann
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