Eine Investition, die einen dauerhaften Mietaufschlag von acht Prozent garantiert? Das ist angesichts des derzeitigen Niedrigzinses ein Goldesel. Acht Prozent Preisaufschlag! Um das zu verdienen, muss man anderswo mit Kryptowährungen oder Credit Default Swaps spekulieren. In Deutschland braucht man lediglich eine Wohnung zu besitzen: Wer modernisieren lässt, soll die Kosten für diese Investition zukünftig zu acht Prozent jährlich – und damit innerhalb von 12,5 Jahren komplett – auf seine Mieter umlegen dürfen. Ein neuer Gesetzesentwurf von SPD-Bundesjustizministerin Katarina Barley macht’s möglich. Obszön? Nicht doch!
Vielmehr soll das Ganze ein Beitrag zur Eindämmung der Mietkosten sein. „Immer häufiger können sich Mieter die Miete für ihre Wohnung nach einer umfangreichen Modernisierung nicht mehr leisten und müssen ihr gewohntes Umfeld verlassen“, steht dem Vernehmen nach in Barleys Gesetzesentwurf zur Überarbeitung der Mietpreisbremse. Dass garantierte acht Prozent Preisaufschlag die Mieten bremsen sollen, klingt absurd. Es macht nur vor dem Hintergrund Sinn, dass bislang satte elf Prozent der sogenannten Modernisierungsumlage im Gesetz stehen, festgelegt in der Hochzinsperiode der 1970er und als Anreiz für Vermieter gedacht, sich endlich der Millionen unsanierter Wohnungen mit Ofenheizung und Klo auf halber Treppe anzunehmen.
Spätestens seit den 1990ern ist die Modernisierungsumlage ein reines Geldgeschenk an Vermieter. Statt sie endlich auf ein realistisches Niveau zu bringen, schreibt die Sozialdemokratin Barley die Lizenz zum Gelddrucken fort, reduziert sie ein bisschen und verkauft das als mieterfreundlichen Schritt. Die „soziale Frage des 21. Jahrhunderts“ hat Barley das Wohnungsproblem jüngst genannt. Soweit ihr Gesetzesentwurf bekannt ist, entspricht er einem Bekenntnis, diese Frage nicht anzugehen: Verschärfungen, die gut klingen, aber wenig bringen. Dass es eine „vorvertragliche Auskunftsverpflichtung“ geben soll, der zufolge Vermieter erklären müssten, warum sie eine höhere Miete als zulässig verlangen, mag es für Mieterinnen und Mieter einfacher machen, Verstöße gegen die Preisbremse ahnden zu lassen. Solange das Gesetz voller Ausnahmen steckt, die ebendiese Bremse aushebeln, nützt das den Betroffenen herzlich wenig.
So ist auch die sogenannte Kappungsgrenze, in deren Sinne Mieterhöhungen nach Modernisierungen auf drei Euro pro Quadratmeter beschränkt sind, für die meisten Haushalte eine Garantie zum Abkassiertwerden. Wer sieben Euro pro Quadratmeter zahlt – die durchschnittlichen Mietkosten in Gesamtdeutschland liegen ein paar Cent niedriger –, muss nach einer Modernisierung mit bis zu 43 Prozent höheren Kosten rechnen. Wo war da die Bremse? Barley hat sie offensichtlich nicht gefunden. Mag sein, dass die Union als Koalitionspartner Radikaleres verhindert hat. In einem früheren Entwurf des Gesetzes hatte Barleys Vorgänger Heiko Maas noch geträumt, die Modernisierungsumlage nach zehn Jahren auslaufen zu lassen – kein Kommunismus, aber immerhin wäre es mit dem leistungslosen Verdienen auf Kosten der Mieterinnen und Mieter irgendwann vorbei gewesen. Nun darf die SPD weiter über die Union stöhnen, in trauriger Hoffnung, dass man ihr das als Erneuerung durchgehen lässt.
Kein Wunder, dass in Berlin, wo die Vermieter derzeit besonders krass zulangen, inzwischen 53 Prozent der Menschen Hausbesetzungen für ein legitimes Mittel halten, um auf das Thema Wohnungsnot aufmerksam zu machen.
Kommentare 3
Das ursprüngliche Gesetz entstand 2012 unter der Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).
Es dient auch dem Klimaschutz durch bessere Gebäudedämmung und dem Bauhandwerk durch ein stetiges Auftragsvolumen. Es schafft bzw. sichert nicht wenige Arbeitsplätze im Bauhandwerk und bei allen Dienstleistungen die damit zusammenhängen. Also auch der SPD als weiterer Beleg für den Erfolg der Hartzreformen sowie allen Regierungen durch entsprechend höhere Steuereinnahmen.
Für betroffene Mieter liest sich das selbstverständlich wir blanker Zynismus. Bei der aktuellen Machtkonstellation im Bund (CDU+FDP+AdF=418 Sitze vs. SPD+Linke+Grüne=289 Sitze) sollte man als Mieter eher froh sein dass es nicht schlimmer wird bzw. dass überhaupt noch eine Partei mitregiert die nicht am liebsten morgen, notfalls für 1€, alles privatisieren will.
Kann es sein, dass hier jemand schreibt, der nicht so genau weiß, was eine Rendite ist? Jedenfalls keine acht Prozent, wenn auf den Mietpreis acht Prozent einer Investition aufgeschlagen werden. Da ist die Rendite erst mal "Null", und das über zwölf Jahre lang. In die Gewinnzone kommt der Vermieter dann aber noch immer nicht, jetzt muss er erst mal aufholen, was ihm an Steuervorteil dadurch entgangen ist, dass er sich das Geld auf diesem Weg zurück holt. Na ja, ist halt alles nicht so einfach. Aber wenn der Freitag auf der ersten Seite einen Aufreger präsentieren will, dann wäre es doch gut, wenn ein etwas versiertes redaktionsmitglied die Sachen auf ihre Plausibilität/Richtigkeit hin überprüft. So ist das Ganze nur zum Fremdschämen.
Sie haben Recht, Entschuldigung für den Fehler, den wir korrigiert haben.