„Alles, was automatisiert werden kann, wird auch automatisiert“, das sagte Allianz-Chef Oliver Bäte jüngst dem Spiegel. Und so denkt wohl jeder Chef einer Firma, die Menschen für Arbeit bezahlt: Dies ist der Kern des Dramas, das sich heute im reifen Spätkapitalismus abspielt. Der Reichtum der Industriegesellschaften und die vielen durch Arbeit und Automaten hergestellten Güter und Dienstleistungen werden in einer weltumspannenden arbeitsteiligen Gemeinschaft hergestellt, die sich durch Preise und offene Märkte selbst steuert. Solange die ganze Sache wächst, ist alles gut: Angebot und Nachfrage gleichen sich aus, alle suchen stets das günstigste Angebot und finden es heute meistens bei Amazon. Die Arbeitgeber suchen immer die billigsten Arbeitskräfte und finden sie vielleicht in Indien oder Mexiko – oder in den Angeboten der Hersteller von Industrierobotern.
Rad ohne Antrieb
Solange der technische Fortschritt das Wachstum nicht überholt, bleibt die Ökonomie im Gleichgewicht. Wenn aber das globale Wachstum nachlässt oder stagniert, gerät sie ins Schwanken: Sie droht umzukippen, wie ein Fahrrad ohne Antrieb.
Viele Ökonomen und politische Parteien glauben weiter unbeirrbar an ewig steigerbares Wachstum. Aber das Wachstum lässt sich offenbar seit einigen Jahren nicht wiederbeleben – trotz extremer Niedrigzinsen, immer aufwendigerer Werbekampagnen und immer absurder überdimensionierter Produkte. Unter Ökonomen macht sich die Angst vor dem „Gespenst der Stagnation“ breit, und zwar vor einer säkularen, bleibenden, und nicht nur vorübergehenden, konjunkturbedingten Stagnation.
Weil die Sparvermögen weltweit so hoch angestiegen sind, meinen die einen, es sei am Geld an sich etwas falsch, und wollen es abschaffen. Doch das Geld ist nur ein Tauschmittel, das sofort neu erfunden wird, ist es einmal „abgeschafft“. Als in Deutschland nach dem Krieg keine gültige Währung verfügbar war, tauschten die Menschen eben mit Zigaretten oder Damenstrümpfen. Andere wollen in die Steuerung der Marktwirtschaften eingreifen und umverteilen – die Arbeit, das Geld oder beides. Wenn die Menschen immer schwerer eine Arbeit finden, die sie ernährt, dann sollen sie das Geld zum Leben eben ohne Arbeit erhalten, als Grundeinkommen. Diese Idee wurde gerade sogar auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos diskutiert. Oder aber wir verteilen die Arbeit, die zu tun ist, auf mehr Hände und Köpfe.
Diese Umverteilung lässt sich institutionenökonomisch als Transaktionskosten verstehen: Es bedeutet Aufwand, Geld von den einen einzusammeln, um es anderen als Grundeinkommen zukommen zu lassen, und es bedeutet Aufwand, die Arbeit zu verknappen, um sie auf mehr Stellen zu verteilen. Wir alle wissen nun, dass der technische Fortschritt, die Automaten, Roboter und Informationssysteme, die die menschliche Arbeit so ergiebig machen, nicht aufzuhalten ist. Diese Transaktionskosten werden also immer höher steigen – kann das eine dauerhafte Lösung sein?
Von den Unternehmen ist unterdessen nicht unbemerkt geblieben, dass die Nachfrage nachgelassen hat und nicht mehr so lange unbefriedigt bleibt wie zu Zeiten des Opel Laubfrosch oder der Nordmende-Fernseher. Damals konnten sie sich Jahre Zeit nehmen, um ein Produkt zu entwickeln, die dazu erforderliche teure Fertigungsanlage aufzubauen und Personal zu schulen, sodass sich dann jahrelang ein und dasselbe Produkt vertreiben ließ. Sie konnten sich auf anhaltende Nachfrage verlassen. Heute haben sich die Produktlebenszyklen drastisch verkürzt, und mit ihnen die Produktentwicklungszeiten. So wird es sehr teuer und riskant, Produktionsanlagen für jeweils nur ein bestimmtes Produkt aufzubauen. Darum streben Unternehmen heute nach möglichst flexiblen, schnell änderbaren, kleinen und billigen Produktionsanlagen, die sie fix an sich ändernde Kundenwünsche anpassen können. Möglich machen dies Fortschritte in der Fertigungstechnologie und in der Mikroelektronik, die die früheren Kostenvorteile des Skaleneffekts außer Kraft gesetzt haben: Produzenten müssen nicht mehr möglichst viel vom Gleichen herstellen, um durch proportional sinkende Stückkosten höhere Erträge zu erzielen.
Die viel zitierte Konzeption der Industrie 4.0 versucht dies in idealer Weise zu verwirklichen: Produkte, die vielleicht im direkten Kontakt mit dem Kunden per Internet gestaltet oder individualisiert worden sind und dann auf dessen Anforderung hin – „on demand“ – ihren Weg durch die Produktionsanlage starten und alle Daten zur Steuerung des Produktionsprozesses selber mit sich führen. Idealerweise sind Fertigungsanlagen heute universal. Sie können heute dies und morgen jenes produzieren, oder genauer: innerhalb von Sekunden von der Produktion des einen auf die eines anderen Produktes umgeschaltet werden. Man nennt dies resiliente Produktion. Fertigungsanlagen sind nicht gleich obsolet und haben sich mit dem Wegfall der Nachfrage für ein bestimmtes Produkt nicht gleich erledigt. Dies ist für 3-D-Drucker ein Leichtes. Sie sind innerhalb ihres Anwendungsbereiches universal einsetzbar. Allerdings lassen sich mit 3-D-Druckern bis dato noch kaum Produkte des gewöhnlichen Endkonsums herstellen.
Ließe sich mit einer solchen hochkomplexen und flexiblen Fertigungstechnologie denn nicht diese ganze hochspezialisierte Arbeitsteilung und Marktvermittlung möglicherweise umgehen? Beispielsweise könnte eine „Community“, eine irgendwie zustande gekommene Gemeinschaft von Konsumenten, einmal durchrechnen, was sie in einem überschaubaren Zeitraum so zu konsumieren gedenkt, all das auf einen großen Konsumplanzettel schreiben und dann kalkulieren, was sie dieser Plankonsum kostet, wenn sie in so eine universale Produktionsanlage investiert und alles selbst produziert, anstatt es zu kaufen.
Womöglich käme dies die Community dann billiger. Tatsächlich kann man für einfache Produkte mit 3-D-Druckern und Open-Source-Designs heute schon zu Einsparungen kommen, wie der US-Materialwissenschaftler Joshua Pierce in seinen Studien nachgewiesen hat.
Aber Communities und solche hochkomplexen und teuren Fertigungsanlagen sind dann doch ein anderer Fall. Als simple Interessengemeinschaften kämen sie wohl nicht zustande. Doch „Communities“ in Gestalt der gut bekannten Kommune existieren ja. Wenn aber städtische Kommunen investieren, dann bisher nur zum Zweck der allgemeinen Daseinsvorsorge, also in Energieerzeugung, Wasser- und Abwasserversorgung, Kultur, Bildung, Gesundheit oder städtische Bäder.
Für jedes Alter
Solche kommunalen Institutionen müssen keine Gewinne erwirtschaften – was sie mit den weltweit immer weiter verbreiteten Fabrication Laboratories, den Fab Labs (der Freitag 52/2015), gemeinsam haben. Mit Letzteren dringt die Produktion von Dingen nun in den öffentlichen, nichtkapitalistischen Bereich vor. Fab Labs sind kein Geschäftsmodell, sagt ihr Erfinder Neil Gershenfeld. Meist sind sie Universitäten angeschlossen oder werden von Vereinen getragen; Universitäten verstehen sie als Teil ihres Bildungsauftrags, um Menschen aller Altersstufen an die Nutzung moderner Hightechproduktionsmittel heranzuführen. Im Falle des Projekts der „Self Sufficient City“ Barcelona sollen sie auch schon der Versorgung mit Konsumgütern dienen. Neil Gershenfeld versteht sie als Labore, in denen eine Technik schon genutzt werden kann, während sie entwickelt wird. Als Ziel dieser Entwicklung sieht er genau solche universalen Fabrikationssysteme, wie sie in der Industrie gegenwärtig heranwachsen.
Die Industrie wird dieses Ziel möglicherweise schneller erreichen, denn sie hat mehr Geld. Sie kann mehr investieren, tut dies aber nur, um wiederum mehr Geld zu verdienen. Das kann sie nur, indem sie ihre Kosten senkt, und in einer stagnierenden Ökonomie heißt dies immer: Jobs streichen. So stehen dann immer mehr Menschen auf der Straße und schauen hungrig den Maschinen, die ihnen nicht gehören, bei der Arbeit zu.
Was aber, wenn Fab Labs oder allgemein öffentliche, nichtkapitalistische, gemeinnützige Betriebe ohne Geschäftsmodell, über so hoch entwickelte Produktionstechnik verfügen, dass sie mit der Leistungsfähigkeit kapitalistischer Betriebe konkurrieren können? Tendenziell wäre zu erwarten, dass sie bei gleicher Qualität billiger produzieren können als kapitalistische Betriebe: denn sie müssen ja keinen Gewinn, keinen Unternehmerlohn erwirtschaften. Allerdings dürften sie auch keine Verluste machen. Dieses Gebot der Wirtschaftlichkeit solcher dann recht kostspieligen Betriebe ist nicht zu unterschätzen.
Wenn aber die Menschen dieses Angebot annehmen und ihre Konsumwünsche bei kommunalen Fab Labs erfüllen, wenn sie ihre Wunschprodukte via App editieren und dort fertigen lassen, anstatt sie wie heute im Laden zu kaufen oder bei Amazon zu ordern – dann sieht die kapitalistische Welt schon ganz anders aus.
Würde statt Wachstum
Die Menschen, die Allgemeinheit, kämen zunehmend in den Besitz der Produktionsmittel. Das bedeutet zunächst nicht unbedingt, dass die Produkte billiger werden, und es bringt zunächst auch keine neuen Arbeitsplätze, abgesehen von denen, die entstehen, um solch eine postindustrielle öffentliche Infrastruktur herzustellen. Aber mit zunehmender Automation könnten die Produkte tatsächlich immer billiger werden, bis hin zu Grenzkosten von null – was in kapitalistischer Produktion wegen des Gewinn- und Risikoaufschlags prinzipiell nicht möglich ist. Wichtig ist auch: Es entfiele der Wachstumsdruck.
Ein weiterer wichtiger Faktor wäre die Verschiebung der Machtverhältnisse. Wenn die Produktion der Gebrauchsgüter immer mehr automatisiert wird, muss sich der Beschäftigungsschwerpunkt verlagern in nicht automatisierbare Beschäftigungen jenseits der Konsumgüterindustrie: in Bildung, Wissenschaft und Forschung, Pflege und andere soziale, künstlerische und sonstige freie Berufe. Diese Tätigkeiten sind zum größten Teil gegen technische Substituierung immun – es sei denn, man ist barbarisch genug, um Roboter etwa zur Altenpflege einzusetzen.
Die dafür wohl nötige Regulierung der Beschäftigung ist heute politisch meist nicht durchsetzbar, wegen der zu hohen, angeblich wachstumshemmenden Kosten. Bei hinreichender Verschiebung der Machtverhältnisse und Werteauffassungen aber sähe dies anders aus. Arbeitszeitverkürzungen und praktikable Regulierungen hätten erheblich mehr Aussicht auf Erfolg.
Statt der ewigen, immer absurderen Wachstumsorientierung wäre der Weg frei zu einer Orientierung auf Kultur und zur Wertschätzung der nicht zweckgebundenen Würde des Menschen. „Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine Würde. Was über allen Preis erhaben ist und kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde“, schrieb Kant. In der kapitalistischen Welt, wie wir sie kennen, ist der Satz „Alles, was automatisiert werden kann, wird auch automatisiert“ eine Bedrohung. In einer Welt der kommunalen, überprivaten, nichtkapitalistischen gemeinnützigen Produktion wäre er eine Verheißung.
Kommentare 28
wenn frau dr. binse der dümmlich eingeschätzten leser-schaft die große weite welt des technischen fortschritts erklärt.
kommt demnächst: "wie der hammer die menschl. arbeit fast überflüssig machte?"
das drama des spätkapitalismus von einem markt-wirtschaftlichen stand-punkt erklärt.
wie das wachstum für ausgeglichene arbeitsmärkte sorgte.ein gold-gerahmter rückblick.
mehr energie will ich nicht zum kommentieren verwenden, es gibt hier auch noch andere...
Die nahezu vollständige Automation aller mehrwertgenerierenden Arbeit wird unter kapitalistischen Interessen und Eigentumsverhältnissen nur noch zwei Grundformen von mehrwertgenerierender Arbeit und Konsumtion kennen (und zulassen). Alle Gesellschaften dieser Produktionsweisen werden sich auch exakt danach ausrichten mit allen sozialen und rechtlichen Konsequenzen.
Det is jetz ne Beschwörungstheorie, ick schwörs Altah...
" (..) alle suchen stets das günstigste Angebot und finden es heute meistens bei Amazon."
Das bestreite ich entschieden, denn ich habe und werde nichts bei Amazon bestellen und so sensibilisiere ich auch diejenigen, die immer noch die Zusammenhänge ausblenden, soweit es um kurzfristige Vorteile geht.
"Solange der technische Fortschritt das Wachstum nicht überholt, bleibt die Ökonomie im Gleichgewicht."
Das ist doch wohl abgehakt oder? Ich kenne den Kapitalismus nur mit Krisen (wenn man mal die Nachkriegszeit bis Anfang der 70er als Ausnahmezustand betrachtet). Und wie kann man bei ständigem Wachstum von einer Ökonomie im Gleichgewicht sprechen?
"Die viel zitierte Konzeption der Industrie 4.0 versucht dies in idealer Weise zu verwirklichen (..)"
Zuerst einmal ist Industrie 4.0 ein Marketingprodukt der deutschen Industrie, die damit die Deutungshoheit im industriellen Schwerpunkt Deutschlands des Maschinenbaus behalten möchte und eher aus einer Befürchtung heraus entstanden ist, hier die digitale Revolution zu verpassen.
Flexibilisierung, kleine Produktionsgrößen und wieder neue Taylorisierung an Fertigungsstätten sind längst in Deutschland Alltag und internationale Spitze, wozu auch die Gewerkschaften beigetragen haben. Was aber 4.0 beinhaltet, ist ein unausgegorenes Gebilde, wo man sich einerseits nach außen abschotten muss, um die Datensicherheit zu behalten und gleichzeitig den potentiellen Kunden in das Unternehmen lassen will (muss). Hier sind dann die potentiellen auch gleich die Konkurrenten und Hacker (Geheimdienste), die das dankend annehmen werden.
Die Fabs in lokalen, genossenschaftlich orientierten Einheiten ist ein interessanter Gedanke, wobei ich zu bedenken gebe, wo bleibe dann noch die tatsächlichen (handwerklichen) Fähigkeiten, wenn die Produkte aus der virtuellen Schablone eines Programmierers stammen? Je komplexer die Produkte, desto größer die Denkleistung und nötige Mannschaft, die dafür entwickeln muss, zumal diese Schablone dann sicher der Weiterentwicklung bedarf. Und da denke ich doch, im jetzigen System wird das auf eine Vermietung (Leasing) der Produkte hinauslaufen, da die Rechte daran weiter bei den „Produzenten“ liegen werden. Ich glaube erst einmal nicht an eine neue Unix-Entwicklung, Firefox oder Wikipedia, wenn das mal als Vergleich erlaubt ist.
Es wäre einfacher, erst einmal an den jetzige Systemschrauben zu drehen, um die Eigentums- und Arbeitsverhältnisse zu ändern. Denn ich bezweifle stark, dass sich das System aus sich heraus zu einer nichtkapitalistischen Gesellschaft entwickelt. Zumal das auch noch ein (blinder) Marktprozess wäre.
"Automaten und Maschinen ersetzen immer mehr die Arbeit von Menschen. Das könnte eine Verheißung sein"
Ja, vermutlich genau dann, wenn auch der Kunde automatisiert oder eingespart wird.
Habe mich im übrigen gefragt, was der Autor über so viele Zeilen eigentlich sagen wollte? Und dem Wirtschaftsinformatiker sei es nachgesehen, dass grundlegende Zusammenhänge noch nicht so richtig "sitzen".
In diesem Zusammenhang sollte auch die Idee des Gundeinkommens verstaerkt in den Fokus gerueckt werden.
"Was aber, wenn Fab Labs oder allgemein öffentliche, nichtkapitalistische, gemeinnützige Betriebe ohne Geschäftsmodell, über so hoch entwickelte Produktionstechnik verfügen, dass sie mit der Leistungsfähigkeit kapitalistischer Betriebe konkurrieren können? Tendenziell wäre zu erwarten, dass sie bei gleicher Qualität billiger produzieren können als kapitalistische Betriebe: denn sie müssen ja keinen Gewinn, keinen Unternehmerlohn erwirtschaften. Allerdings dürften sie auch keine Verluste machen. Dieses Gebot der Wirtschaftlichkeit solcher dann recht kostspieligen Betriebe ist nicht zu unterschätzen."
Bleibt der Kapitalismus als Gesamtsystem, dann bleibt die Konkurrenz, da ist die Einsparung des Unternehmerlohns ein Witz, das bringt gar nichts. Alle anderen Kosten bleiben, und sobald man die Arbeitshetze nur ein bisserl rausnimmt, ist man schon gleich der Konkurrenz unterlegen, weil die Stückkosten höher liegen. Das wird immer unterschätzt, und es wird andererseits grandios überschätzt, was als Unternehmerlohn von Kapitalisten einkassiert wird.
Wenn bei 1000 Mitarbeitern von jedem 100 Euro pro Monat für Unternehmerlohn einbehalten wird, dann sind das im Jahr 1,2 Millionen Euro. Hört sich viel an, ist aber eben je Mitarbeiter meist weniger als 10%. Lässt also der Arbeitsstreß um läppische 10% nach, dann ist das schon kompensiert, da entsteht kein Überschuss.
Die vielen Experimente mit Genossenschaften haben das doch gezeigt, muss man das immer wiederholen? Am Ende fehlt denen trotz Extraschichten und Urlaubsverzicht - alles natürlich aus Solidarität ganz freiwillig - schlicht Kapital, nicht nur für eine erweiterte, sondern oft sogar für die sogenannte einfache Reproduktion der Maschinerie.
Also das ist kein Weg.
@NA64
Von Arbeit abzuschaffen ist ja in dem Beitrag ja keine Rede, vielmehr bietet der Artikel eine von vielen Möglichkeiten, aus dem systemimmanenten Kapitalismus -der sich und seine Protagonisten aufzufressen droht- auszubrechen hin zu humanen Formen des Daseins und der Arbeit. So wie ich den Artikel verstehe, bietet er das auch an. Es wird nur noch produziert wird, was gebraucht wird, und die restliche Arbeit wird in Bildung, Sozialem usw. -also auch die Hinwendung zum Sinn des Lebens überhaupt- verlagert.
Klar ist allerdings, das dies eher durch Vergemeinschaftung als durch Individualismus bewerkstelligt werden kann.
Zur besagten "Autarkie" möchte ich sagen, das er eine Art Individualismus (und eine Art Gegenkonzept zum Kapitalismus) darstellt und Abschottung von/zu anderen beinhaltet. Also eher problematisch ist.
Wenn ich es auf "höherer" -philosophischer, soziologischer, psychlogischer- Ebene ansiedele, muss sich die Menschheit - sodenn sie längerfristig überleben will - schon entscheiden, ob sie eine Art von Entzug vom Kapitalismus und allen anderen, den Menschen über Gebühr abhängigen machenden Ideologien durchmacht, um sich auf die Suche nach einer wirlich humanitären Ideologie(?) oder ähnlichem macht.
das problem mit amazon ist nicht, dasa es billiger ist , sondern dass aes bequemer ist. Amazon profitiert von der Zerstörung der Dezentralität. Wenn ich erst 45minuten fahren muss , bis ich zu einem Buchladen kommen, dann bestelle ich bei amazon, was sonst.
"Denn ich bezweifle stark, dass sich das System aus sich heraus zu einer nichtkapitalistischen Gesellschaft entwickelt. Zumal das auch noch ein (blinder) Marktprozess wäre."
Das sehe ich auch so. Ich kann auch die 3D-Drucker-Euphorie nicht so recht ernst nehmen, das ist doch auch nichts anderes als verlagerte Endfertigung, also vom Prinzip her vergleichbar mit einer Töpferei, nur aufwändiger, auf jeden Fall aber keine neue Qualität.
Denn man braucht ja Platz für das Gerät, hat Wartungsaufwand, Energiebedarf, benötigt Rohmaterial und Farben verschiedenster Art - dagegen sind die 5 Patronen plus Papier für einen normalen Drucker ein Witz -, diese Materialien muss man vorrätig halten, korrekt lagern, ohne zu wissen ob man alles wirklich verbrauchen wird. Und schon bald ist die neue Geräte-Version auf dem Markt, und man hängt mit dem alten Gerät fest, und der Konsument will natürlich Produkte mit den neuesten Möglichkeiten hinsichtlich des Materials etc.
"Wenn ich erst 45minuten fahren muss , bis ich zu einem Buchladen kommen, dann bestelle ich bei amazon, was sonst."
Und insofern auch umweltfreundlicher, denn der Lieferdienst hat den ganzen Wagen voll mit Päckchen und Paketen - statt dass sich alle Kunden persönlich auf den Weg machen müssten. Und nicht alles kann man mit dem Rad erledigen.
"... statt dass sich alle Kunden persönlich auf den Weg machen müssten."
Vielleicht ließe sich ja die Fahrt ja auch mit einem Besuch im Nagelstudio verbinden.^^
Also mit ein klein wenig Aufwand hättest Du schon längst eine gute Alternativen gefunden.
Sobald ich nicht bei meinem lokalen Buchhändler kaufe, bestelle ich bei Buch24.de. Da bestelle ich bereits seit Jahren und bin sehr zufrieden mit deren Service. Es kommt vor (aber selten), dass ein Titel mal nicht im Angebot ist.
Also was wollen wir, theoretisch kritisch sein und in der Praxis dann was? Es gibt weitere gute Anbieter in Deutschland.
Auch Google braucht nicht als primäre Suchmaschine genutzt werden, es gibt gute Alternativen hier und hier. Firefox startet bei mir immer mit Ixquick.
usw. usw.
Ich kann es akzeptieren, wenn kein guter Buchhändler in der Nähe ist. Viele sind aber aus genau den Gründen verschwunden. Aber wenn hier tagsüber bis in den späten Abend bis zu 7 verschiedene Anbieter durch den Ort kurven, dann ist das nicht umweltfreundlich, sondern nur deshalb machbar, weil die Dienstleister (Subunternehmer) ausgebeutet werden. Selbst die Post hat das ja bei Neueinstellungen billigere Tarife durchgesetzt. Das ganze Modell trägt sich doch nur, wenn irgendwo eingespart werden kann und das sind in erster Linie die Auslieferer!
Geht´s vielleicht noch?
Amazon wäre nur dann gut , wenn es eine solidarisches Distributions-Projekt wäre, so wie wir es mit dem Gemüse oder dem Brot, dem gegeseitigen Aushelfen beim Dachdecken etc. oder dem Protest gegen blödsinninge Projekte der Politik machen ...
Lieber Pfeifel, das war nur etwas provokant formulieret. Ich bestelle auch nur im absoluten Notfall bei Amazon - selbst hier am Arsch der Welt. Meistens kaufe ich gebrauchte Bücher über booklooker oder ähnliche Portale.
Google ist auch out , das ist richtig, Ich empfehle im Moment duckduckgo !
"Aber wenn hier tagsüber bis in den späten Abend bis zu 7 verschiedene Anbieter durch den Ort kurven, dann ist das nicht umweltfreundlich, sondern nur deshalb machbar, weil die Dienstleister (Subunternehmer) ausgebeutet werden."
Das ist ja für sich genommen korrekt gesehen. Ich bin ja auch nicht parteilich für amazon und Co. Aber deshalb ergreife ich auch nicht Partei für die lieben Kleinkapitalisten. Aus denen erwachsen nämlich die Großen, es gibt - innerhalb des Kapitalismus - keinen Weg zurück.
Das mit den 7 (und mehr) Lieferdiensten zeigt den Wahnsinn einer Konkurrenzgesellschaft. Und dieses Beispiel zeigt außerdem sehr plastisch, eigentlich für jeden sichtbar auf der Straße, dass Kapitalismus zwar mit Rentabilität (fürs Kapital) zu tun hat, aber nicht mit tatsächlich effizienter Produktionsweise.
Aber was sage ich, das war ja jetzt schon wieder ein theoretisches Argument gegen den Kapitalismus, und das will keiner hören. Was für einen politischen Standpunkt haben z.B. die ausgebeuteten, in jeder Minute abgehetzten Auslieferer?
Als es nur die Post gab, hieß es an den Stammtischen: da fehlt der Konkurrenzdruck, damit die endlich mal effizient arbeiten. Auch das ist natürlich eine Theorie, aber eine für den Müll.
Ein Dutzend Zusteller, die sich in vielen kleinen Gassen oft selbst den Weg versperren: was für ein passendes Bild für die Freiheit des Marktes, die auch in den kommenden Wahlen ganz sicher wieder mitgewählt werden wird, von der Linkspartei bis zur AfD, weil an dieses Tabu eben nur ein paar Außenseiter rühren.
Das würde die Kommunen sicher überlasten und wäre kaum sinnvoll. Das Beispiel 3D Drucker hinkt etwas. Dieser wird auch mittelfristig nur ein Spielzeug bleiben oder ganz speziellen Aufgaben vorbehalten sein.
"In der kapitalistischen Welt, wie wir sie kennen, ist der Satz „Alles, was automatisiert werden kann, wird auch automatisiert“ eine Bedrohung. In einer Welt der kommunalen, überprivaten, nichtkapitalistischen gemeinnützigen Produktion wäre er eine Verheißung."
Wenn die Kommunen als Produzenten auftreten, sind sie natürlich auch Konkurrenten, denn ich kann ja meine Möbel oder Sonstiges auch in einer günstiger anbietenden Kommune bestellenund weiß wie immer als Verbraucher nicht wirklich, ob ein höherer Preis den Beschäftigten zugute kommt oder auf schlechte Organisation zurückzuführen ist.
Es gibt also weiterhin die üblichen Konkurrenz-Mechanismen, die auch wieder Auswirkungen auf die Arbeitshetze und die Einsparung von Arbeitskräften haben. Außerdem ist kommunale Produktion keine Massenfertigung, das erhöht die Stückkosten natürlich deutlich. Bei bleibendem niedrigen Lohniveau breiter Bevölkerungsschichten ist das immer ein starker Faktor.
Verheißung ist ein großes Wort; bei soviel Optimismus würde ich es gut finden, wenn der Autor sich auch mit den kritischen Kommentaren auseinandersetzen würde.
Vielen Dank für die Kommentare!
@Mattis: interessanter Einwand. Man muss dabei die gegenwärtige und künftig zu erwartende Weiterentwicklung der Produktionssysteme mitbedenken. Die Trends bzw. Prinzipien der Entwicklung sind folgende: Steigerung der Produktivität (~Automation), Steigerung der Flexibilität (verschiedene Produktvarianten auf einer Fertigungsanlage), Steigerung der Universalität (verschiedene Produkte auf einer Fertigungsanlage), und das Prinzip der Trennung von Fertigung und Design. Dies führt zu einer gewissen Standardisierung von Produktionssystemen an sich, die dann ohne gravierende Leistungsunterschiede verschiedenste Produkte herstellen können. Bei 3D-Druckern ist dies ja heute verwirklicht: innerhalb ihrer jeweiligen Leistungsparameter wie Grösse des Bauraums, Anzahl der Extruder und Druckgeschwindigkeit etc. können sie beliebige Dinge herstellen. Aber wohl noch keinen Kühlschrank und keine Espressomaschine und kein Bettgestell. Industrielle Fertigungssysteme bewegen sich aber in die gleiche Richtung, so dass man z B ein Bettgestell oder ein Sitzmöbel als Design im Netz aussuchen und editieren oder eins komplett selber entwerfen kann, und dann fertigen lässt - im Ideal per Knopfdruck. Bei technisch anspruchsvollen Produkten wird das natürlich schwieriger, aber der Trend geht dahin. Werden solche Fertigungssysteme nun kommunal betrieben, dann müssen sie natürlich auch optimal ausgelastet sein, sonst wird der Spass teuer. Insoweit ist die Situation die gleiche wie bei einem kapitalistischen Betrieb. Aber der kapitalistische Betrieb will nicht nur ausgelastet sein, sondern auch Gewinne machen, und wachsen. Das wollen kommunale Betriebe aber nicht. Außerdem könnten kommunale Betriebe sich untereinander koordinieren, und Kapazitäten tauschen und ausgleichen etc. Sie machen sich in dem Sinne eben keine Konkurrenz. Insgesamt würde dies der Tendenz nach zu lokalen Kreisläufen von Gütern und Stoffen führen: wenn die Leistungsfähigkeit bei allen kommunalen Betrieben in etwa gleich hoch ist, geht man in der Regel eben zum lokalen Fertiger. Die bereitgehaltenen Kapazitäten müssen dazu der durchschnittlichen Nachfrage angepasst sein, das ist dann etwa so wie bei kommunalen Stromerzeugern, oder Wasserwerken. In der Tendenz könnte so eine nicht-kapitalistische, nicht renditegeriebene und öffentlich kontrollierte Produktionsinfrastruktur entstehen, die der kapitalistischen Produktion Konkurrenz macht, und wenn sie besser ist, schrumpft sie den kapitalistischen Sektor, und damit die Kapitalkonzentration, und die ja auch politisch eingesetzte Macht des Kapitals. Die Alternative, dies weiter alles den kapitalistischen Betrieben zu überlassen, würde über kurz oder lang tatsächlich zu einer absoluten und/oder relativen Verarmung der "Massen" führen, die diesem technischen Fortschritt dann macht- und hilflos gegenüberstünden. Wenn diese Produktionsmittel aber in öffentichem, gesellschaftlichem Besitz sind, sind die Gestaltungsmöglichkeiten der gesellschaftlich-ökonomischen Prozesse wesentlich größer, und es ist tatsächlich die fernere Perspektive da, die Produktion der wichtigsten Gebrauchsgüter, das "Reich der Notwendigkeit", maximal zu automatisieren, und damit abhängig von der Art der Gewinnung von Energie und Rohstoffen auch nahezu kostenlos verfügbar zu machen. Das geht in kapitalistisch und wettbwerbsmässig organisierter Ökonomie niemals, prinzipiell nicht. Zu handwerklicher Fertigung: das ist ja damit nicht "weg", und nicht obsolet und verboten. Handwerklich hergestellte Dinge werden unter solchen Umständen vermutlich sehr viel an Attraktivität gewinnen, weil sie dann eben außergewöhnlich sind. Sie dann natürlich auch - relativ - teuer: sofern die Handwerker nicht umsonst arbeiten wollen! Aber handwerklich hergestellte Dinge entstehen dann nicht aus Notwendigkeit, sondern aus Liebe und Zuneigung zum Tun und zu den Dingen. Was dann von der Ökonomie "überbleibt", also zu tun übrig bleibt, geschieht in einem grundsätzlich veränderten Klima, nicht diktiert von Kapitalverwerungsimperativen, sondern aus "intrinsischen" Motiven, aus dem verstandenen guten Grund, eine Leistung zu erbringen oder ein Ding herzustellen. Das wäre schon eine verdammt andere Welt.
Wenn nur die Ökonomen endlich begreifen würden dass ewiges Wachstum eine absurde Sisyphos-Idee ist! das würde die Bereitschaft stützen, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen, und zum Beispiel auch Forschungsaufwand zu betrieben und zu finanzieren, denn ein solches Projekt entsteht wohl - jedenfalls in dieser Intention - nicht von selber, da müsste der politische Wille entstehen und geschaffen werden, dass man sich dessen etwa an Universitäten und Forschungsinstituten gezielt annimmt. Im Moment wird viel Geld ausgegeben z B für Projekte zur Folgenabschätzung der Industrie 4.0, aber immer nur mit der Intention der Wachstumsförderung. Hier wäre es extrem wichtig dass hier ein Umdenken einsetzt und wachgerufen wird. Hier müsste man mal auf die Strasse bzw. in die Medien gehen und Rabatz und die Augen und Ohren aufmachen. Bei den Ökonomen scheint ein wenig Bewegung zu entstehen. ganz vorsichtig fängt man an, das Wachstumsdogma zu hinterfragen und die Möglichkeit einer sich andeutenden "Grossen Transformation" ins Auge zu fassen.
Das wird verdammt Zeit.
Wer bekommt den Mehrwert? (!)
Der Kapitalist, die differenzierten privaten und gesellschaftlichen Eigentümer der Produktions- und Reproduktionsmittel, die Bourgeoisie und AktionärInnen, die ökonomische, ideologische, staatliche, militärische, juristische und politische Administration, die bürgerlichen Parteien und deren Medien- und Ideologiestiftungen, die gut-geschmierten Verkaufs- und "SozialpartnerInnen"! [HEUTE immer noch!]
Wie gelingt es uns Humanistinnen und Humanisten, die wissenschaftlich-technische Entwicklung und der qualitativen Steigerung der Produktivität allen Gesellschaftsmitgliedern gleichberechtigt zur Verfügung zu stellen? *
* [Hierbei dient das kleinbürgerliche Märchen vom "bedingungslosen Grundeinkommen" (BGE) nur der Bourgeoisie und Administration zur Ablenkung vom Thema der Umverteilung.]
Da im Kapitalismus die Wertschöpfung, abzüglich der historisch differenzierten Reproduktionskosten aller Werktätigen und Wertschöpfenden, also die Früchte aus dem Mehrwert, dem Kapitalisten zur privaten Disposition zur Verfügung stehen, dürfte sich wohl aus dem kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem keine gleichberechtigte Lösung für die Gesamtbevölkerung ergeben.
Folglich bedarf es heute der sozialrevolutionären und sozialökologischen Umwälzung und Aufhebung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsformation. Also, ungeschminkt, die revolutionäre Beseitigung des Kapitalismus. ---- Demnach, die Beseitigung der sog. [A]"Sozialen Marktwirtschaft". Die Aufhebung der modifiziert kapitalfaschistischen "Volksgemeinschaft" -- zwischen Kapital und Arbeit, dem nachhaltigen Ende der gut-geschmierten "Sozialpartnerschaft" und von deren Gauck'lerischen "Demokratie" und "Freiheit", der dauerhaften Überwindung und materiellen Beseitigung der Quandtschen, Mohnschen, Albrechtschen und Springerschen kap. Erbschaftsmonarchien und der Aufhebung der Finanz- und Monopolbourgeoisien, weltweit!
Es bedarf der (erstmaligen gesellschaftlichen) Emanzipation, der sozialistischen Gesellschaftsformation, auf der Grundlage des Gemeineigentums an den gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsmitteln (einschließlich Grund und Boden, Rohstoffe und Bodenschätze, Wasser und Luft, Tier -Natur- und Pflanzenwelt, etc.). Es bedarf einer künftigen Gesellschaftsformation der sozialen Gleichheit aller Menschen [keine "Gleichmacherei", wie die gut-geschmierten bürgerlichen Ideologen, 'mit' und 'ohne' Prof. und/oder Dr.-Titel, gerne medial verkünden], unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Hautfarbe. ---
Es bedarf zugleich einer künftigen qualitativen und sozial-ökonomisch-ökologischen Kreislaufwirtschaft.
Das wäre die Verheißung für eine künftige Gesellschaftsformation auf der Grundlage der wissenschaftlich-technischen Entwicklung der qualitativen Produktivkräfte.
[-- unvollständig.]
Industrie 4.0 von der Basis her beobachtet
Es wird viel über Industrie 4.0 geschrieben. Was sich zur Zeit abspielt, will ich aus meinem Lebensbereich versuchen hier kurz zu skizzieren:
Ein von mir erfundenes Andy-Hubbett besteht aus Holz- und Metallteilen. Die einzelnen Teile, die nicht aus genormten Großserien bezogen werden - wie etwa Schrauben - werden mit einem 3D-Programm entworfen. Im Anschluss an die Entwurfsphase eines einzelnen Teils wurde bisher eine technische Zeichnung mit drei vermaßten Ansichten angefertigt und diese beispielsweise zu einer Schreinerei geschickt um erstmals das Werkstück dreidimensional herstellen zu lassen. Dies konnte sodann begutachtet und gegebenfalls optimiert werden. Diese Schritte wiederholten sich unter Umständen mehrere Male. Heute wird bereits im 3D-Programm das Werkstück fortlaufend von allen Seiten begutachtet. Als Nächstes werden die einzelnen Teile noch im Rechner mit anderen Teilen "verbaut". Dies ermöglicht Simulationen der Bewegungsabläufe - etwa bei sehr beengten Raumverhältnissen innerhalb einer Baugruppe - und eine bisher nicht gekannte Optimierung. Ist ein Werkstück so weit entwickelt, um es zu produzieren, werden die räumlichen Informationen und die automatisch generierten technischen Zeichnungen über das Internet zu externen digitalen Fräs- bzw. Laser-Schneidemaschinen geschickt. Hier entstehen aus den übermittelten Daten nahezu ohne dem Zutun menschlicher Hände Gegenstände aus Kunststoffen, Hölzern bzw. Metallen. Letzte Woche sandte ich beispielsweise um 15 Uhr die Daten einer kompliziert geformten Holzabdeckung per Internet zu einer CAD-Fräse (von engl. computer-aided design) und hielt das fertige Teil um 18 Uhr in meinen Händen.
Von den etwa 80 Schreinereien im Umkreis von 40 km sind etwa ein Dutzend mit CAD-Fräsen ausgestattet. Ohne solch einer Maschine sind sie langfristig kaum wettbewerbsfähig. Für 80 CAD-Fräsen jedoch ist nicht genügend Arbeit vorhanden. Sie reicht ja nicht mal für das erwähnte Dutzend!
In der Metallverarbeitung beobachte ich folgendes:
Bisher sandte ich Technische Zeichnungen zu einem Schlosser. Das entsprechende Material orderte ich von einem Metall-Großhändler und ließ es zu eben diesem Schlosser liefern. Seit etwa einem Jahr bietet dieser Großhändler CAD-Verarbeitung an. Wo glauben Sie, lasse ich arbeiten?
Es ist gut nachzuvollziehen, dass sich durch diese Technik im verarbeitenden Gewerbe ein tiefgreifender Strukturwandel vollzieht, der weite Bereiche unseres täglichen Lebens umpflügt. Ich bin mir nicht sicher, ob diese technische Revolution in ihrer ganzen Tragweite heute im allgemeinen Bewusstsein angekommen ist.
@andyc: sehr interessant. Ein demnächst im Metropolis Verlag erscheinendes Buch über "Digital Manufacturing" wird hierzu sehr viel detailliertes Fachwissen aus Sicht der beteiligten Wissenschaften vorstellen, etwa von Mitarbeitern des Fraunhofer Instituts, der Deutschen Post, die auf dem Gebiet erstaunlich aktiv ist (Intention: statt Dinge zu verschicken sie vor Ort an Hand digitaler Daten herstellen, oder auch: Entwicklung eines 3D gedruckten E-Fahrrades für Postboten..), oder von Mitarbeitern diverser Hochschulen. Ziel der Entwicklung ist aber ganz klar: möglichst ohne Umwege und in einem durchgehenden Prozess vom digitalen Produktmodell zum Produkt, und zwar für verschiedene Produkte auf ein und derselben Fertigungsanlage. Ein Mittel dazu: Anlagen, die per "Plug and Produce" kurzfristig rekonfiguriert werden können. Buch erscheint im Februar.
Liebe/r Dokeve, danke für den Buchtip.
Der Artikel spricht die möglichen Auswirkungen technischer Entwicklungen auf das gesellschaftliche Gefüge an. Diese Auswirkungen zu kennen wäre sicher interessant. Allerdings müssten dazu Details der technischen Entwicklung bekannt sein. Details die ich in meinem obigen Beitrag ein wenig, anhand der von mir erlebten heutigen Realität, aufzuzeigen versuchte.
3D-Design und seine Vernetzung mit unterschiedlichen spezialisierten CAD-Maschinen bewegt sich noch innerhalb der traditionellen Aufteilung von Produktionsbereichen. Diese Aufteilung entstand im Laufe unserer zivilisatorischen Entwicklung durch die spezialisierte Bearbeitung unterschiedlicher Materialien - bei meinen Beispielen eben Holz und Metall durch Schreiner und Schlosser.
Der Verweis im Artikel und auch in Ihren Beitrag auf 3D-Drucker zeigt auf einen neuen Ansatz, der mit den soeben beschriebenen spezialisierten Traditionen bricht.
Das Neue an diesen 3D-Druckern ist, dass sie Material zu Material hinzufügen und nicht, wie die CAD-Fräse und der CAD-Laser Material entfernen. Dieser scheinbar kleine Unterschied führt uns in eine neue völlig veränderte Welt. Bevor ich diesen Gedanken vertiefe, möchte ich kurz auf die Besonderheit von Material eingehen.
Für einen Designer ist Material nicht nur eine geschmackliche Frage sondern auch eine physikalische. Mit Metall sind andere Designs möglich als mit Holz, da Metall andere physikalische Eigenschaften hat. Ein Feuerkessel aus Holz ist nicht lange haltbar. Ein 3D-Drucker der mit wirklich unterschiedlichen Materialien arbeiten kann, würde ein neues Tor aufstoßen.
Diesen "3D-Drucker" gibt es bereits gedanklich und ich will ihn hier kurz vorzustellen:
Bereits in den frühen achtziger Jahren entwickelte der amerikanische Ingenieur Eric Drexler, genannt "Mr. Nanotechnology", Gedanken zu neuen Produktionsweisen. Nachzulesen u.a. in dem 1994 bei Addison Wesley erschienenen Buch "Experiment Zukunft - Die nanotechnische Revolution".
Worum geht es?
Stellen wir uns vor, wir könnten einzelne Atome manipulieren und Moleküle damit zusammensetzen. Damit ließen sich nicht nur Materialien im herkömmlichen Sinn produzieren, sondern auch beispielsweise Ernährung bis hin zu Fleisch! In Flüssigkeiten, so die Vision Dexlers, wären Atome als "Grundsubstanz" vorhanden, die per Computerprogrammen nach speziellen Wünschen vor Ort zusammengesetzt werden.
Ein Beispiel aus dem Buch hat mich nachhaltig beeindruckt: Nehmen wir eine Naturkatastrophe an, die große Gebiete verwüstete. Als Hilfsgüter werden per Pipelines, die die Welt vernetzen, diese Grundsubstanz vor Ort geliefert und hier bilden sich per Programm, ähnlich wie Pflanzen, selbstständig Häuser, die innerhalb einiger Tage "wachsen"- incl. Sanitärinstallation etc. bis hin zum gefüllten Kühlschrank oder kommunikativen Einrichtungen.
Drexler gibt als Hauptgrund für das Schreiben seines Buches an, die Menschen gedanklich auf diese Entwicklung vorbereiten zu wollen. Denn hier lauern auch enorme Gefahren, denen im gesellschaftlichen Konsens entgegenzutreten ist, bzw. welche zu regeln sind. Denken wir bei diesen Möglichkeiten mal an den NSA-Komplex oder an Kriege. Maschinen, so klein, dass sie unsichtbar sind lassen bisher ungedachte Szenarien erahnen. Darüber hinaus: Der Wert den wir Dingen beimessen, wird sich nachhaltig verändern.
Ein 3D-Drucker unserer Tage ist also nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was auf uns wartet.
Lieber Andyc,
den 3D Drucker (und die additive Fertigung) gibt es ja nun schon sehr real, und die Entwicklung scheint ja nun sowohl im industriellen als auch privaten Bereich wieder Fahrt aufzunehmen, nachdem es im letzten Jahr etwas ruhiger geworden war. Neueste Entwicklungen sollen die Druckgeschwindigkeit um den Faktor 100 erhöhen; die 3D Drucker von HP, die in diesem Jahr erscheinen sollen, sollen immerhin 10 mal schneller sein, und tatsächlich auch verschiedene Materialien verarbeiten können. Gleichzeitig macht der Druck von Komponenten mit eingebauter Elektronik Fortschritte, so dass man der Idee des Drucks von ganzen funktionsfähigen Geräten mit eingebauter Elektronik einen Schritt näherkommt. Das Assemblieren von digitalen Materialien auf der Nano- oder molekularen Ebene, das von Drexler ja noch immer vertreten wird ("Radical Abundance"), wird ja seit Ende der 1990er Jahre von Gershenfeld am MIT weiterentwickelt, er will dies zum Forschungsgegenstand einer neuen Wissenschaft machen (http://cba.mit.edu/events/13.03.scifab/). Das Problem damit ist nur: niemand weiss wann dies jemals praktisch nutzbar werden wird, und es gibt keinerlei verwertbare Hinweise auf die Anwendungsbedingungen, also etwa in Form von Leistungs- und Kostenparametern. Gleichzeitig verfolgt ja auch Gershenfeld mit seinen Fablabs einen Ansatz, der auch auf subtraktive Fertigung setzt, wie Lasercutter und CNC-Maschinen. In der Industrie braucht man ja nun praxisfähige Konzepte, und da setzt man ebenfalls auf einen Mix aus allen digital steuerbaren Maschinen, additiv und subraktiv, plus Robotik. Wichtig ist für die Industrie eben die möglichst breite, also möglichst universale Einsetzbarkeit der Fertigungsanlage, und damit sind sie sich mit der Idee von Drexlers und Gershenfelds Molekularassembler bzw. digitaler Fabrikation ja komplett einig. An dem Beispiel Ihres Hubbettes kann man das eigentlich schön durchdeklinieren, wie Fertigungsprozesse mit weiterem technischem Fortschritt künftig ablaufen: der Prozess beginnt mit der Entwicklung des Designs (und dies wird aller Voraussicht nach nie automatisiert werden können). Dieser Prozess wird aber sehr effizient maschinell unterstützt werden können, also etwa durch aussagekräftige Simulationen des kompletten Produkts, und durch eine gute plastische 3D-Darstellung, so dass man schon im Entwurfsprozess möglichst nahe an die Produktionsreife kommen kann. Und wie man sich an diesem Beispiel Ihres Hubbettes vorstellen kann, ist das keine leicht zu lösende Aufgabe! Heute wandert der Fertigungsprozess dann in zwei verschiedene Betriebe, Holzverarbeitung und Metallverarbeitung. Man kann sich gut vorstellen, dass es dabei nicht bleiben wird. Je weiter der Prozess der digitalen Fabrikation fortschreitet, wird es immer weniger eine Rolle spielen, welches Material maschinell verarbeitet wird. Es wird nicht mehr den Fachbetrieb geben müssen, dessen Knowhow um die Verarbeitung eines bestimmten Materials herum angelegt ist. Dieses zum Produktionsprozess nötige Wissen wird einmal in den Produktionsmaschinen verfügbar sein oder für diese digital zugänglich sein. So wird ein Designer dann sein fertig entwickeltes Design als digitalen Datensatz komplett zu einem Fertiger schicken, und der baut das ganze fertige Produkt, möglicherweise auch schon montiert, zusammen (die Montage stellt wohl noch immer die grösste Herausforderung für die Robotik dar). Dies klingt zwar schon recht utopisch, wird aber vermutlich wesentlich früher zu verwirklichen sein als die reine additive oder gar molekulare Fabrikation. Nun zu dem ökonomischen Problem: Sie schrieben, in Ihrer Gegend gibt es eine bestimmte Anzahl von Handwerksbetrieben. Wie wird sich das weiterentwickeln, wenn die Technologie fortschreitet, und die Wirtschaft insgesamt nicht wächst? Der eine Handwerksbetrieb kann dann nur auf Kosten des anderen wachsen. Gerade Handwerksbetriebe denken heute noch nicht so, aber wenn einer dabei ist, der eine Chance erkennt zur Expansion mittels geschickter Nutzung von neuer Technologie, dann wird er sie nutzen, und damit Vorteile haben gegenüber dem Wettbewerber. Der Nachfrager wird sich über kurz oder lang immer an den günstigsten Anbieter wenden. Wenn es nun einen Anbieter gäbe, der Ihr Hubbett komplett und preisgünstig fertigen kann, werden Sie sicher zu dem gehen, Sie können die Preise weitergeben und Ihren Umsatz ausweiten. Insofern wäre hier also dann wohl auch, wie im Rest der Ökonomie ja schon lange geschehen, mit einem Konzentrationsprozess zu rechnen, und auch mit einer Reduktion des Angebots von Beschäftigung. Und damit zu Kapitalkonzentration etc. etc. Man könnte sich ausmalen dass hier ein universaler Grossfertiger entsteht, der - ähnlich wie heute Amazon als Logistiker und Buchhändler, der für viele angestammte Buchhändler lange lebensbedrohlich geworden ist - eine marktbeherrschende Stellung erringt, und die angestammten Kleinbetriebe verdrängt. Um dem nun eine Alternative entgegenzusetzen und einen Riegel vorzuschieben, mein Vorschlag: solche hochautomatisierten und hochflexiblen Fertigungsbetriebe dann in kommunaler Trägerschaft zu betreiben. Dann kommt es zwar auch zu Verlusten von Arbeitsplätzen in dem Bereich, aber nicht zu Kapitalkonzentration, und die Gestaltungsmacht bleibt zu einem grösseren - und hoffentlich entscheidenden - Anteil in öffentlicher, gemeinwohlorientierter Hand. Das wird m.E. immer wichtiger, nicht nur im Sektor der Produktion. Schon Keynes hat für eine von ihm angenommene Phase der Wachstumsabschwächung an den 1970er Jahren eine Ausweitung des öffentlichen Sektors empfohlen, leider ist aber genau das Gegenteil davon gemacht worden, und zwar weil dies im Interesse des renditehungrigen Kapitals lag. Die Folgen davon bekommen wir alle immer mehr zu spüren.
Sehr schöner Artikel
Mein Reden!
Wir müssen die Zukunft umarmen. Das haben Grüne auch schon in den 80er Jahren schon gewusst und haben eine Maschinensteuer gefordert. Damit hätte man schon locker ein bedingungsloses Grundeinkommen (damals hiess es Existenzgeld) finanzieren können. Zum anderen wird man so stück für stück die Mehrwerttheorie aushebeln und Kapitalismus überwinden können.
Wer war damals dagegen? Sozen und Gewerkschaften. Unbelehrbar damals wie heute.
Das einzige was wir zu dieser Entwicklung nun brauchen ist ein Energieüberfluss und Verhinderung von ubiquitär vornhandenen Schlüsselressourcen zur Ware zu machen.
Technologiebegeisterung und Fortschrittsglaube muss wieder Platz greifen wie in der klassischen Moderne.
»Automaten und Maschinen ersetzen immer mehr die Arbeit von Menschen. Das könnte eine Verheißung sein«
Leider nicht. Vielmehr war bei technischen Innovationsschüben bislang immer Sozialalarm Höchste Stufe angesagt – weil der Kapitalismus die freigesetzten Menschen grundsätzlich verwertet gemäß der Logik eines KZs und sowohl ihnen als auch denen, die noch »drin« bleiben »dürfen«, somit nichts als Tod, Elend und Pauperismus bringt. Die Linie einschlägiger Modernisierungsschübe reicht vom frühindustriellen Elend über die Verteilungskämpfe der hochimperialistischen Ära bis hin zu den obsolet gemachten Bleisetzern der 1970er und den Prekären unserer Tage, die sich ebenfalls kaum noch über Wasser halten können.
Von daher ist nicht zu sehen, wieso es ausgerechnet mit den aktuellen Innovationsschüben anders laufen sollte. – Kapitalismus tötet – ohne Ausnahme. So lange er besteht.
Der verbreitete Analphabetismus der Gesamtgesellschaft/Allge-meinheit in den beiden wichtigsten Potentialfeldern für andere "Wachstümer", in der Informatik/IT und der (auch: Epi-) Genetik verweist m. E. b. a. w. auf eine, der deutsch-französischen Hochfeudalität seit Karl dem Großen womöglich ähnliche, Langsamphase. Wie damals der analphabetale KdG eine neue Schrift oktroyierte (die Karolingische Minuskel, mit der wir heute die Kleinbuchstaben schreiben), so entscheiden heute höchst ahnungslose bis extrem fachschwache Sitzungsfritzen und ein paar Großmäuler zunächst auf "outsourcing" usw.: 800-1200-Huawei-Wiesel hauchen dem hiesigen Netz über reichlich Huawei-Geräte sein Leben ein.
(Wo treiben die angeblich so fitten Typen aus dem angeblichen "Hackerparadies Berlin" (so wiederholt der "freitag") denn LaGeSo/BAMF vor sich her? Administrationfragen sind heute IT-Fragen, angefangen bei der Registrierung über EuroDAC bis zum Unterkunftsmanagement.)
So daß auch allen Genetic-Punks zum Trotz, das Ausweichen von der "Verstoffwechselung von Natur" auf die Zeichensetzung/-genese/Semiose und Sozialarbeit i. w. S. als Wachstumsfeld zunächst prädominant bleiben dürfte: das hat man in langen, über 1000-jährigen Mühen nun ALLGEMEIN gelernt, lesen, schreiben, rechnen, drucken. Wie die Luther-Bibel den Bedarf, Lesen zu lernen, enorm verallgemeinerte, der 2-300, z. T. erst 400, Jahre später erst fast voll gedeckt wurde, so wird man sich auch heute zunächst auf eine längere Zeit einstellen müssen, in der die neuen Mittel nur unter Zuhilfenahme Dritter (Vorleser/Vorzeiger/Schrifthalter/Bibliotheken von google bis fb usw.), und das heißt zu nur durchschnittlich max. 5% und je interessen- u. ideologie-gefiltert aus-, genutzt werden (können).
Als Megatrend durchaus denkbar. Nur, alles friedlich laufen kann es wohl nicht. Entlassene Massen, ohne dass sie gewollt und gebraucht sind, stellen eine tickende Bombe dar. Ob der Zünder immer entschäft werden kann, bevor sie hochgeht, die soziale Bombe? Via predictiv analyst als output von BIGDATA respective Algorithmus ist heute noch die offene Frage. Aber denkbar. Bevor die Massen ausflippen, werden sie schon vom Robby hermetisch abgeriegelt, abgefüttert, eingelullt und in das Ruheressort eskortiert. Wow, echt geil! Und die happy few? Tja, die freuen sich natürlich weiter des Lebens, in der neuen Kommune genauso, wie einst im alten Kapitalismus. Elitenkontinuität! noblesse oblige - Sorry, aber da eiert irgend etwas in der Denke! Okay, im Zwiefel: NATO urban operations in the year xy