Am 21. Januar 2007 lässt Wladimir Putin seine Labrador-Hündin Koni auflaufen, als es zum Fototermin mit Angela Merkel im Kaminzimmer der Sotschi-Residenz des russischen Präsidenten kommt. Beobachter und Kommentatoren können sich entscheiden, ob sie die russische Bedrohung zur hautnahen Erfahrung erklären und von einer Einschüchterung der deutschen Regierungschefin schreiben, die hier etwas ganz anderes erlebt als Nackenmassagen, wie sie George Bush zu verabreichen pflegt.
Koni läuft unbeeindruckt durchs Bild, sitzt schließlich zwischen Putin und Merkel und tut der Kanzlerin Unrecht. Auf den Hund gekommen sind die deutsch-russischen Beziehungen unter ihrem Dirigat gewiss nicht, aber mehr als nur einen Hauch schlechter als in den sieben Jahren unter Gerhard Schröder schon. Etwas russophobischer vielleicht. Merkel hat gewiss keine Feindbildpflege betrieben, aber selten darauf verzichtet, Russland als außer- oder nichteuropäische Macht zu behandeln, der es an zivilisatorischen Standards und dem nötigen Wohlverhalten fehlt, um den Kerneuropäern das Wasser reichen zu können.
Umgang auf Augenhöhe
Um so mehr erwartet die russische Regierung vom künftigen Bundeskabinett – wer es auch immer stellen mag – Respekt, Umgang auf Augenhöhe und die Anerkennung der Tatsache, dass die Russische Föderation durch die weltweite Verknappung der natürlichen Ressourcen nicht nur ein unverzichtbarer Partner des Westens, sondern eine wirtschaftliche Großmacht ist, die adäquat behandelt sein will. Eine politische und militärische Macht ist das Land sowieso und immer geblieben. Weshalb sonst legt Barack Obama so viel Wert auf eine konstruktive, störungsfreie Bilateralität? Kein Abrüstungsprojekt der US-Regierung ist ohne Russland möglich, schreibt die Moskauer Nessawissimaja Gaseta mit einer gewissen Genugtuung. Für mögliche Iran-Sanktionen gilt das Gleiche, ließe sich ergänzen.
Visier eines Schnellfeuergewehrs
Nach den unterkühlten Treffen im Sog des Kaukasus-Krieges vom August 2008 waren die letzten Begegnungen zwischen Kanzlerin Merkel und Präsident Medwedjew am 16. Juli im Schloss Schleißheim bei München wie auch Mitte August in Sotschi deutlich entspannter. Nachdem die NATO-Russland-Partnerschaft nicht länger suspendiert bleibt und ein neues Partnerschaftsabkommen mit der EU in Aussicht steht, gilt im Westen das Appeasement der Normalität.
Für den Kreml sind weitere Jahre mit Merkel kein Alptraum, wenngleich man sich ebenso mit einem Regierungschef Steinmeier arrangieren könnte, wenn eine Politik des Interessenausgleichs und der Konfliktdiplomatie gelingen soll. Zwar war der deutsche Wahlkampf in den russischen Medien eher ein Thema der gedämpften Relevanz, doch fühlten sich Zeitungen wie Moskowskij Komsomolez oder die Unabhängige Militärrundschau (Nesawissimoje wojennoje obosrenije) angesichts einer denkbaren Mitte-Rechts-Regierung aus CDU/CSU und FDP angeregt, an den Part der Freien Demokraten bei der neuen Ostpolitik Willy Brandts in den frühen siebziger Jahren zu erinnern. Insbesondere den des damaligen Vizekanzlers und Außenministers Walter Scheel.
Suspekt bleibt allein ein von deutschen Politikern und Medien forcierter Menschenrechts-Diskurs, bei dem aus dem Vollen geschäumt wird, bis die Frage einer Mitfinanzierung der Opel-Zukunft durch die russischen Sberbank den Gesinnungsethikern die Syntax beschleift. In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung vor einer Woche, am 20. September, meinte Präsident Medwedjew: „Es gibt … viele Stereotype aus der Zeit des Kalten Krieges. Auf uns schaut man tatsächlich noch immer wie durch das Visier eines Schnellfeuergewehrs.“
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