Kontrolliert im Sperrbezirk

Blicke Nora Bossong hat eine lange Ich-Reportage über das Sexgewerbe geschrieben. Den Milieus dort kommt sie nicht so richtig nahe
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 09/2017
Die Hamburger Reeperbahn ist bekannt für ihr Geschäft mit dem Sex
Die Hamburger Reeperbahn ist bekannt für ihr Geschäft mit dem Sex

Foto: Arnulf Hettrich/imago

Bei Ich-Reportagen, mahnen Journalismushandbücher, ist Vorsicht geboten. Das hat viele Gründe. Der wichtigste ist, dass eine gut gewählte Hauptfigur meistens besser zum Thema passt als ein Schreiber-Ich, das wahlweise Burka trägt (mutig!), unter Tage fährt (düster!) oder auf einer Flüchtlingsroute läuft (beschwerlich!). Für ein paar Recherchestunden wohlgemerkt. Denn die Ausdauer der Reportage-Ahnen, wie George Orwell oder Günter Wallraff, hat eben nicht jede und jeder Nachkomme. Und die meisten schreiben auch noch schlechter.

Das zumindest ist bei Nora Bossong nicht der Fall. Bossong, Jahrgang 1982, schreibt vor allem Literatur, meistens bessere (Webers Protokoll), manchmal schlechtere (36,9°). Ab und zu schreibt sie auch Reportagen. U