Wie aus dem Nichts sind die Nebentätigkeiten von Abgeordneten ein Megathema geworden. Medien berichten darüber und viele Politiker meinen auf einmal, sich dazu äußern zu müssen. In den letzten Jahren war es nur eine kleine Minderheit von Abgeordneten, die ihre Einkünfte – inklusive aller Nebentätigkeiten – veröffentlicht hat. Noch weniger Mandatsträger forderten dies auch von ihren Kollegen ein. Sie wurden belächelt und verspottet, war es doch eher ein Gütesiegel, wenn man „nebenbei“ vielen Tätigkeiten nachging, einen „guten“ Kontakt zur Wirtschaft aufweisen konnte. Nun aber ist so viel öffentlicher Druck entstanden, dass die Abgeordneten ihre eigenen Regeln infrage stellen.
Ein Abgeordneter ist laut Grundgesetz nur „seinem Gewissen verpflichtet“. Tatsächlich geben oft Parteiräson und Fraktionsdisziplin vor, welche Politik Mandatsträger vertreten und wie sie am Ende abstimmen. Schon darüber lässt sich streiten. Schlimmer ist allerdings, wenn der Eindruck entsteht, dass einzelne Politiker sich durch Lobbyisten und große Unternehmen beeinflussen oder gar kaufen lassen. Lukrative Nebenjobs von Abgeordneten befeuern solche Befürchtungen. Denn eigentlich sollten die Diäten (seit 1. Januar 2012 monatlich 7.960 Euro, ab 1. Januar 2013 monatlich 8.252 Euro) und die üppige Altersentschädigung doch dafür sorgen, dass jeder Mandatsträger seiner Arbeit unabhängig nachgehen kann. Man könnte also behaupten, dass Nebenjobs genau diesem Verständnis widersprechen.
Ich halte es nicht für verwerflich, wenn beispielsweise ein Anwalt, der in den Bundestag gewählt wird, ab und an noch einen Fall übernimmt, um nicht ganz den Anschluss in seinem eigentlichen Job zu verlieren. Er will sich nicht völlig abhängig vom Abgeordnetenmandat machen, und er weiß auch nicht, ob die Abgeordnetentätigkeit nach vier Jahren bereits wieder endet. Doch neben Abgeordneten, die als Nebentätigkeit weiter ihrem vorherigen Beruf nachgehen, gibt es eine Reihe von Parlamentariern, die für wenig Aufwand viel Geld von Unternehmen kassieren. Sie sitzen in Aufsichtsräten (eine wichtige Aufgabe, wenn man ihr denn ernsthaft nachgeht) oder sie halten gut bezahlte Vorträge vor ausgewähltem Publikum. An solche Jobs kommen Abgeordnete und Minister nur, weil sie durch die Politik bekannt geworden sind und Einfluss gewonnen haben. Jeder Politiker, der damit viel zusätzliches Geld verdient, muss sich deshalb der Kritik aussetzen, dass er seine Unabhängigkeit verlieren könnte. Die meisten Geldgeber aus der Wirtschaft werden eine Gegenleistung für ihre Großzügigkeit erwarten.
Zeitlich nicht möglich
Um dies klarzustellen: Jeglicher Nebenerwerb ist in Deutschland vollkommen legal. Genauso erlaubt ist es, dass Mandatsträger hohe Spenden von Unternehmen annehmen. Bei einigen Politikern artet dieses Nebengeschäft aber so aus, dass sie für Vorträge und andere Tätigkeiten deutlich mehr bekommen, als sie als Abgeordnete verdienen. Ist das noch verhältnismäßig? Können diese Volksvertreter ihrem eigentlichen Job – selten weniger als 60 Wochenstunden – überhaupt noch gewissenhaft nachgehen? Ich kann beide Fragen nur mit einem klaren Nein beantworten. Als ich mein Buch („Wir Abnicker“, Econ 2010) schrieb, bin ich zeitlich absolut an meine Grenzen gestoßen. Meine Ferien und freien Tage musste ich dafür verwenden, und häufig saß ich bis spät in der Nacht am Schreibtisch. Schnell wird selbst der bestorganisierte Politiker sein eigentliches Mandat vernachlässigen.
Doch in Deutschland leistet man sich einen eigenartigen Umgang mit Nebentätigkeiten. Lange war fast niemand bereit, über Einschränkungen nachzudenken. Selbst die vollkommene Offenlegung der Entlohnungen der Nebenjobs wollte eine Mehrheit hartnäckig verhindern. Man konnte sich nur auf die bislang gültige Regel einigen, dass Nebentätigkeiten zwar offengelegt, die Verdienste daraus aber lediglich in drei Stufen angegeben werden müssen (Stufe 1 erfasst einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte von 1.000 bis 3.500 Euro, Stufe 2 Einkünfte bis 7.000 Euro und Stufe 3 Einkünfte über 7.000 Euro).
Dieser Missstand existierte fast unbemerkt von der Öffentlichkeit. Nur wenige Medien berichteten, und die wenigen selbstkritischen Abgeordneten konnten ignoriert werden. Doch dann wurde Peer Steinbrück Kanzlerkandidat. Auf einmal konnte der Aufschrei gar nicht laut genug sein. Journalisten und Politiker überboten sich förmlich darin, das Thema zu skandalisieren. Besonders auffällig, dass schwerpunktmäßig konservative Medien und Politiker plötzlich zu großen Transparenzbefürwortern mutierten und Steinbrück attackierten. Die Grenze des Populismus wurde vor allem von den drei Generalsekretären von CDU, CSU und FDP deutlich überschritten. Denn als nur kurze Zeit später alle Oppositionsparteien Vorschläge unterbreiteten, alle Einkünfte in Zukunft völlig transparent offenzulegen, gab es erst mal einen Rückzieher. Was von Steinbrück eingefordert wurde, sollte doch bitte nicht für alle Abgeordneten gelten. Dass zu den 20 Großverdienern bei den Nebeneinkünften 18 aus den Reihen der Koalition stammen, ist sicherlich ein Grund für ihre plötzliche Zurückhaltung.
Transparenz den Wählern geschuldet
Bei aller gerechtfertigten Kritik kann es nicht darum gehen, einzelne Nutznießer zu brandmarken. Wichtig ist es, die Regeln deutlicher zu ändern. Eine Hetzjagd anzuzetteln, aber sich dann gegen die eingeforderte Transparenz zu wehren, ist ein Verhalten, das der gesamten Diskussion schadet. Am liebsten wäre es vielen Politikern gewesen, die Büchse der Pandora doch wieder zu schließen. Sonst fragen am Ende immer mehr Bürger, wer gut nebenbei verdient. Schließlich war der Druck in der Öffentlichkeit dann aber doch zu groß, um bei der alten Regelung zu bleiben. In der Rechtsstellungskommission konnten sich Union und FDP zumindest dazu durchringen, statt drei, nun zehn Stufen einzuführen, welche Einkünfte bis 250.000 Euro offenlegen. Allerdings sollen monatliche Einkünfte unter 1.000 Euro weiterhin nicht angezeigt werden. Der Vorschlag der Opposition für die vollkommene Offenlegung wurde erneut abgelehnt. Also ein wenig mehr Transparenz, ein kleiner Fortschritt, aber sicher kein Durchbruch.
Das Ziel muss völlige Transparenz und Auflistung aller Einkünfte, Vergünstigungen und Nebentätigkeiten sein. Schutzwürdige Interessen Dritter müssen allerdings gewahrt bleiben. Soweit gesetzliche Zeugnisverweigerungsrechte oder Verschwiegenheitspflichten bestehen, muss der Abgeordnete über den Vertragspartner keine Angaben machen. Rechtsanwälte müssen daher Einzelheiten aus ihrem Mandantenverhältnis nicht offenlegen, sollten aber verpflichtend angeben, aus welcher Branche ihre Mandanten kommen.
Genau diese Offenheit sind wir unseren Wählern schuldig. Sie sind unsere eigentlichen Arbeitgeber und haben deshalb ein Recht zu wissen, für wen und was wir nebenbei noch arbeiten. Völliger Unsinn ist deshalb die Aussage von einigen Regierungspolitikern, dass wir keinen gläsernen Bürger und auch keinen gläsernen Abgeordneten wollen. Erstens hat kein Mensch gefordert, dass wir Politiker unser Privatleben offenlegen, und zweitens werden wir von den Bürgern bezahlt und nicht andersherum. Und nebenbei bemerkt: Was verlangen wir nicht alles für Offenlegungen von Arbeitslosen, bevor wir ihnen staatliche Unterstützungen zukommen lassen. Im Vergleich dazu ist die Transparenz bei Abgeordneten ganz sicher eine Kleinigkeit.
Verrechnung mit Diäten?
Die meisten Arbeitgeber untersagen ihren Mitarbeitern jeglichen zusätzlichen Job. Die Transparenz ist deshalb nur eine absolute Grundlage. Meines Erachtens müssten wir zusätzlich auch eine Begrenzung der Nebentätigkeiten einführen. Zu viele Nebentätigkeiten mindern nicht nur die Unabhängigkeit, sondern führen auch dazu, dass Abgeordnete ihrem Mandat nicht mehr in vollem Umfang gerecht werden können. Wir müssen eine Debatte führen, wo die Begrenzung beginnen und ob beispielsweise ein Teil der Nebeneinkünfte mit den Diäten verrechnet werden sollte. Wenn dies passiert, kann man sicher sein, dass sich jeder genau überlegt, was er noch bereit ist, nebenbei zu erwirtschaften.
Darüber hinaus brauchen wir eine breite Diskussion über das schlechte Image von Berufspolitikern. Dazu gehören die Nebentätigkeiten, aber auch der Umgang mit Lobbyisten, das Parteiensponsoring, Spenden, Bastapolitik und das Verhältnis zwischen Regierung und Parlament. Wir müssen vor allem die Frage beantworten, wie wir Abgeordneten selbst dazu beitragen, unser Ansehen wieder zu verbessern und das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. Dazu brauchen wir den Druck der Öffentlichkeit und die kritische Berichterstattung der Medien, genauso wie die Aufklärungsarbeit von Organisationen wie LobbyControl und Transparency.
Trotz der einseitigen Personalisierung ist es gut, dass die Debatte endlich richtig in Gang gekommen ist. Wir dürfen nicht aufhören, uns einzumischen, auf Missstände hinzuweisen und Vorschläge zu machen. Wichtig ist dabei, dass Abgeordnete auch ohne weiterführende Regelungen mit gutem Beispiel vorangehen und sich in ihren Reihen für weitere Fortschritte einsetzen. Gut, dass mittlerweile immer mehr so denken und die Außenseiterrolle nun die absoluten Verweigerer aufgedrückt bekommen.
Marco Bülow ist SPD-Bundestagsabgeordneter
Kommentare 18
§ 9 Nebentätigkeit
Jede entgeltliche oder das Arbeitsverhältnis beeinträchtigende Nebenbeschäftigung ist nur mit Zustimmung des Wählers zulässig.
Also der Abgeodneter kennt zwei Arbeitsbereiche einen öffentlichen Haupttätigkeitsbereich und einen quasi nichtöffentlichen Nebentätigkeitsbereich somit ist er einem Dualismus verstrickt zwischen Volksvertretung und Zusatzverdienst.Das Geld ist der Fürst dieser Welt.Alles traurig und scheinheilig
Ich frage mich schon lange, ob denn Steinbrück nobelpreisverdächtig ist? dass er mehr als jede/r professor/in pro vortrag verdient? und warum hören wir nichts von diesen unglaublichen weisheiten im bundestag, wofür wir wähler/steuerzahler ihn bezahlen? jeder arbeitnehmer muss seine nebeneinkünfte offenlegen und sich vom arbeitgeber genehmigen lassen, wo also ist das problem? ausser in dem habitus des "überfliegers", der "die da oben" zu seinen freunden zählt und das gemeine volk nicht bedienen will?
warum ist Steinbrück in der SPD? er bedient nur den mainstream.
Völliger Humbug. Destoweniger ein Abgeordneter im Parlament macht, umso geringer ist der Schaden. Hätten unsere EU-Konstukteure ihre Zeit im Bordell abgesessen, wäre die Zeche, die wir jetzt zahlen müssen, wohl kleiner ausgefallen. Immer antizyklisch denken.
Auch hier im Beitrag (wie praktisch überall derzeit....) wird mit keinem Wort auf die 180.000 Euro hingewiesen, die jedem MdB zur Verfügung gestellt werden, um für seine parlamentarische Arbeit Personal zu beschäftigen.
Nirgends kann ich Daten finden, welche MdB´s dieses Personalbudget nutzen - ich gehe sehr stark davon aus, dass es jeder ausschöpft.
Frage: Warum müssen die Steuerzahler hier nochmal pro Abgeordneter enorme Summen aufbringen, wenn doch anscheinend die Abgeordneten selber gar nicht mit ihrer Tätigkeit als Parlamentarier ausgelastet scheinen.
Jene die Nebentätigkeiten ausüben, sollten zumindest das Personalbudget nicht in Anspruch nehmen dürfen, bzw. ihr Personal selber bezahlen!
Aber es scheint müßíg darüber zu schreiben, sich zu wundern oder zu kritisieren, schließlich leben Parlamentarier in einem selbst kostituierten Versorgungsschlaraffenland und viele Bürger sind sogar der Meinung sie erhielten noch viel zu wenig materielle Zuwendungen - da ja nur viel Geld Klugheit anzuziehen scheint.
Sorry - nur mal das Beispiel Steinbrück - kann mir hier einer im Forum ein Beispiel nennen, welches diesen Menschen als klugen Zeitgenossen (eigene erfolgreiche Projekte - außer seine persönliche materiell erfolgreiche Machtkarriere! Oder wurde er etwa nur bezahlt, weil er sich selber gut gemanagt hat?) erweist.
Wir werden immer wieder bei der Frage nach Moral, Gier und Zukunftsfähigkeit landen - machen wir weiter wie bisher, dürfte jede Horrorvision letztlich irgendwann eintreten.
das ist der Maximalpessimismus - ähnlich dem, der da hofft, S21 möge sich als zehnfach teurer erweisen - da man dann keine Löcher in anderen Städten mehr graben kann.....
Da sollte man doch fragen - warum überhaupt noch die Hoffnung auf ein Regulativ genannt Staat setzten - holen wir doch gleich unsere Knüppel wieder heraus..... - bitte nicht als Kritik verstehen - Ihr Einwand ist - wenn auch wohl ironisch gemeint - der Realität näher als wir uns wohl eingestehen möchten.
Ich bin ein recht optimistischer Nihilist und verstehe Ihre Antwort keineswegs als Kritik und obwohl mein Grundgedanke tatsächlich ironisch geprägt war, komme ich beim genaueren hindenken verstärkt zur These, dass dies vielleicht tatsächlich eine Lösung sein könnte.
Hartz V - für Politiker.
"Was verlangen wir nicht alles für Offenlegungen von Arbeitslosen, bevor wir ihnen staatliche Unterstützungen zukommen lassen. Im Vergleich dazu ist die Transparenz bei Abgeordneten ganz sicher eine Kleinigkeit."
Ein treffender Vergleich! Analog betrachtet, sollten bei bestimmten Beträgen die Abgeordnetendiäten angerechnet werden.
Bei Arbeitnehmern achtet der Arbeitgeber darauf, ob sich die Nebentätigkeit nicht negativ auf seinen Job auswirkt, zum einen was die gesetzliche Arbeitszeit, zum anderen den Wettbewerb zum Job betrifft. Hier gehen Arbeitgeber häufig sehr kleinlich vor, auch rechtswidrig.
Für Mandatsträger in öffentlichen Ämtern, insbesondere für Parlamentarier, müssen Transparenzregeln gelten, die über das normale Maß für Arbeitnehmer hinausgehen.Jede Nebentätigkeit, die mit Entgeltleistungen verbunden ist, sollte mit Angabe des Veranstalters, des Themas, des Ortes, der Veranstaltungsdauer, der zeitlichen Inanspruchnahme (eigene Ausarbeitung, wenn nicht wer? und Reisezeiten) und der Bezahlung angegeben werden.
Diese Liste ist öffentlich einsehbar und jedermann zugänglich. Unterlassene oder falsche Angaben sollten mit Bußgeldern und im Wiederholungsfall mit dem Verlust des Mandats geahndet werden können.
Ich bin sicher, dass die neue Transparenz für eine verbesserte "politische Hygiene" sorgen würde.
Marco Bülow schreibt:
"Denn eigentlich sollten die Diäten (seit 1. Januar 2012 monatlich 7.960 Euro, ab 1. Januar 2013 monatlich 8.252 Euro) und die üppige Altersentschädigung doch dafür sorgen, dass jeder Mandatsträger seiner Arbeit unabhängig nachgehen kann. Man könnte also behaupten, dass Nebenjobs genau diesem Verständnis widersprechen."
Hört sich fast bescheiden an. Was ist mit den anderen geldwerten Vorteilen? Eine kostenfreie Jahresnetzkarte für die Bundesbahn gehört dazu (1. Klasse: 6.690 €). Die monatliche steuerbefreite Kostenpauschale von 4.029 Euro, über die der Abgeordnete keine Rechenschaft ablegen muss und die jährlich an die Lebenshaltungskosten nach oben angepasst wird. Manch einer erhält noch Funktionsbezüge: Fraktionsvorsitzende, Parlamentarische Geschäftsführer, Ausschussvorsitzende… [Ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD bekommt monatlich 3541 €.] Dann gibt es noch bis zu 15.053 € für die Mitarbeiter, die ein Bundestagsabgeordneter benötigt, damit der Abgeordnete überhaupt in die Lage versetzt werden kann, seine Arbeit zu bewältigen.
Vor fast zwei Jahren ist eine Studie über die Abgeordneteneinkünfte angefertigt und von der Welt vorgestellt worden ist und ein fast überraschendes Ergebnis zutage förderte: Die Abgeordneten stehen weit besser da als sie behaupten. Dazu Die Welt:
"Wer viel Geld verdienen will, geht nicht in die Politik, sondern in die freie Wirtschaft. Dieses Argument hat fast jeder Politiker wie auf Knopfdruck parat, wenn er von seinen Wählern mal wieder als raffgieriger Abgeordneter hingestellt wird. Und bislang klang diese Argumentation überzeugend. Die landläufige Meinung ist, dass die Vertreter im Bundestag zwar gut verdienen – im Vergleich zu den Managern in der Wirtschaft aber deutlich kleinere Lohntüten bekommen. (…) Demnach verdiente ein Bundestagsabgeordneter im Jahr 2006 inklusive Nebeneinkommen rund 106.000 Euro brutto im Schnitt – und damit 30.000 Euro mehr als Führungspersönlichkeiten in anderen Berufen. Selbst als die Forscher das Einkommen eines Politikers ausschließlich mit dem eines vergleichbar gebildeten und vergleichbar alten Managers verglichen, verdienten die Staatsdiener mehr: rund 15 Prozent und damit 18.000 Euro im Jahr. "Diese Zahlen relativieren eindeutig die Behauptung, Politiker könnten in der freien Wirtschaft mehr verdienen", schreiben die Autoren in der Studie. Besonders über ihre Nebentätigkeiten schraubten viele Abgeordnete dabei ihr Einkommen in die Höhe."
Die Politiker haben den Vorteil, über ihr eigenes Einkommen bestimmen zu können. Darüber hinaus genießen sie das Privileg, in den Medien wirksam über ihre hohe Arbeitsbelastung und die vergleichsweise moderate Bezahlung jammern zu dürfen. Keine Berufsgruppe, vielleicht noch die Ärzte, zeigt so häufig auf ihren vermeintlich klamm gefüllten Geldbeutel.
Die Abgeordneten sehen sich auf einer Ebene mit den Bundesrichtern, die in R6 besoldet werden. In der selben Gehaltsstufe sind auch der Präsident eines Oberlandesgerichts oder der Präsident eines Oberverwaltungsgerichts. Kleine Unterschiede gibt es dennoch. Die Präsidenten führen Gerichte mit bis zu 100 Richterplanstellen, und sie unterliegen den beamtenrechtlichen Bestimmungen: Nebenbeschäftigungen bis max. 400 € und keine Annahme von Geschenken.
Im übrigen ist es nicht unbedingt die fachliche Qualifikation, die den Politiker für Veranstaltungen interessant macht, sondern die mit dem Amt verbundene Bekanntheit, bzw. Attraktivität. Je näher einem Ministeramt, desto größer die Nachfrage.
Guten Abend Herr Bülow,
schön wieder mal von Ihnen zu hören.
Das sind, wie Sie schon festgestellt haben, überfällige Forderungen, die selbst für ein Schulkind völlig einleuchtend klingen. Ob der gierige Teil ihrer Kollegen das zu geben wird? schliesslich waren und sind die ja so erfolgreich im Stillschweigen bei dir Art Selbstbereicherung.)
Aber ich bin von Natur optimistisch, und die Evolution des menschlichen Bewusstsein macht manchmal auch Quantensprünge. LG und schönen WE, Nil
Was eigentlich, wenn Politiker zur Haupttätigkeit geraten sollte?
Wie definiert man da Nebentätigkeiten (für die man ggf.auch rechn ungen erstellt?)
Diese ganze verlogene, von der CDU, losgetretene Debatte, die ja nichteinmal das Zeugs zu einer hat zeigt lediglich, auf welchen Grad von Verlogenheit sich Politiker einzustellen haben, sollten sie ihre Wähler repräsentieren wollen.
Die meisten tun ja genau das.
Was für eine verlogene Bande!
Guter Mann!
(alte) Frage: „Gibt es eigentlich Arbeiter im Bundestag?“
(genauso alte) Antwort: „Ja, wenn die Heizung kaputt ist“.
---
>>Ich halte es nicht für verwerflich, wenn beispielsweise ein Anwalt, der in den Bundestag gewählt wird, ab und an noch einen Fall übernimmt, um nicht ganz den Anschluss in seinem eigentlichen Job zu verlieren. Er will sich nicht völlig abhängig vom Abgeordnetenmandat machen, und er weiß auch nicht, ob die Abgeordnetentätigkeit nach vier Jahren bereits wieder endet.<<
Versuchen wir mal nicht die Perspektive der Partei der Anwälte: „Jeder Bürger/in erhält bei Beendigung seiner/ihrer Arbeit aufgrund von Kündigung, Nichtwiederwahl oder Geschäftsinsolvenz ein durch von jedem Bürger zu entrichtende Beiträge finanziertes lebensunterhaltsicherndes Arbeitslosengeld. Darüber hinaus ist die berufliche Neuorientierung durch ein geeignetes Schulungsangebot zu unterstützen.“
---
>>Darüber hinaus brauchen wir eine breite Diskussion über das schlechte Image von Berufspolitikern.<<
Die gibt es schon sehr lange. Und sie beeinflusst die Vorgänge in der sogenannten "repräsentativen Demokratie" in keinster Weise: weil eben der "Repräsentant" sich nach der Wahl erst mal nicht mehr drum scheren muss, was die Wähler erwartet haben könnten. Es spielt ja auch keine Rolle, wie viele der Wahlberechtigten überhaupt noch wählen.
Leider wird die Diskussion über Nebeneinkünfte von Abgeordneten nur selten differenziert geführt. Als Aufhänger wird grundsätzlich Peer Steinbrück genannt, sodass er er als Projektionsfläche für die in der Bevölkerung anzutreffende postdemokratische Politikverachtung bzw. deutsche Neidkultur dient.
Dies wird der SPD die Wahlsiege 2013 und 2014 kosten, denn nicht Inhalte, sondern Renommee entscheiden Wahlen, und Steinbrücks ist irreparabel beschädigt. Mit Steinbrück ist ein Sündenbock gefunden, der von der Scheinheiligkeit der das Bürgertum repräsentierenden Parteien CDU, FDP und CSU ablenkt. Daher wird Frau Merkel höchstwahrscheinlich durchregieren können bis 2017, denn Schwarz-Gelb kann das Thema in Ruhe aussitzen, während die Empörung die SPD zu spüren bekommen wird.
>>Als Aufhänger wird grundsätzlich Peer Steinbrück genannt,..<<
Dass vom grundlegenden "Systemfehler" der repäsentativen Demokratur abgelenkt wird ist systemimmanent. Natürlich ist Steinbrück ein Wahlkampfthema. Und natürlich wird das so frühzeitig aufgekocht, dass der Koalitionspartner höchstens, wenn überhaupt, mit leichten Blessuren in die Wahl gehen wird. (Bis dahin werden noch 300 andere Schlagzeilen ins Land gekübelt und das heutige Steinbrück-Thema wird längst vergessen sein.) Dann gibt es eben endgültig keine Neuauflage Regierung von 1998-2005, aber die wahr ohnehin unwahrscheinlich. Und die Agenda 2020 wird daran nicht scheitern.
---
Zur Erinnerung daran, wie’s halt so zugeht:
Die Rolle des "engsten Kanzlerberaters" Robert Pferdmenges, einer der Weichensteller für die neue BRD, wurde massenmedial sehr tief gehängt.
Der hochkorrupte Bundesatomminister, Bundeswiederaufrüstungsminiminister, Bundesfinanzminister Franz Josef Strauss war bayerische Folklore.
Was der Abgeordnete Geldner zu berichten hatte, war ein bedauerlicher Unfall der repräsentativen Demokratur. Ebenso Julius Steiner.
Kohls Flick-Connection war auch nur ein kurzes Thema, kein Grund zum Zweifel am System. Ebenso die schreiberschen Geldkoffer.
Oder die "Affäre Wulff": Na ja, ein einziger Minsterpräsident von Niedersachsen, was ist das schon? Und er ist doch als Bundespräser zurückgetreten, na bitte!
Jetzt eben Steinbrück.
Und morgen ein anderer Einzelfall.
Wenn nur die Standarts wie sie hier formuliert sind, (Bemerkenswert von einem spdler neuerer Prägung) und dem was im GG steht, umgesetzt würden, wären Lobbyisten mal endlich vor der Bundestagstür, ohne die massive Einschaltmöglichkeiten, um Gesetze in ihrem Sinn zu verwässern etc.. Dann würde mal wirklich umgesetzt, dass alle Macht vom Volke ausgeht.
Mehr wollen wir doch auch nicht!
Welche These bestätigt werden wird, kann man nur herausfinden, wenn man sich während der kommenden Wahlkämpfe bis zur Bundestagswahl 2013 in der Nähe von SPD-Wahlkampfständen aufhält und beobachtet, ob den Genossinnen und Genossen Hasstiraden entgegengeschleudert oder ob ernsthafte Dialoge zwischen Passantinnen oder Passanten und der Partei entstehen werden.