Langer Abschied

Macht Die Thüringer CDU ist nach 25 Jahren erstmals in der Opposition. Das hat sie vor allem sich selbst zu verdanken: Politik ist mehr als nur Parteiarbeit
Ausgabe 50/2014

Es war einmal ein Bundesland im Westen, das war von seinen ersten Ministerpräsidenten zu hoher Blüte geführt worden. Dass diese Ministerpräsidenten der CDU angehörten, ist heute fast bedeutungslos. Der erfolgreichste von ihnen war Helmut Kohl. Er verließ das Land um Bundeskanzler zu werden. Sein Nachfolger wurde Bernhard Vogel. Auch er war ein ausgezeichneter Regierungschef. Das Land, Rheinland-Pfalz, blühte weiterhin. Es wurde belächelt, dass Kohl ihn als Nachfolger nicht hatte haben wollen. Dann aber registrierten aufmerksame Beobachter, dass Vogel besonders draußen im Land geliebt wurde. Je näher man an Mainz, an die Staatskanzlei herankam, umso mehr nahm die Liebe ab. Schließlich bildete sich in der CDU eine Fronde gegen Vogel. Sie stürzte ihn als Parteivorsitzenden und er trat als Ministerpräsident zurück. Die Partei, die er hinterließ, war in einem jämmerlichen Zustand. Sie verlor die nächste Wahl und dabei blieb es bis heute.

Jahre später, in Thüringen, wurde Bernhard Vogel wieder Ministerpräsident. Er regierte das Land hervorragend. Ringsum konnte man neidisch sein auf Thüringen und auf die Politik, die in Erfurt gemacht wurde. Aber Vogel war schon recht alt. Mit ihm konnte es nicht immer weitergehen. Neuer Ministerpräsident wurde Vogels Zögling Dieter Althaus. Nun ging es zwar mit dem Land nicht bergab, doch dass Thüringen mit dem Nachfolger Glück gehabt habe, mochte schon bald niemand mehr sagen. Sein Abgang vollzog sich unglücklich, aber auch unrühmlich. Die Partei, die er zurückließ, war zerstritten. Daran konnte Nachfolgerin Christine Lieberknecht nichts mehr ändern. Sie musste froh sein, dass der Laden halbwegs zusammenhielt. Führen konnte sie die Landes-CDU, die ihr Vogel und Althaus hinterlassen hatten, kaum noch. So war es nicht verwunderlich, dass trotz der guten Daten, mit denen das Bundesland immer noch aufwarten kann, die Regierungspartei bei der jüngsten Landtagswahl scheiterte.

Was lehrt uns das? Es lehrt uns, dass ein erfolgreicher Politiker zweierlei können muss: Er muss ein guter Mann der Administration sein, er muss die Staatskanzlei und sein Kabinett führen und das Parlament, zumindest aber die Regierungsfraktion, immer wieder für seine Pläne gewinnen. Er muss aber auch ein guter Bandenführer oder Mannschaftskapitän sein, der ohne jeden Amtsbonus, ohne administrative Gewalt seine Leute im Land, in der Partei und in der Fraktion auf seine Linie bringt und dort auch hält, ohne dass sich Verdruss ausbreitet. Er muss darauf achten, dass innerparteiliche Opposition sich nicht zur Fronde bildet. Die mag zwar lange machtlos bleiben, aber am Ende nimmt er stets schweren Schaden. Das ist jetzt in Thüringen passiert wie zuvor in Rheinland-Pfalz. Zur Erholung braucht es viel Zeit.

Der Autor und Journalist Jürgen Busche schreibt in seiner Kolumne Unter der Woche regelmäßig über Politik und Gesellschaft

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