Die Traktoren aus dem Süden sind vermutlich schon unterwegs, sie brauchen ja ein paar Tage bis Berlin. Dort treffen sich am 19. Januar Bäuerinnen, die der Schuldenspirale der Intensivlandwirtschaft entkommen wollen, mit Bürgern, denen Tiere, Natur und Umwelt am Herzen liegen. Bäcker, Imker, Schweinezüchter und Naturfreunde gehen gemeinsam auf die Straße – für gesundes Essen und gegen Agrarindustrie, für eine bäuerliche Landwirtschaft und gegen Gentechnik, für Klimaschutz und gegen Konzernübermacht. Es ist die neunte Demo und längst ein rituelles Treffen für alle, die verstreut über ganz Deutschland an der Agrarwende arbeiten und dabei fühlen: Wir sind viele!
Ein Bündnis aus unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen ringt dabei stets um Positionen. Manche Bäuerin rauft die Haare, was Tierschützer von ihr wollen, schimpft aber nicht, sondern diskutiert und sucht nach Lösungen – die Zivilgesellschaft in Bestform.
Wenn nun am kommenden Dienstag beim Agrarkongress des Bundesumweltministeriums diskutiert wird, wie ein neuer Gesellschaftsvertrag ausgehandelt werden könnte, für eine Landwirtschaft, die Bauern und Bienen gleichermaßen leben lässt, dann haben die „Wir haben es satt“-Demonstranten dafür den Boden bereitet.
Längst hat die Bewegung die Agrarindustrie aufgeweckt: Lidl listet Bioland, lädt zum Nachhaltigkeitsdialog, Aldi verkauft Neuland-Fleisch, Supermärkte entwickeln Tierwohllabel und die Geflügelwirtschaft fragt Tierschützer nach dem Stall der Zukunft. Es geht nicht weiter wie bisher, diese Botschaft ist bei fast allen angekommen.
Trotzdem deutet bislang nichts darauf hin, dass sich das CDU-geführte Bundeslandwirtschaftsministerium für eine Agrarwende einsetzen wird. Das ist tragisch, denn 2019 wird in Brüssel über die Zukunft der EU-Agrarpolitik verhandelt.
Dabei geht es gar nicht um revolutionäre Forderungen. Was die Wir-haben-es-satt-Leute fordern, hat die Bundesregierung längst selbst beschlossen oder in internationalen Vereinbarungen unterzeichnet. Die UN-Nachhaltigkeitsziele, die Biodiversitätskonvention, das Pariser Abkommen, Tierschutz als Staatsziel – all das verlangt eine andere Agrarpolitik. Wenn 2019 die neunte Wir-haben-es-satt-Demo startet, dann ist es höchste Zeit für noch mehr Ungeduld.
Kommentare 2
Die EU Agrarmnister treffen sich schon vor der "Grünen Woche" mit den Vertretern der Agrarchemie, Lebensmittelindustrie etc. und fassen Beschlüsse.
Diese werden dann zur Zeit der Feldbestellung (März/April) oder Ernte (Juli-Oktober) nach und nach verkündet; in Zeiten also in denen ein Bauer seinen Traktor auf dem Acker braucht und nicht demonstrien kann.
Der Verein des Herrn Rudwick nennt sich Bauernverband, aber das ist die Vertretung der Agrarindustrie.
Wie wir täglich aus den Medien erfahren können ist Frau Klöckner nichts anderes als eine Lobbyistin der Agrarindustrie + Co. Wir bräuchten endlich einen Agrarminister/in der/die weiß was Gummistiefel sind!
Ich rufe alle Leser auf, an der Wir-haben-es-satt-Demo teilzunehmen.
Wir wollen dort Unterstützerunterschriften für die Zulassung der Gartenpartei zur Europawahl sammeln.
Wir zählen auf Euch.