Liberale Provokationen

Sicherheit Warum der Innenminister jetzt derart laut für die Verlängerung der alten Anti-Terror-Gesetze trommelt

Hans-Peter Friedrich (CSU), der neue Innenminister, ist kein Haudrauf.Auch wenn er nach seinem Amtsantritt erst mal die völlig überflüssige Debatte vom Zaun brach, ob der Islam zu Deutschland gehört, so mag er eigentlich lieber leise und differenzierte Töne. Vielleicht ist er nicht ganz so intellektuell und strategisch wie sein Vorgänger Thomas de Maizière von der CDU, doch auch Friedrich ist eher ein Teamplayer, der nicht unnötig den Konflikt mit der FDP sucht.

Deshalb wunderte manche, wie laut Friedrich schon seit Wochen eine Verlängerung des 2002 beschlossenen Terrorbekämpfungsgesetzes fordert. Nachdem am Wochenende in Nordrhein-Westfalen drei Islamisten festgenommen worden waren, hakte der Minister gleich nach und drängte, nun müssten die auslaufenden Anti-Terror-Gesetze aber wirklich verlängert werden. Dabei besteht gar kein Zeitdruck.

Es war aber nicht zuletzt die FDP, die das Terrorbekämpfungsgesetz, das am 11. Januar 2012 außer Kraft treten soll, frühzeitig zum Thema gemacht hat. Hinter den Kulissen drohte sie damit, einer Verlängerung nicht zuzustimmen, um ein zusätzliches Druckmittel im verbissenen Kampf um die Vorratsdatenspeicherung zu nutzen.

Die Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten selbst ist kein reines Anti-Terror-Gesetz. Die Polizei will sie am liebsten zur Bekämpfung aller Straftaten einsetzen, zum Beispiel auch gegen Kinderpornographie, Betrügereien am Telefon und illegale Musik-Tauschbörsen. Die Speicherung geht auf eine EU-Richtline von 2006 zurück. Dabei sollen unter anderem die Telefon- und Email-Verbindungsdaten aller Bürger sechs Monate lang gespeichert werden, um sie später für eventuelle Ermittlungen zur Verfügung zu haben. Die Union drängt darauf, die EU-Richtlinie so schnell wie möglich umzusetzen, während die FDP dies so lange wie möglich verhindern will. Derzeit gibt es in Deutschland keine Vorratsspeicherung, weil das Bundesverfassungsgericht im März 2010 den ersten Umsetzungsversuch der Großen Koalition beanstandet hat.

In der Defensive

Doch die FDP ist inzwischen in der Defensive. Eine Ausnahme für Deutschland lässt sich auf EU-Ebene kaum erstreiten, wenn der große Koalitionspartner die Vorratsspeicherung massiv befürwortet, und dabei sogar von der größten Oppositionspartei SPD unterstützt wird. Allerdings kann die FDP auch nicht zurück. Für sie ist die Abschaffung des Generalverdachts gegen alle Bürger eine Herzens- und Identitätsangelegenheit. Wenn die FDP nun anmahnt, jedes Gesetz und jede Vorschrift müsse auf ihren Nutzen überprüft werden, dann zielt dies vor allem auf die Vorratsdatenspeicherung.

Denn das Terrorbekämpfungsgesetz selbst, das 2006 schon einmal verlängert wurde, ist relativ harmlos. Es ermöglicht den Geheimdiensten bei Banken, Telefonfirmen und Fluggesellschaften Erkundigungen über Terrorverdächtige einzuholen. Man hätte gedacht, dass Geheimdienste das schon immer gemacht haben. Hier hat die FDP wenig Ansatz zur Profilierung.

Und die anderen – gewichtigeren – Anti-Terror-Gesetze, die nach 2001 beschlossen wurden, stehen gar nicht zur Verlängerung an, weil sie nie befristet beschlossen wurden. So gilt etwa die neue Zuständigkeit des Bundeskriminalamts für die Terrorabwehr auf Dauer. Hier würde die FDP zwar gerne zentrale Details korrigieren, etwa die Befugnis zum heimlichen Ausspähen von Computern abschaffen. Aber hier finden die Liberalen im Moment keinen Ansatzpunkt – weil es im Bundestag gar nichts zu beschließen gibt.

Christian Rath schreibt als freier Journalist vor allem über Innen- und Rechtspolitik

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