Liu Xiaobo, Harry Wu - Harry Who?

China Buchmesse: Das Gastland China tut sich schwer mit seiner kritischen Intelligenz. Wir wiederum tun uns schwer, auch nur die Namen zu merken. Ein Schnellkurs

./resolveuid/e661ef064c1e2fcc83d4fd8c53a4aa62/image_previewWei Jingsheng

Werdegang: Geboren 1950 in Peking. Beide Eltern politische Kader der KPC. Besuch von Eliteschulen. Überzeugter Maoist. Rotgardist. Mitglied des später verbotenen „Vereinigten Aktionskomitees“. Erste Inhaftierung 1967. Nachdem er von der großen Hungersnot hörte, die Maos Politik verursacht hatte, verließ er die Roten Garden. Arbeitete seit 1972 als Elektriker im Pekinger Zoo. Nach Maos Tod Beteiligung an der Demokratiebewegung. 1978 „Thesenanschlag“ an der Demokratiemauer in Peking. Er fügte den vom Staatsoberhaupt Deng Xiaoping angekündigten „vier Modernisierungen“ eine fünfte hinzu: Demokratie. 1979 Verhaftung. Vorwurf: Geheimnisverrat und konterrevolutionäre Propaganda. Prozess ohne Rechtsbeistand. Urteil: 15 Jahre Zwangsarbeit. Einzelhaft.

Besondere Kennzeichen: Gegen seine Inhaftierung gab es massive internationale Proteste, u.a. von Andrej Sacharow, die keinerlei Wirkung erzielten. Er gilt als Vordenker der chinesischen Demokratiebewegung der 80er Jahre. 1989 blieb ein Protestbrief von 100 chinesischen Intellektuellen ebenfalls ohne Wirkung. 1993 wurde Wei als „Geste des guten Willens“ wegen Pekings Bewerbung für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2000 entlassen. Trotz Warnungen wurde er sofort wieder politisch aktiv. 1994 erneute Verhaftung.

Vorwurf: Umsturzversuch. 1995 Verurteilung zu 14 Jahren Haft. Es folgten wieder weltweite Proteste. Noch in Haft erhielt er 1996 den Sacharow-Preis des EU Parlaments. Ende 1997 wurde er nach einer Initiative Bill Clintons freigelassen und in die USA abgeschoben. Erhielt zahlreiche Menschenrechtspreise. Für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Wird auch als „Vater der chinesischen Demokratie“ oder „chinesischer Nelson Mandela“ bezeichnet

Aktuelle Tätigkeit: Menschenrechtsaktivist. Gründung und Leitung der Overseas Chinese Democracy Coalition zur Vernetzung der Demokratiebewegung. Gründung und Leitung der Wei Jingsheng Foundation zur Förderung der Demokratie und Verbesserung der Menschenrechtslage in China. Unterstützt die chinesische Gewerkschaftsbewegung. Umfangreiche publizistische Tätigkeit zu aktuellen chinesischen Themen. Wöchentliche Kolumne bei Radio Free Asia. Lebt und arbeitet in Washington D.C.

Wei Jingsheng kommt nicht zur Buchmesse.


./resolveuid/59a973add88791e9051fe121cc43d931/image_previewHarry Wu

Werdegang: 1937 in Shanghai geboren. Entstammt der alten Oberschicht. Familie nach 1949 enteignet. Er studierte Geologie in Peking. 1956 wurde er erstmals inhaftiert wegen Kritik an der Kommunistischen Partei Chinas. 1960 wurde er als konterrevolutionärer Reaktionär zur Umerziehung in ein Arbeitslager eingewiesen und verbrachte insgesamt 19 Jahre in 12 verschiedenen Lagern. 1979 Entlassung danach Ausreise in die USA. Dort arbeitete er als Hochschuldozent. 1991 erschien sein erstes Buch über seine Erfahrungen in den Arbeitslagern. 1992 gründete er die Laogai Research Foundation in Washington D.C. mit Mitteln der US-Gewerkschaften.

Besondere Kennzeichen: 1995 reiste Wu mit US-Pass legal in China ein und wurde sofort verhaftet. Vorwurf: Diebstahl von Staatsgeheimnissen. Nach 66 Tagen Untersuchungshaft, die von einer internationale Kampagne für seine Freilassung begleitet waren, wurde er in Schauprozess zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Nach der Urteilsverkündung wurde er aus China abgeschoben.

Aktuelle Tätigkeit: Präsident der Laogai Research Foundation und des China Information Center zur Erforschung und Vermittlung der Geschichte der chinesischen Arbeitslager. Die Laogai Foundation gilt als beste Quelle für Informationen über Arbeitslager in China. Ende 2008 öffnete in Washington das erste Laogai-Museum. Er unterhält gute Verbindungen zu führenden amerikanischen Politikern und Medien. Seit 2008 ist er Verwalter des Yahoo-Fonds zur Unterstützung von Opfern von Internet-Zensur, der aufgelegt wurde, nachdem Yahoo-China Daten von Oppositionellen an Regierungsstellen weitergegeben haben soll. Zahlreiche Publikationen zum chinesischen „Gulag“. Er bewies unter anderem, dass Produkte aus Zwangsarbeit in die EU importiert wurden. Er ist als Experte von vielen nationalen Parlamenten befragt worden und hat bei EU und UN Auskunft gegeben. Zahlreiche internationale Auszeichnungen.

Harry Wu wird an der Frankfurter Buchmesse erwartet.

Die Reihe wird fortgesetzt.

Fotos: Tim Sloan/AFP/Getty Images; Fabrice Coffrini/AFP/Getty Images



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