Lüke, Offliner & Gay Pride

Chronik Nicht alles, was diese Woche unter dem Teppich landete, gehört dorthin: 5 Themen, mit denen sich durchaus Seiten füllen ließen, in aller Kürze analysiert

Gay Pride: Unter Polizeischutz

Während in Rom Hunderttausende Schwule und Lesben den Abschluss der Europride friedlich feierten und Tel Aviv den größten Straßenevent unter der Regenbogenfahne im Nahen Osten erlebte, konnten Paraden in Osteuropa am Wochenende einmal mehr nur unter Polizeischutz stattfinden – jedenfalls in Bratislava und Warschau. Im kroatischen Split musste ein schwul-lesbischer Umzug sogar abgebrochen werden – eine hasserfüllte Menge hatte die Parade unter dem Ruf „Bringt die Homos um!“ mit Steinen, Flaschen und Knallern attackiert. Auch Berlin reiht sich in die Pfingstliste homophober Vorfälle ein: Jugendlich rissen die zentrale Regenbogenfahne des Landes Berlin herunter.

./resolveuid/4f0532915609ceee805ef07e5a9574ffAmnesty: Gestörtes Vertrauen

Sicher hat sich die deutsche Amnesty-Sektion bessere Schlagzeilen zum 50. Geburtstag gewünscht – doch statt über den Kampf für Menschenrechte wird nun über den Umgang mit einer Frau geschrieben. Amnesty hat Generalsekretärin Monika Lüke geschasst, und weil das in der Elternzeit geschah, wittert diese einen Zusammenhang mit ihrer Mutterschaft. „Unfug“, sagt der Vorstand, es gebe ein „gestörtes Vertrauensverhältnis“. Seither kämpfen beide Seiten um die öffentliche Meinung. Die Mitglieder hätten verstanden, sagt der neue Vorstandssprecher Alexander Hülle. „Mein Ruf ist maximal geschädigt“, entgegnet Lüke. Ob und wie viele Kratzer am Amnesty-Image bleiben, wird sich zeigen.

./resolveuid/5e9594394683dafef5b112592880d5c8Ernährung: Geänderte Gewohnheiten

Was im globalen Norden oft eine Sache kritischen Bewusstseins ist, dazu werden weltweit immer mehr Menschen gezwungen: ihre Essensgewohnheiten zu verändern. Spekulation, Biospritpolitik und Klimawandel haben die Preise angetrieben, und wie eine Oxfam-Umfrage jetzt zeigt, müssen deshalb immer mehr Menschen vor allem in ärmeren Ländern zu weniger nahrhaftem Essen greifen. Befragt wurden 16.000 Menschen in 17 Ländern – zwei Drittel finden die Preissprünge beängstigend. Bis 2030, warnt Oxfam, könnten Lebensmittel bis zu 90 Prozent teurer werden. Eine Abkehr von der Teuerungsspirale wäre möglich – doch dazu müssten die G20 ihre Politikgewohnheiten ändern.

./resolveuid/d87451bd008aac7bbb09858f9eedec45Bürgerbeteiligung: Offliner

Die Deutschen würde sich ja schon mehr politisch engagieren, wenn man sie ließe – das will eine von der Bertelsmann-Stiftung bezahlte Umfrage herausgefunden haben. Hoch im Kurs des universellen Gesamt-Mutbürgers stehen direktdemokratische Formen wie Volksbegehren, weniger Zustimmung findet die gute alte Parteimitgliedschaft. Interessant ist: Die demokratischen Potenziale des Internets sind vielen fremd. Online-Voten und E-Petitionen sind für viele keine Wahl. Und natürlich schreiben die Deutschen lieber einen Leserbrief statt zur Demo zu gehen. Vereint ist man dann wieder in der Skepsis: 76 Prozent glauben nicht, dass die Politiker mehr Bürger-Mitbestimmung wollen.

./resolveuid/4a0798fc28055b2560017ce3e98abe7eBernhard Heisig: Anpassung und Dissidenz

Manchen blieb er einfach ein DDR-Staatskünstler – doch mit solchen Schablonen konnte man einem Bernhard Heisig nie beikommen. Anpassung und Dissidenz, es gab beides im Leben des großen Leipziger Malers. Nur zwei Werke, darauf bestand Heisig, habe er im Regierungsauftrag geschaffen: eines für den Palast der Republik, eines für den Reichstag. Seine „Wut der Bilder“, so der Titel einer Retrospektive, schlägt dem Betrachter aus beiden entgegen. Der Krieg, daran erinnerte der frühere Freitag-Herausgeber Christoph Hein, war sein Lebensthema. Heisig hatte die Schrecken als Jugendlicher noch erlebt. Am vergangenen Freitag ist der 87-Jährige in seinem Haus in Strodehne gestorben.

(Fotos: DPA (2), AFP/ Getty Images)


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