Im BMW-Motorradwerk in Berlin-Spandau, Halle 6, läuft das Montageband durch den ganzen Raum im Kreis. Vier-Zylinder-Motoren werden hier gebaut, von 22 Arbeitern im Blaumann – und von einer Handvoll Robotern in Orange, Marke Kuka: Sie stehen an mehreren Positionen entlang des Fließbands zwischen den Arbeitern, mannshoh, in kleinen Käfigen. Machen die Arbeiter Pause, ruhen auch die Roboter. Beginnt die Arbeit von neuem, setzen sich auch die Roboter wieder in Bewegung, schwenken ihre orangenen Greifarme, und heben, pressen, schrauben weiter.
Der „Tour-Guide“ der Werksführung, ein blonder Schlaks mit Namen Peer, erklärt, einer der Roboter führe Verschraubungen mit hohem Drehmoment an den zu bauenden Motoren aus, das sei beschwerlich und mühselig. „Wer will denn schon den ganzen Tag immer die gleichen zwölf Schrauben in so einen Motor reinschrauben?“, fragt er. Der Roboter übernimmt also jene Arbeit, die eintönig und belastend ist. Aber könnte das nicht von aller Arbeit hier gesagt werden? Für das Einbauen der Kupplung etwa, die ein Arbeiter in wenigen Minuten einsetzt und festschraubt, noch einmal prüft, bis schon der nächste Motor herangefahren kommt, dann das Gleiche wieder von vorne, 50 Mal pro Schicht in immer gleichen Bewegungen?
An einer anderen Position am Band hätten früher vier Arbeiter gestanden, sagt Peer, jetzt teilen sich ein Mensch und ein Roboter die Tätigkeit. Auch das sei ein besonders beschwerlicher Arbeitsschritt gewesen, wegen des großen Gewichts, es war also eine Erleichterung, dass der Roboter hier übernommen hat. Und was ist mit den drei Angestellten, die jetzt durch eine Maschine, einen Blechkollegen, ersetzt wurden? „Die machen jetzt was anderes“, sagt Peer. Im Kern hat er die Frage der Automatisierung damit abgedeckt: Roboter entlasten Menschen. Aber sie ersetzen sie auch, weil sie billiger und schneller arbeiten. Die Menschen sind nun in der Lage, etwas anderes zu tun. Etwas anderes als jene Arbeitsschritte, die nun vom Roboter verrichtet werden. Oder etwas anderes als Arbeit überhaupt, wenn wir denn in Zukunft Roboter für uns schuften lassen könnten.
Immer drängender ist das Thema – obwohl seit der Industrialisierung im Kern schon angelegt – in jüngster Vergangenheit geworden: Werden Roboter immer mehr von uns Menschen in naher Zukunft verdrängen und arbeitslos machen? Oder, als Gegenbild zum Angstszenario der drohenden Massenarbeitslosigkeit: Wird Arbeit als solche zu Ende gehen, wenn sie von Maschinen verrichtet wird, sind die Menschen dann endlich frei, ihren Tag mit anderen, sinnvolleren Dingen zu verbringen?
Andrea Nahles zu Besuch
Als die damalige SPD-Ministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, das BMW-Werk in Spandau vor kurzem besichtigt habe, einen Tross Journalisten im Schlepptau, hätten diese eine Frage immer wieder gestellt: „Sie haben ja jetzt immer mehr Roboter im Einsatz. Werden Sie dann dafür Menschen entlassen?“
Das ist auch der Grund, warum die Unternehmenskommunikation der Industrie in Bezug auf das Thema der Automatisierung, nicht nur bei BMW, oszilliert: Auf die Frage, ob nicht alle Arbeiter hier bei BMW prinzipiell durch Roboter ersetzbar wären, vor allem, wenn diese noch besser, billiger, und weniger fehleranfällig würden, sagt eine Pressesprecherin: Eine menschenlose Fabrik, das sei schlechthin nicht vorstellbar, „so filigran und kleinteilig“, wie die Motorradmontage nun mal sei, das könne keine Maschine leisten. Im nächsten Satz erklärt sie, warum überhaupt Roboter eingesetzt werden: Der Qualitätskontrolle, bei der ein Mensch mit freiem Auge prüft, ob an dem Motorrad auch alles richtig ist, folgt eine Kontrolle durch einen optischen Roboter. Er sieht millimetergroße Abweichungen, bei der Schraubenlänge etwa, die ein Mensch gar nicht bemerken würde. Überhaupt strebe man in naher Zukunft eine immer bessere Zusammenarbeit von Mensch und Roboter an, eine „symbiotische, unterstützende Kooperation“, bei der die Roboter, nun mit Sensoren bestückt, damit sie niemand verletzen, aus ihren Käfigen herauskämen, um Seit’ an Seit’ mit ihren Kollegen im Blaumann zu werkeln.
Welche Auswirkungen die zunehmende Automatisierung, durch Digitalisierung ermöglicht, letztendlich wirklich auf die Zukunft der Arbeit haben wird, ist dabei umstritten. Eine Studie der US-Ökonomen Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne schätzte 2013, dass in den USA fast die Hälfte aller Arbeitsplätze, 47 Prozent immerhin, von Automatisierung bedroht seien. Die von John Maynard Keynes prognostizierte „technologische Arbeitslosigkeit“ sei eine absehbare Zukunftsvision, weil immer mehr Tätigkeiten von Robotern besser, schneller und billiger verrichtet werden könnten. Dagegen allerdings regte sich bald Kritik: die Zahlen seien überzogen, eben reine Schätzung.
Mensch, Maschine
Ist die Robotisierung Bedrohung oder Entlastung? Aktuelle Ergebnisse aus repräsentativen Online-Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey
Eine andere, 2017 veröffentlichte Studie von Daron Acemoglu und Pascual Restrepo untersucht die tatsächlichen Auswirkungen des Einsatzes von Robotern in der jüngeren Vergangenheit: Die Ökonomen kamen zum Schluss, dass jeder zusätzliche Roboter pro tausend Arbeiter die Beschäftigungsquote um 0,18 bis 0,34 Prozent verringert, und dazu die Löhne um 0,25 bis 0,5 Prozent drückt. Anders ausgedrückt: Jeder neu installierte Roboter verdrängt drei bis sechs Arbeiter. Auch dabei handelt es sich um Zahlen aus den USA, wo im Vergleich zu Deutschland noch relativ wenige Roboter im Einsatz sind.
Im Duden kennt man das Stichwort „Roboterisierung“ oder „Robotisierung“ noch nicht, und verweist stattdessen auf jenes der „Automatisierung“, die schon 1929 das erste Mal aufgenommen wurde, zur Hochzeit des Fordismus, der maschinellen Massenproduktion am Fließband, die immer die gleichen Teile in hoher Stückzahl anfertigte, mal eben 10.000 Motorräder in Rot, dann eben so viele in Blau, die dann im Lager auf ihre Käufer warten.
Das Fließband läuft hier in Berlin-Spandau noch immer, aber jedes Motorrad, das sich am Montageband 5 langsam von einem Handarbeitsplatz zu nächsten bewegt, und bei jedem Schritt immer mehr Form annimmt, unterscheidet sich vom nächsten. BMW baut nur das, was es bereits verkauft hat, jede Maschine entspricht einem konkreten Kundenwunsch, einer Auswahl aus 10.000 Modellversionen, mit anderer Farbe, Sitzhöhe, Griffheizung, verchromtem Auspuff oder Schaltassistent. „Kundenorientierten Verkaufs- und Produktionsprozess“ nennt man das hier. Das erfordert mehr Flexibilität in der Fertigung, eine komplexere Logistik, und ist deshalb anfälliger für Fehler. Das aber sei eine Chance für den Menschen, sagt Klaus Abel, Vorsitzender der IG Metall in Berlin: Denn Fehler erkennen könne der Mensch immer noch besser als ein Roboter, der dann vielleicht das falsche Teil mit Gewalt anzuschrauben versuche, einen Fehler verursache, und am Ende das ganze Band zum Stehen bringe. Der Mensch sei flexibler als sein Blechkollege in Orange, heute noch zumindest.
Aber auch teurer. „So billig“, meint der Gewerkschafter Abel, „können unsere Leute gar nicht arbeiten, dass sie mit Robotern konkurrieren könnten.“ Ein Roboter koste zwischen 100.000 und einer Million Euro, je nach Komplexität, aber in jedem Fall ohne Lohnnebenkosten, ohne bezahlten Urlaub, ohne Tariflohn oder Nachtschichtzulage. Und ohne gewerkschaftliche Vertretung. Dazu würden Roboter in naher Zukunft ja eher noch besser und billiger werden, so eine Investition rechne sich also in kurzer Zeit. Zum Vergleich: Ein nach Tarif entlohnter Arbeiter im Fertigungssektor kostet den Arbeitgeber im Schnitt rund 60.000 Euro im Jahr.
Die Robotisierung sei ein Thema, dessen sich die Gewerkschaften annehmen müssten, sagt Abel, jetzt und heute, um den sich allmählich vollziehenden Strukturwandel mitzubestimmen, und ihn nicht bloß zu erleiden. Dabei seien er und die IG Metall gar nicht gegen den Einsatz von Robotern an sich, vor allem dann nicht, wenn diese tatsächlich solche Arbeiten übernähmen, die belastend oder gesundheitsschädlich seien. Aber: „Worauf es ankommt, ist, dass von dem Produktivitätswachstum nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Arbeiter profitieren.“
Und die Gewerkschaften?
Das deckt sich mit einer Studie, die die Auswirkungen von Robotisierung in Deutschland untersucht hat, wo sich der Einsatz von Robotern von 2 pro 1.000 Arbeitern 1994 bis 2015 fast vervierfacht hat: Jens Südekum und andere Wissenschaftler des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kommen dabei zu dem Ergebnis, dass in Deutschland jeder zusätzliche Roboter zwei Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe verdrängt hat. Das aber habe nicht zu Entlassungen geführt, sondern sei durch das Jobwachstum im Dienstleistungssektor kompensiert worden. Mehr noch: Beschäftigte in jenen Branchen, in denen am meisten Roboter eingesetzt würden, hätten sogar eine höhere Beschäftigungsstabilität als andere. Allerdings hätten sich die Löhne dabei differenziert: „Die Löhne von Personen mit Ausbildungsabschluss in Fertigungsberufen geraten durch den Einsatz von Robotern unter Druck“, während bei Managern und Ingenieuren steigende Löhne zu verzeichnen seien. Der Einsatz von Robotern führt also dazu, dass die Produktivität steigt, nicht aber die Löhne: weshalb im Aggregat die Lohnquote sinkt.
Ihren Bericht zu dieser IAB-Studie betitelte die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung so: „Roboter sind bislang keine Job-Killer“. Dem würde auch Klaus Abel von der IG Metall zustimmen: Solange das Geschäft brummt, wie derzeit bei BMW Motorrad oder in der deutschen Autobranche, werden Leute eingestellt, nicht entlassen.
Aber die Unternehmen würden das Thema Arbeit 4.0, anders als das von ihnen vielbeschworene Label der Industrie 4.0, eben nicht von sich aus anpacken. Das sei eine kommende Auseinandersetzung, etwa um die Lohndifferenzierung zu stoppen, die drohe, wenn der eine Arbeiter sich weiterqualifiziere, wie es die Gewerkschaften fordern, dann einen Roboter warten und programmieren kann, und damit mehr verdiene, während der andere der Maschine bloß zuarbeite, und Lohneinbußen drohten. Auf die Strategie, Stellenabbau mit Lohnverzicht zu verhindern, wolle man sich nicht einlassen. Die Roboter kämen sowieso, eher gelte es sicherzustellen, dass auch die Arbeitnehmer am Produktivitäswachstum teilhaben. Wie will die Gewerkschaft das anstellen? Sie fordere, sagt Abel, Investitionen in Qualifizierung, Weiterbildung, und höhere Fexibilität bei den Arbeitszeiten. Das Recht auf befristete Teilzeit, wie es die IG Metall für die nahende Tarifrunde fordert, soll auch dazu genutzt werden können, Weiterbildung zu ermöglichen.
Denn gleichzeitig mit der Robotisierung steht etwa die deutschen Automobil- und Motorradindustrie vor einem weiteren Strukturwandel: Die Umstellung von Verbrennungsmotor zu Elektro-Antrieb heißt auch, dass weitere Arbeitsplätze verloren gehen. Weniger Teile, wie es beim elektrischen Motor der Fall ist, bedeuten auch weniger Arbeiter in der Fertigung.
Kommentare 3
Fandango!?.
Habe heute frei, da die Behinderten, die ja in Wirklichkeit keine sind, Sie haben ja nur ein Trauma aus Erziehung, Mobbing und dem Umgang in der Arbeitswelt, sprich alles durch schwarze Pädagogik verursacht, einen Ausflug machen.
Ist Tradition, Weihnachten und So und dies verpflichtet zu gewissen Handlungen.
Hierzu habe ich mir Gestern den Film: Die göttliche Ordnung (2017) angesehen. Emanzipation, Aufklärung und befreien aus alten traditionellen Denkkostümen. Es geht um die Generation von meinem Vater und was die über nicht tun und nicht sagen dann als bürde und Geißelung für Ihr eigenes Leben erfahren und so Ihre Behinderungen selber erstellen und drüber stolpern und hinfallen und das Trauma das dadurch entsteht kaum weg zu bekommen ist. Das sind auch böse Strukturen die aber selbst verschuldet sind und das berichten über Industrie 4.0 gehört für mich in diese Schublade.
Zurück zur göttlichen Ordnung. Das Frauenwahlrecht in der Schweiz und was es positives auch in der Männnerwelt bewirkt hat, um mehr Freiheit bei seiner eigenen Lebensgestaltung zu erhalten, wie in dem Film die göttliche Ordnung, zeigt mir das hier im Bezug zum Thema Arbeit 4.0 auch nur einseitig gedacht und geschrieben wird.
Was lernt man in einer Behindertenwerkstatt?
Wie unkreativ und beengend Arbeitsplätze eingerichtet werden, so dass eine notorische Unterforderung für die Person entsteht, die an solch einem Arbeitsplatz arbeitet. Das tut dem Mensch überhaupt nicht gut. Das wirkt auch ins private mit hinein und macht Bewegungsunlustig. Ich meine ich kann auch Menschen durch solche Tätigkeiten ruhigstellen und Sie zu Zombies formen. Die Überwachung tut auch noch sein Teil mit dazu, wie auch die Vorschriften und Gesetzesauflagen auf Arbeit für die Sicherheit der Personen auf Arbeit.
Wo bleibt hier die Befreiung hin zu einem geforderten kreativen Arbeiten, sich verwirklichen und geistig erstellte Bewegung hin zu Erfolgserlebnissen. Bei Industrie 4.0 und wie in der Behindertenwerkstatt gibt es das nicht. Das ist eine Baustelle wie beim Autofahren mit Uneinsichtigkeit dieser Entwicklung, weil ja die Tradition zu gewissen Handlungen verpflichtet.
Gesellschaftlich aber kocht das mit dem befreien von Traditionen immer wieder irgendwo bei den Menschen hoch und bewirkt halt solche Umbrüche wie wir Sie gerade in den Medien erleben mit #me too und das #Symbol habe ich schon 2012 als unreal at first in musikalischer Form verarbeitet.
Wo ist die Weiterentwicklung bei den geschriebenen Wörtern so das ein geistige Bewegung in kreative Taten entstehen kann?
Die Gesellschaft heute hat ja auch Probleme mit traditionellen alten Denkweisen und der Einsicht zu neuen kreativen Wegen als Lebensführung. Das ist ja auch bedingt durch die Arbeitskultur und deren Autoritäten in den Hierarchien. Bitte den Film; Die göttliche Ordnung ansehen, um zu erkennen wie Sich Generationen selber in ein Trauma bewegen können.
So jetzt bin ich einer der schon sein ganzes Leben lang immer den Freiraum in den traditionellen Korsetten findet und Ihn benutzt um mich wohler zu fühlen. Das das andere stört ist ganz normal und auch weil es sich andere selber nicht zu trauen. Ich habe ja die letzten 4 Jahre nichts anderes gemacht und bin nur da raus, weil ein paar Umbrüche entstehen die leider nicht positiv sind und um eine andere Sicht auf diese Umbrüche zu bekommen. Und ich wollte herausfinden warum ich diese Stelle in der Behindertenwerkstatt bekam. Das hängt mit zwei Arbeitgebern aus der Zeit vor 4 Jahren zusammen. Die kennen sich alle untereinander.Halt Rückkopplung von Bewegungen die man tat.
Was lernt man daraus?
Es ist besser das zu machen was man will auch wenn es Schwierigkeiten und Anfeindungen bewirkt, dafür bekommt man Wissen und Freiheit und das Trauma erhalten andere.
Ab da tanzt man dann einen Fandango.
Sich diesem Trend zu wiedersetzen ist wohl unmöglich und bestenfalls naiv.
Sich diesem Trend zu wiedersetzen ist wohl unmöglich und bestenfalls naiv.