Manchmal wie ein Prosagedicht

Leben Irina Liebmann wird für ihren Roman „Die Große Hamburger Straße“ mit dem Uwe-Johnson-Preis 2020 ausgezeichnet. Das ist wohlverdient
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 30/2020

Die Schriftstellerin Irina Liebmann (Jahrgang 1943) ist eine hartnäckige Spurenleserin. Der Boden dafür ist Berlin, einst das geteilte, dann das wiedervereinigte. Sie mischt Recherche, Begegnung mit Menschen und Flanieren zu einer eigenen Form des Erzählens. Ansätze dazu zeigten sich bereits 1982 in ihrem ersten Buch Berliner Mietshaus. Darin erzählt sie von den Bewohnern eines Mietshauses im Ost-Berliner Prenzlauer Berg. Unter den Porträtierten befand sich eine Familie, erfährt der Leser aus dem Nachtrag, die „bald darauf die DDR illegal verlassen wollte und inhaftiert worden ist“. Das Buch unterschlägt diese Wahrheit nicht. In der DDR hätte sie die Veröffentlichung kosten können. Für die Autorin war schon damals die