Vielleicht kann man Rolf Buch, den Vorstandsvorsitzenden von Deutschlands größtem Wohnungskonzern Vonovia, ja zunächst dadurch beschreiben, indem man sagt, was er nicht ist: Er ist kein Miethai wie Roger Akelius, kein Immobilienlobbyist, der in Wohnraum allein ein Versprechen auf Rendite sieht und nicht mehr die Menschen, die darin wohnen. Jedenfalls klingt Rolf Buch, 56, nicht wie ein solcher.
Seit einigen Wochen kann man Buch dabei zugucken, wie er sich noch größere Mühe gibt als sonst, nicht wie ein Miethai zu klingen. Buch will Mieten „regulieren“, nicht erhöhen. Er will bezahlbaren Wohnraum schaffen, nicht luxussanieren. Er will klimaneutral werden, nachhaltig und sozial und verzichtet nach dem Kippen des Berliner Mietendeckels öffent
#246;ffentlichkeitswirksam darauf, Mieten nachzufordern. Das hat einen Grund: Buch möchte den größten Wohnungskonzern Deutschlands noch größer machen. Er als Nummer eins will die Nummer zwei, die Deutsche Wohnen, schlucken. Und Buch möchte all die Wohnungen, die Vonovia damit vor allem in Berlin erwerben würde, nicht gleich wieder durch eine Enteignungskampagne verlieren.Buch will also der Größte werden und zugleich der Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ den Wind aus den Segeln nehmen. Je konzilianter und kompromissbereiter er auftritt, desto größer Buchs Chancen, dass er seine Megafusion nicht nur durchkriegt, sondern auch noch den Vergesellschaftungs-Volksentscheid im September gewinnt.Man kann Rolf Buch, der 1965 im westfälischen Siegen geboren wurde, zugutehalten, dass er dafür nicht übermäßig viel Kreide fressen muss: dass es ihm leichter fällt als anderen Managern in der Branche, die „soziale Bauwirtschaft“ vor sich herzutragen. Man müsse mit Mieter:innen und Kommunen darüber ins Gespräch kommen, wie sich das Wohnungsproblem lösen lasse, sagt er dann, und: Vonovias deutscher Bestand, das seien ja „de facto“ Sozialwohnungen, weil das durchschnittliche Mietniveau gleichauf liege mit jenem im sozialen Wohnungsbau.Selbst Michael Prütz, Mitinitiator der Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, gesteht Buch zu, er habe „ein tiefes Verständnis für gesellschaftliche Probleme“. Natürlich stehe Buch wie andere Manager in der Wohnungsbranche unter dem Druck, Profit zu generieren, aber er versuche das auf „integrative Weise“. Buch erkenne, dass es bei der Auseinandersetzung um die Vergesellschaftung von Wohnraum nicht um Zahlen gehe, „sondern um die Frage: Wie soll die Gesellschaft organisiert sein?“.Am überzeugendsten wirkt Rolf Buch vielleicht dann, wenn man ihn auf den „Klimapfad“ anspricht, auf den er Vonovia gesetzt hat: Buch hat in Aachen Maschinenbau studiert und redet dann davon, dass in „unseren Siedlungen“ künftig mit Sonnenkollektoren Strom produziert werde, der dann wiederum Wärmepumpen für die emissionsfreie Heizung antreibe. Das Problem, dass der Solarstrom eher im Sommer anfällt, die Wärmepumpen aber im Winter benötigt werden, will Buch damit lösen, dass in „unseren Quartieren“ eigene Elektrolyseure mit Solarenergie Wasserstoff herstellen, der die Energie bis zum Winter speichert.Jetzt könnte man sagen: Der Mann hat große Pläne und knüpft sein Gehalt an das Erreichen des selbstgesteckten Klimaziels. Oder aber: Buch will sich künftig offenbar nicht mehr nur mit der Kaltmiete zufriedengeben, sondern auch noch für Strom und Heizung abkassieren.Sollte die Fusion mit der Deutsche Wohnen im dritten Anlauf klappen, kämen zu den rund 415.000 Wohnungen, die Vonovia bereits besitzt, noch mal 155.000 hinzu. Vonovia wäre dann die Nummer eins in Europa – selbst wenn, wie versprochen, 20.000 Wohnungen an das Land Berlin verkauft würden. Das wäre das vorläufige Ende eines Kurses, der im Jahr 2000 mit dem Kauf von 64.000 öffentlichen Eisenbahnerwohnungen begann. Die Vonovia SE hieß damals noch Deutsche Annington und gehörte der japanischen Bank Nomura, bevor sie an einen Private-Equity-Fonds, sprich: eine Heuschrecke ging. Die Reputation war miserabel. Man lasse den Bestand vergammeln, beklagten sich Mieter:innen, wolle nur das schnelle Geld.Rolf Buch war da noch nicht an Bord, er kam erst 2013 von Bertelsmanns Dienstleistungssparte und schafft es, den Ruf zu verbessern: Man gab sich einen neuen Namen, ging an die Börse, investierte mehr in den Bestand, die Wachstumsstrategie aber blieb. Vonovia hält Wohnungen fast nur in Ballungszentren, „Schwarmstädten“, wo die Wohnraumnachfrage groß und das Angebot knapp ist. Und versucht, durch schiere Größe Kosten zu drücken: bei der Verwaltung, aber auch beim Hausmeisterservice oder bei der Bewirtschaftung der Grünanlagen, die das Unternehmen selbst übernimmt. Da bleibt das Geld quasi in der Familie, linke Tasche, rechte Tasche. Doch das stößt bei vielen Mieter:innen auf Unmut. Sie ärgern sich über überhöhte und undurchsichtige Nebenkostenabrechnungen, in Dortmund laufen mehrere Klagen deswegen. Den Investor:innen an der Börse aber, die Rendite erwarten, gefällt es. 1,69 Euro Dividende pro Aktie zahlt Vonovia für 2020, größter Profiteur ist der größte Aktionär: Blackrock, mit 8,2 Prozent der Aktien.Rolf Buch nennt sich selbst einen „Wahl-Westfalen mit Wurzeln an der Ruhr“. Die Vonovia, mit Sitz in Bochum, habe gern dabei geholfen, so hat er einmal erzählt, dass das Stadion des VfL Bochum wieder den altehrwürdigen Namen „Ruhrstadion“ tragen könne. Jetzt heißt es „Vonovia Ruhrstadion“ – ein „Bekenntnis zur Stadt“, so Buch. Ein Geben und Nehmen, könnte man auch sagen.
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