Mediale Parallelwelt

Polit-PR Die AfD will jetzt in News machen. In Österreich ist das ein alter Schuh
Ausgabe 07/2018
Die AfD will Propaganda, die sich als Journalismus ausgibt
Die AfD will Propaganda, die sich als Journalismus ausgibt

Foto: Christian Ditsch/Imago

Ab April will die AfD also ihren eigenen „Newsroom“ haben. Es sollen Themen aufgegriffen werden, die „unter den Teppich gekehrt werden“, um sie „journalistisch sauber für die Öffentlichkeit“ aufzubereiten. Politische PR, die sich als Journalismus ausgibt. In Deutschland mag das neu sein, bei uns in Österreich ist es ein alter Schuh.

772.889 Menschen folgen der offiziellen Facebookseite von Heinz-Christian Strache. Die Anzahl derer, die der Vizekanzler und Bundesparteiobmann der FPÖ mit einem Posting erreicht, ist weitaus höher. Neben Inhalten der FPÖ teilte er bis vor Kurzem Beiträge des rechtsnationalistischen Blogs unzensuriert.at. Der hat mittlerweile eine so große Reichweite, dass er in der Google-Suche mit dem ORF und anderen etablierten Medien auf der ersten Seite erscheint. Die Inhalte sind eine Mischung aus Verschwörungstheorien, fremdenfeindlicher Propaganda und Fehlinformationen. Buzzfeed kam im Dezember zu dem Ergebnis, dass fünf von zehn Beiträgen Falschmeldungen sind.

FPÖ-Funktionäre schreiben Gastkommentare, Beiträge drehen sich um FPÖ-Politiker und deren Themen. Die FPÖ dementiert jedoch, dass er ein Parteimedium sei. Aber wer steckt dahinter? Die Beiträge werden in der Regel anonym veröffentlicht. Inhaberin ist die 1848 Medienvielfalt Verlags GmbH. Deren Geschäftsführer ist Walter Asperl, langjähriger Büroleiter von Martin Graf, Abgeordneter zum Nationalrat der FPÖ und ehemaliger dritter Nationalratspräsident. Finanziert wird der Blog durch Werbeschaltungen. Viele davon sind von der FPÖ. Ebenso wie die „Experten“, die in den Beiträgen befragt werden. Einer der Köpfe des Blogs hat es mittlerweile ins Innenministerium geschafft. Alexander Höferl, zuvor offiziell für die Pressestelle der FPÖ tätig, ist im Kickl-Kabinett für die „operative Kommunikation“ zuständig. Seine Tätigkeiten für den Blog will er beendet haben.

Mit Ausdruck zum TV-Duell

Im Dunstkreis der FPÖ ist eine mediale Parallelwelt entstanden. Denn unzensuriert.at ist nicht die einzige Plattform. Info-Direkt und Wochenblick publizieren im gleichen Stil. Ebenso teilt Strache gerne Beiträge aus der Kronen Zeitung, der reichweitenstärksten Zeitung Österreichs. Die Kronen Zeitung hat 2016 am häufigsten gegen den Ehrenkodex des österreichischen Presserats verstoßen. Wegen Persönlichkeitsverletzungen, Diskriminierung und Schleichwerbung. „Wenn Strache einen normalen Bericht von uns auf Facebook teilt, dann merken wir, das haut die Quote auf das 1,5-Fache hoch. Und umgekehrt kriegt er natürlich auch mehr Traffic, wenn wir ihn pushen,“ sagte krone.at-Chefredakteur Richard Schmitt in einem Interview. Mit den Beiträgen untermauert die FPÖ ihre politische Agenda. Nicht nur auf Facebook, sondern auch im TV. So kam Norbert Hofer vor der Bundespräsidentschaftswahl zu einer TV-Diskussion mit dem Ausdruck eines Beitrages von unzensuriert.at, um seine Argumente zu stützen.

Unzählige Beiträge, die Strache verbreitet, stellen sich als Falschmeldung heraus. Anstatt einer Klarstellung werden sie gelöscht oder bleiben unkommentiert stehen. Seit der Regierungsbeteiligung teilt Strache unzensuriert.at nur noch auf seinem privaten Profil, das aber auch öffentlich einsehbar ist.

Die Auswirkungen dieser Medienarbeit werden einem erst richtig klar, wenn man die eigene Blase in Wien verlässt. Und beim Familienessen auf dem Dorf feststellen muss, dass auch hier die Beiträge als Argumentationsbasis verwendet werden.

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