Die Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin, ist klein, aber sie hat eine eigene Zeitung, die seit 1952 immer freitags erscheint. Sie heißt Das Blaumännle nach der Wappenfigur der Stadt. Zu Ostern gab es im Blaumännle in meiner Kindheit ein Gewinnspiel, für das man Ostereier finden und zählen musste, die in der Zeitung verteilt abgedruckt waren. Zweimal habe ich gewonnen, beide Male ein Buch mit dem Titel Mein Kräutergarten zuhause. Freuen Sie sich jetzt bitte nicht auf eine österliche Urban-Gardening-Kolumne, in der sich ein schnödes Kinderzimmer dank einer wackeren Lokalzeitung in einen Garten Eden auf Erden verwandelt. Ich habe das Buch nicht ein einziges Mal aufgeschlagen. Also keines von beiden, da half auch das Jahr Abstand nicht. Ein Exemplar habe ich meiner Großmutter geschenkt. Meine Großmutter hatte unweit unseres Hauses einen Krautgarten, in dem Tomaten, Erbsen, Bohnen, Salate, Petersilie, Schnittlauch, Dill, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Erdbeeren und so weiter wuchsen. Das Letzte, was meine Großmutter interessierte, war, Kresse unter einer Frischhaltefolie auf der Fensterbank zu züchten. Ich schäme mich heute noch für dieses Geschenk. Jedenfalls habe ich früh gelernt, Gewinnspiele zu meiden.
Den Besuchern des Coachella-Festivals wurde das vergangenes Wochenende in der kalifornischen Wüste nicht so leicht gemacht. Der Schauspieler, Drehbuchautor und Musiker Donald Glover trat dort Freitagabend als Headliner unter seinem Pseudonym Childish Gambino auf. Am Nachmittag erhielten einige Leute per AirDrop auf ihren Telefonen eine Nachricht, dass Glover mit ihnen ein Foto teilen wolle. AirDrop ist ein Dienst von Apple, mit dem sich Daten mit anderen Handys, die ihn aktiviert haben, innerhalb einer gewissen Reichweite austauschen lassen. Die Nachricht, die wie die Promi-Variante des Enkeltricks klang, war echt, wer das Foto annahm, hatte einen Gutschein für Glovers brandneues, noch nicht frei verkäufliches Turnschuhmodell gewonnen, abholbereit vor Ort. Um die Schuhe ausgehändigt zu bekommen, musste man dann allerdings einen Vertrag unterschreiben, in dem man sich verpflichtete, sie die gesamten drei Tage des Festivals anzubehalten. Ich weiß nicht, welche Erfahrungen Sie so mit neuen Turnschuhen gemacht haben. Verschenken konnte man sie danach sicher nicht mehr.
P.S.: Wenn Sie lieber mehr übers Gärtnern als über zwielichtige Wi-Fi-Ad-hoc-Services, naives Konsumentenverhalten und drohende Sepsen gelesen hätten, können Sie sich jetzt schon auf den 9. Mai freuen. Dann startet eine fünfteilige Garten-Serie im Freitag und auf diesem Platz wird Jakob Augstein seine Gärtner-Kolumne vorübergehend wieder aufnehmen.
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