Mit Luxuskarren rumzuprotzen ist ein fester Bestandteil des Rap. Vollständige Wirkung scheint das Bad Boy-Image erst zusammen mit dem Ruf des „Bitch“ „fickenden“ und Drogen dealenden Gangsters zu entfalten: Die Autos dienen dabei nicht nur als eine Form cis*-männlicher Selbsterhöhung, sondern verstärken auch die Objektivierung der Frau: Sie erscheint neben den Auto als zweites schmückendes Objekte der Begierde und Zierde. Häufig schneidet sie sogar schlechter ab.
In Clips US-amerikanischer Rap-Herrschaften zählen Jeeps und SUVs schon seit den 1990er Jahren zum gängigen Standard. Die Hip Hop-feministische Vorreiterin Missy Elliott hat diesen cis-männlichen Peniseifer in ihrem Song „The Rain (Supa Dupa Fly)“ 1997 auf eine genderkritische Weise dekonstruiert, als sie „Beep beep, who got the keys to the Jeep? vroom!!“ rappend in einem übergroßen Hummer vorfährt und im dazu farblich passenden, aufgeblasenen schwarzen Lack-Catsuit den sonst nur cis-Männern vorenthaltenen Größtenwahn auf die Schippe nimmt. M.I.A. reitet im Clip zu ihrem Song „Bad Girls“ ein auf zwei Rädern stehendes BMW-Luxusauto in der Wüste, während sie sich zum orientalischen Beat entspannt die Nägel feilt. Die minderjährige Rapperin Bhad Bhabie hingegen steht im „Hi Bich Remix“ auf einem weißen Mercedes SUV, bevor sie sich von Rich The Kid darin kutschieren lässt.
SUVs können mit dem von vielen cis-männlichen Rappern erstrebten Wunschpenis verglichen werden: riesengroß, dauerpotent, brutal, Platzhirsch-mäßig maximal raumeinnehmend. Ein Ersatz für die gewünschte Penisverlängerung. Zudem assoziieren SUVs auch militärische Präsenz, eine „Mannschaft“ kann darin transportiert werden.
Erst in jüngeren Jahren prahlen auch Deutschrapper*innen mit den riesigen Autos. Kianush rappt in seinem Song „SUV“, wie alle für seinen „Panzer“ Platz machen sollen. „Roll‘ mit meiner Gang durch deine Stadt im SUV / Pass‘ nicht durch den Drive, ich hab‘ keinen Platz im SUV (huh) / Bei mir läuft nur Modus Mio in mei‘m SUV (SU—) / Und ich seh‘ die Welt von oben aus dem SUV.“
Auch die Berliner Rap-Crew BHZ fährt in ihrem Song mit der Gang durch die Straßen, um Hatern entgegenzuwirken: „Kopfgefickt ist mein Team / Bretter‘ down im SUV / Kopfgefickt, das sind wir / Immer weiter bis ans Ziel“. Dass dabei „dein Mädchen“ „gebangt“, „der Schwanz geblowt“, „und die Eier geleckt“ werden, scheint wohl eine Nebenerscheinung dieser rapdeutschen SUV-Protzerei zu sein.
Eine Frau wie ein Cabrio
Ähnlich objektiviert wie SUVs hat die Frau im Deutschrap mittlerweile auch auszusehen: glatt poliert mit perfektem Körper, Hinterdeck wackelnd und für Männer „fahrbar“. Man könnte meinen: je luxuriöser die Autos im Deutschrap mit seinem kommerziellen Erfolg in den letzten 15 Jahren wurden, desto sexistischer seine Texte und Bilder.
Apropos: auch der Vergleich von Luxusautos mit Frauen schwappte aus den USA rüber. Der wegen Sex mit Minderjährigen angeklagte R&B-Sänger R. Kelly chartete bereits in den 1990ern mit der Songzeile „You remind me of my jeep“ einen Welterfolg. Nachgemacht haben ihm das der deutschtürkische Battle-Rapper Kool Savas und Ercandize. In „Komm mit mir“ von 2006 vergleichen sie ihre Lieblingskarre mit Frauen: „So heiß, so fresh, so tadelos makelos / Du bringst die Sonne in mein Leben wie ein Cabrio / Du bist hammer wie ein Hummer, geil wie ein SL / Und ich halt die Spur, wenn du mich wie ein Lenker festhälst“.
Die Schwergewichte des Deutschraps sind aber immer noch die Karren aus dem Tuningbetrieb der Daimler-Tochter Mercedes-AMG. Bushido rappt 2010 in „Ich rap für“ zusammen mit Fler „für die Gosse“, er hoffe, er werde „alle AMG fahren sehn“. Und 2014 reimt er im Song „AMG“ auf „Winston Churchill“: „Mein AMG ist gepanzert wie ein Ninja Turtle“.
Der Stellenwert von Luxusautos hat sich seit der Entwicklung des Trap, eines elektronisch beeinflussten Rap-Subgenre, in Richtung Diversität verschoben: Von Ferrari, Porsche bis zum BMW tauchen heutzutage fast alle Modelle in Rap-Videos auf. Auf die feministische Dekonstruktion lässt sich hierzulande jedoch warten.
Info
* cis bezeichnet im Gegensatz zu trans eine Geschlechtsidentität, die dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht entspricht
Kommentare 7
Hoppla, jetzt kumm I - mit mein EssJuWie
Warum rappt der Rapper, warum steppt der Stepper, warum strippt der Stripper? Warum grünt der Grüne, der Spieler schaut auf seine Bühne?
Warum webt der Weber, warum grunzt der Eber?
Weil er ist da der Eber-Mann, sich zu paaren mit der Sau. Und auch der Rapper sucht die Frau.
"Und so paart sich Rotkehlchenmann mit seiner Rotkehlchenfrau, Spatz mit Spätzin..." Irgendwie habe ich da Qualtinger im Ohr, wenn er aus "Mein Kampf" vorliest. Oder wars ein Text von Konrad Lorenz? Oder bloß ein Tierfilm, der wieder einmal bei "Mord mit Aussicht" lief?
Als alter Emanzerich, als Querkopf also, stelle ich die Frage: was wäre, wenn die holde Weiblichkeit auf Kleinwagen und häusliche Kuschelbären setzte? Da wär der Rapper brotlos im SUV. Doch es ist eben so, wie es nun einmal ist.
Und darum rappt der Rapper. Wem wunderts? Mir nicht!
Und das wars dann auch schon.
Oups – ich schätze die Autorin als Künstlerin und Frau, die in das Metier eigene Akzente eingebracht hat, zwar sehr. Darüber hinaus finde ich die Zustandsbeschreibung des aktuellen Rap (genauer: eines hochgehypten Segments – einer bestimmten Sorte Gangsta-Rap – pointiert und auf den Punkt kommend. Die Kombination mit dem in der Hardcore-Feministenszene gängigen Bashing normaler Heterosexualität (»cis*«) allerdings halte ich für äußerst gewagt bzw. für ein ideologisches Konstrukt.
Ich denke, man sollte die Anzahl seiner Feinde nicht ohne Not vermehren. Zumal der gewaltaufgeladene Machokult einer bestimmten Szene im Hip Hop bereits für sich ein ziemlich besorgniserregender bzw. skandalöser Zustand ist.
«Die Kombination mit dem in der Hardcore-Feministenszene gängigen Bashing normaler Heterosexualität (»cis*«) allerdings halte ich für äußerst gewagt bzw. für ein ideologisches Konstrukt»
Natürlich ist es (auch) ein «Konstrukt», aber aus berufendem Munde (Volkmar Sigusch). Natürlich lässt sich auch hier über den Sinn von Zuschreibung(en) diskutieren, und das ist auch gut so (und gewollt).
Deine Einschätzung, es handle sich (nur?) um ein Instrument zum Bashing normaler(sic!) Heterosexualität greift viel zu kurz bzw. bestätigt sogar (sowohl!) die Befürworter als auch einige (v.a. die aus der Queer-Ecke kommenden) Kritiker) des cis-Begriffes.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/geschlechtsidentitaeten-wer-trans-sagt-muss-auch-cis-sagen.976.de.html?dram:article_id=386242
"Frauen bevorzugen reiche Partner!"
Das lässt sich allein schon an der unbewussten biologischen Verankerung (Programm) des Überlebens festmachen, zudem betrifft es noch die Sicherheit für die Nachkommen.
"SUVs sind Idiotenkarren, keine Frage. "
So ähnlich formuliere ich das auch immer mal wieder. Wer also einen bestimmten Typus Frau beeindrucken will, kann sich ja das Teil leasen und anschließend ein normales Auto kaufen. Bis dahin sollte dann die Verbindung "in trockenen Tüchern" sein.
Es gilt aber in beide Richtungen: wer diese Karren zwecks Aufwertung benötigt, der/ die muss kompensieren, was an anderer Stelle fehlt.
Nun ist Rap die größte Scheizze, die sich ein produzierender Typ ausdenken kann.
Kaputte Egomanen mit oft perversen Zügen in der Persönlichkeit, rotzen sich aus. Hat genau das, was die Welt heute so braucht :
Gestammel, gestotter, Hilflosigkeit.
>>Frauen bevorzugen reiche Partner!<<
Ich kenne Andere.
Aber ein Mann, der mit Material protzt um eine Partnerin zu finden findet natürlich nur Solche, die sich davon beeindrucken lassen ;-)
Wirklich Reiche kutschieren übrigens kein SUV durch die Gegend.
"Auf die feministische Dekonstruktion lässt sich hierzulande jedoch warten."
Ich schlage dazu "Danger Dan" mit "Sand in die Augen" (https://www.youtube.com/watch?v=q1poIN_5x1s) vor.
Da geht es zwar nicht um SUVs, dafür aber um das Frauenbild im Hiphop. Vom Video sollte man sich derweil nicht blenden lassen. Dieses greift ebenfalls die im Artikel erwähnten Klischees auf, während der Text im klaren Kontrast dazu steht.
In einem Interview (dazu habe ich leider keinen Link parat) hatte er zu dem Kontrast zwischen Video und Text auch mal erwähnt, dass er mit der Idee auch gehadert hatte und die Dame bewusst nochmal in den Abspann genommen hat um zu zeigen, dass es sich eben um echte Menschen und nicht nur nettes Schmückwerk handelt.