Militärische Choreographie

Burma Kein Militär in Asien versteht sich länger und besser aufs Geschäft des Teile und (Be-)Herrsche wie die Obristen in Rangun. Bei der jüngsten Wahl war es zu besichtigen

Das gesamte Prozedere vor und während der Parlamentswahlen vom 7. November war alles andere als frei, fair und demokratisch. Unvergessen bleibt, was das Militärregime allein in den vergangenen drei Jahren für opportun hielt, um seine Macht zu sichern – man denke an die blutige Niederschlagung des von Mönchen geführten Aufstands im Herbst 2007, an Feldzüge gegen ethnische Minderheiten, die Rekrutierung von Kindersoldaten, die Gängelung der Medien oder das Kaltstellen der Führungsriege einer demokratischen Opposition, besonders der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) mit deren Generalsekretärin Aung San Suu Kyi.

Zwei Kalkülen folgten die Obristen mit einer landesweiten Abstimmung zu diesem Zeitpunkt. Es geht um eine überfällige Fassadenreinigung, damit sich internationale Kritik wirkungsvoller begegnen lässt. Die alte Führungsspitze muss sich zudem rechtzeitig um Nachfolger kümmern, wodurch jüngere Militärkader in Betracht kommen, die einen Regimewechsel zu vermeiden wissen. Es spricht alles dafür, dass die Armee auch künftig eine exponierte Stellung in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft Burma wahrt, die es faktisch seit über sechs Jahrzehnten ausübt.

Zu den Ziehvätern der Tatmadaw – der burmesischen Streitkräfte – gehören Aung San, der Vater der Friedensnobelpreisträgerin, und Shu Maung, der sich später den Nom de Guerre »Bo Ne Win« (Befehlshaber Strahlende Sonne) zugelegt hatte. Während des Zweiten Weltkrieges von Offizieren der Kaiserlich Japanischen Armee auf der chinesischen Insel Hainan ausgebildet, verinnerlichten beide ein Weltbild, das mehr militaristisch als nationalistisch war. Aung San diente im Rang eines japanischen Generalmajors immerhin als Kriegsminister einem von Tokios Gnaden installierten Vasallen-Regime in Rangun. Und Ne Win nahm landesweite Revolten von ethnischen Minderheiten zum Anlass, auf einen rigiden Etatismus zu pochen und sich im März 1962 an die Spitze des Staates zu putschen und dort zu bleiben, bis ihn Massenproteste infolge horrender Preisschübe im Sommer 1988 zum Rücktritt zwangen. Doch blieb die Herrschaft des Militärs intakt. 1992 gelang es dem ehemaligen Postbediensteten Than Shwe, sich seinerseits zum unangefochtenen Senior-General aufzuschwingen. Eine Position, die er trotz massiver Anfeindungen aus dem westlichen Ausland zementiert hat – und die heute auf nachrückende Offiziere verteilt wird.

Außenpolitisch brauchte das Regime auf »den Westen« keinerlei Rücksicht zu nehmen. Dessen ohnehin halbherzig durchgesetzten Sanktionen stärkten letztlich mehr das Regime als die Opposition. Wer zudem potente Partner wie die Volksrepublik China, Indien, Singapur, Thailand und – partiell – Russland an seiner Seite weiß, braucht auf Investitionen und Wirtschaftshilfen nicht zu verzichten. Erst recht dann nicht, wenn man – wie im Falle Burmas – über reiche Bodenschätze (neben Holz, Diamanten auch Öl- und Gasvorkommen) verfügt.

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