Nahostdiplomatie

Kommentar Fischers Lehrgeld

Im Nahen Osten gibt es eine »Regel«, die da heißt: Es muss erst noch schlimmer werden, bevor es besser werden kann. Wann also wird es besser? Denn schlimmer geht ja wohl kaum noch - mit all den Morden, Selbstmorden, Liquidationen, Bombenangriffen und dem täglich wachsenden Hass in einem Krieg ohne Kriegserklärungen. (Die allerdings sind ja ohnehin aus der Mode gekommen.) Und vor allem: Wo bleibt Fischer, unser neuer Nahost-Vermittler wider Willen mit dem sicheren Gespür fürs Mediale? Holt er sich sein Lehrgeld ab?

Auch für Außenminister gilt, dass »gut gemeint« nicht unbedingt gut sein muss. Fischer hat sich von Arafat - um es nett zu sagen - überrumpeln lassen. Die Idee eines palästinensisch-israelischen »Gipfeltreffens« in Berlin, auf dem darüber geredet werden sollte, wie man wieder miteinander ins Gespräch kommen kann, sah höchstens auf den ersten Blick gut aus. Sicher: Fischer ist glaubwürdig, er genießt verdienten Respekt auf beiden Seiten. Doch sein Land, das er vertritt, ist für eine wirkliche Vermittlerrolle nicht gerüstet. Selbst der EU fehlte die Kraft zur Garantiemacht. Ohne die Amerikaner läuft im Nahen Osten nach wie vor gar nichts. Leider, denn die Bush-Administration weigert sich hartnäckig, das Gewicht der USA in die Waagschale zu werfen. Es soll wohl doch noch schlimmer kommen.

Aber könnte Deutschland - mit seiner besonderen historischen Verantwortung für den Nahost-Konflikt - nicht wenigstens vor-vermitteln? Das war es wohl, was Fischer eigentlich wollte - eine Rolle, wie sie Norwegen im Vorfeld des historischen Handschlages zwischen Arafat und Rabin gespielt hat. Keine schlechte Idee. Nur hat sie leider einen Haken. Unser Außenminister ist für diese Aufgabe nicht kamerascheu genug.

Stille Diplomatie mit Zuckerbrot und Peitsche. Das klingt nicht sehr transparent. Ist es auch nicht, verspricht aber Wirkung. Voraussetzung dafür wäre freilich, dass sich die äußeren Akteure - USA, EU und Russland - auf eine gemeinsame Strategie und Arbeitsteilung verständigen könnten. All das aber scheitert zur Zeit an Washingtons Unwillen, seinen Verbündeten in die Schranken zu weisen. Bush sen. hatte da weiland mehr Konsequenz an den Tag gelegt. Nicht aus Altruismus, sondern weil die Verweigerung Israels gegenüber der Madrider Nahostkonferenz 1991 amerikanische Interessen gefährdet hätte. Das war nach dem (Golf-)Krieg. Wissen wir jetzt, worauf Amerika wartet?

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