Es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis sich die Realität einen Weg ins Kino bahnt. Seit einigen Jahren schon sind die „Neuen Rechten“ medial präsent, als außerparlamentarische, junge Bewegungen wie die Identitären oder auch, unter dem immer löchriger werdenden Deckmantel demokratischer Legitimation, im deutschen Parlament. Regisseur Christian Schwochow und Drehbuchautor Thomas Wendrich holen diese brandgefährlichen Gruppierungen mit Je suis Karl nun auf die Leinwand. Im unmittelbaren Anschluss an aktuelle Entwicklungen entfaltet ihr Film eine sich zuspitzende, der Realität erschreckend nahe kommende Dystopie. Er etabliert dazu einen neuen Typus im Kino: den hippen Akademiker-Nazi, der seine rechtsideologischen Inhalte „nett“ verpackt unters Volk oder, besser: in die sogenannte Mitte der Gesellschaft trägt.
Explizit völkisch-aufwieglerisch
Auf den ersten Blick wirkt er doch ganz sympathisch, dieser von Jannis Niewöhner gespielte Karl: sanftes Lächeln, weiße Zähne, geschmackvoll gekleidet. Ein für sich einnehmender, bodenständiger junger Mann, hinter dessen Fassade allerdings die Fratze eines ultrarechten Demagogen lauert. Karl ist das Vorzeigegesicht der Bewegung „Re/Generation Europe“, einer Social-Media-affinen Neurechten-Vereinigung, quasi Schwochows Filminterpretation der Identitären. Man trifft sich in verschiedenen europäischen Städten zu Workshop- und Diskussionsreihen, etwa zur „Summer Academy“ in Prag. Dort gibt es Gin-Verkostungen, mit dem Vereinigungslogo bedruckte Hoodies und T-Shirts, abends wird bei Konzerten zu unverfänglich klingender Musik getanzt und gefeiert. Die Texte sprechen eine andere Sprache, sind, mal mehr, mal weniger explizit völkisch-aufwieglerisch: „Everything must change“, singt eine Band, „A la guerre“ („in den Krieg“), grölen die Anhänger:innen die Zeilen eines Rappers in einem Prager Club mit. Je suis Karl ist die filmische Antwort darauf, dass sich auch in vielen rechten Gruppierungen die Zeiten geändert haben. Als eine Anhängerin bei Karls Eröffnungsrede in Prag „Sieg Heil!“ ruft, antwortet der: „Das war gestern, akzeptier das.“
Mit Blick auf das deutsche Kino der vergangenen Jahre markiert Je suis Karl einen neuen Abschnitt in der filmischen Auseinandersetzung mit rechtsradikalen Strukturen. Gerade in den 2010er-Jahren war es vor allem die sich radikalisierende Nachwendegeneration in Ostdeutschland, für die sich Filmemacher:innen interessierten. Viele Filme handelten davon, wie Identitätsverlust, wirtschaftliche Brache, Arbeitslosigkeit und Langeweile in der ostdeutschen Provinz oder in den Städten den Nährboden bildeten für rechte Gewalt.
Wie zum Beispiel in Wir sind jung. Wir sind stark von 2015, in dem Regisseur Burhan Qurbani ein zentrales historisches Ereignis eingefangen hat: die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen am 24. August 1992. Qurbani spannt einen größeren Bogen und erzählt multiperspektivisch von Opfern im Sonnenblumenhaus, vom Versagen der Politik und vom aufflammenden Hass in einer Gruppe Jugendlicher. „Hier und heute beginnt die völkische Revolution“, brüllt der einzige auch äußerlich als Nazi erkennbare Typ unter ihnen. In dem Moment, wo die Mitläufer in der grölenden Menge vor der zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber stehen und ihrem Hass freien Lauf lassen, wechselt Qurbani von Schwarz-Weiß in Farbe und holt die Geschichte ins Hier und Heute.
Wir sind jung. Wir sind stark ist, auch in seiner formalästhetischen Ausgestaltung, ein Solitär in einem Genre, in dem zumeist sehr zugespitzt von (angehenden) Radikalen erzählt wird. In David Wnendts Debüt Kriegerin von 2012 steht eine „Nazibraut“, wie auf dem T-Shirt von Marisa (herausragend zwischen Gewalt und Gefühl: Alina Levshin) zu lesen ist, im Zentrum. Über die Länge ihrer Schlüsselbeine hat sie eine Adlerschwinge mit Hakenkreuz tätowiert, sie ist mit einem gewalttätigen Glatzkopf zusammen, auf Partys schaut man sich beim Altnazi Propagandafilme wie Der ewige Jude an. Im Kern ist Kriegerin allerdings eine Aussteigergeschichte.
Seit Mitte der 2010er-Jahre holt dann die größte rechtsradikale Zäsur in der jüngeren deutschen Geschichte den Spielfilm ein: der Nationalsozialistische Untergrund (NSU). Eine an historische Fakten angelehnte filmische Aufarbeitung lieferte das Je-suis-Karl-Duo Schwochow/Wendrich 2016 in Die Täter – Heute ist nicht alle Tage, dem ersten Teil eines Fernsehdreiteilers zum NSU. Die erste Folge der Miniserie nahm die Perspektive von Beate Zschäpe ein und zeigte, wie sie in Jena in die rechte Szene kommt und wie ideologischer Tatendrang zur Bildung jener Zwickauer Terrorzelle führt, die in einer Garage Bomben baut zur Vorbereitung auf den „Tag X“.
Bei den Tätern zu Hause
Fatih Akin hat 2017 dann die Wut der Hinterbliebenen – der NSU tötete acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer – mit Aus dem Nichts in einen Rachethriller gegossen. Akin erzählt, wie eine Frau (Diane Kruger) bei einem Nagelbombenattentat ihre Familie verliert und schließlich auf Rachefeldzug geht. Die rechtsextremistischen Täter tauchen hier absichtlich nur am Rande auf.
Jan Bonny wiederum lieferte 2019 mit Wintermärchen eine schwer zur ertragende Introspektive in eine fiktive Version der NSU-Terrorzelle. Zwei Stunden mit drei kaputten, triebgesteuerten Rechten, eine Frau, zwei Männer (intensiv: Ricarda Seifried, Thomas Schubert, Jean-Luc Bubert), die permanent ausrasten, die saufen, herumvögeln und zwischendurch Menschen töten. Bonnys Film ist radikales Kino am Abgrund mit einer Unmittelbarkeit, die wehtut, die wehtun soll.
In Je suis Karl nun werden die prügelnden Rechten mit ihren Bomberjacken und Springerstiefeln abgelöst von den poshen Neurechten; das ostdeutsche Nachwende-Vakuum spielt ebenfalls keine Rolle mehr. „Re/Generation Europe“, die Vereinigung im Film, wirkt modern und erschreckend realitätsnah mit ihren Inszenierungsstrategien, dem intellektuellen Gebaren, ihrer Abgrenzung zum Nationalsozialismus bei Propagierung eines Ethnopluralismus, der radikalen Ablehnung des Islam und ihrem Hang zu Opfer-Narrativen.
Der Film zeigt eine Bewegung, die auf ihren festivalartigen Treffen Videos dreht, in denen Mitglieder unter Tränen von gefakten persönlichen Schicksalen in Folge von islamistischen Taten berichten. Dass im Film eine französische Politikerin als jüngeres Alter Ego von Rassemblement-National-Chefin Marine Le Pen auftaucht, erscheint nur konsequent.
Überhaupt ist Konsequenz eine Triebfeder von Je suis Karl, Christian Schwochow baut, wie auch bei seiner Investmentbanker-Serie Bad Banks, auf Authentizität und Recherche, um diese dann filmdramaturgisch eine Spur zu überdrehen. Die von Luna Wedler gespielte Maxi ist das Opfer: Erst kommen ihre Mutter und ihre beiden Brüder bei einem Bombenanschlag ums Leben, dann wird sie von Karl, dem Drahtzieher des Attentats, aufgespürt und instrumentalisiert. Durch ihn gerät die junge Frau, die in einem eher linken Milieu sozialisiert ist, in die rechten Kreise und vollzieht quasi einen Seitenwechsel.
Sicherlich: Man muss sich darauf einlassen, dass Maxis Weg in die rechte Szene etwas blauäugig wirkt und sie recht spät erst versteht, was bei „Re/Generation Europe“ los ist. Auch werden einige kritisieren, dass Maxi sich von Karl nicht nur ideologisch um den Finger wickeln lässt: die Schöne und das Biest. Maxi ist ein Opfer, in mehrfacher Hinsicht.
Je suis Karl will ganz bewusst zeigen, was viele noch immer nicht sehen wollen: Die Gefahr, die von der Neuen Rechten ausgeht, ist immens, wie man in den vergangenen Jahren live und in Farbe beobachten konnte. Man denke nur an die Erstürmung einer Treppe am deutschen Reichstagsgebäude von rechten Querdenkern im Coronasommer 2020 oder an den Sturm auf das US-Kapitol Anfang dieses Jahres: heftige, geschichtsträchtige Bilder für den rechten Angriff auf die Demokratie.
Je suis Karl wird getragen von einem präzisen analytischen Blick auf die Mechanismen und Strategien der Neuen Rechten – und von den Darsteller:innen, allen voran Wedler, Niewöhner und Milan Peschel als verwitweter Vater. Am Ende gehen Schwochow und Wendrich sogar noch mit dem Kopf durch die Wand und zeigen ein Europa am Rande eines Umsturzes inklusive bewaffneter Straßenschlachten. Das ist viel, vielleicht auch zu viel des Guten, aber auf einen Kompromiss ist das Duo eben nicht aus.
Info
Je suis Karl Christian Schwochow Deutschland 2021, 128 Minuten
Kommentare 14
Wenn es nach der bürgerlich-konservativen Mitte der Gesellschaft geht, dann sind allerdings die "roten Socken" und die sogenannten Linken dafür verantwortlich, dass es heute eine neue extrem nationalistische Rechte gibt, die im feinen Anzug und Krawatte ihre sozialdarwinistischen, rassistischen, antisemitischen und nationalistischen Parolen unter das Volk bringt und den Holocaust, die Diktatur des Dritten Reiches und den Zweiten Weltkrieg vollkommen ungestraft als "Vogelschiss" in der Geschichte bezeichnen darf.
Richtig ist, die meisten Rechtsextremen tragen heute keine Glatze, Bomberjacke und auch keine Springerstiefel mehr. Sie zünden heute auch nicht mehr so plumb, aber medienwirksam Asylbewerberunterkünfte an und sie prügeln heute auch nicht mehr so oft mit Baseballschlägern auf Obdachlose und Asylbewerber ein und treten ihnen mit ihren Springerstiefeln auch noch dann in den Bauch ode auf den Kopf, wenn sie bereits blutüberströmt am Boden liegen.
Die bürgerliche Mitte Deutschlands ist spätestens seit der "geistig-moralischen Wende" eines gewissen Dr. Helmut Kohl von der CDU (einer angeblich "christlichen" Partei) Anfang der 1980er Jahre nicht nach links, sondern schleichend nach rechts gerückt. Nur die bürgerliche Mitte der Gesellschaft und die Rechten behaupten in den Medien permanent und überall das Gegenteil.
Die Geschichte wiederholt sich zwar nicht wie eine TV-Serie oder ein Spielfilm im Fernsehen. Aber auch die NSDAP war keine Partei der Arbeitslosen, Obdachlosen, Armen, Wohnungssuchenden und der vielen sogenannten kleinen Leute.
Die NSDA(rbeiter)P war auch keine Partei von Arbeitern für Arbeiter, obwohl das "A" für Arbeiter das vorgauckelt. Nach der "glorreichen" Machtübernahme 1993 wurden nämlich erstmal die Gewerkschaften gleichgeschaltet und die Löhne eingefroren.
Selbstverständlich wurden nach 1933 auch Arbeitsplätze geschaffen, vor allem in der Rüstungsindustrie, um sich gegen die russischen Untermenschen verteidigen zu können, bekanntlich haben die Russen den Ersten Weltkrieg angefangen.
Irgendwann behaupten die heutigen medialen Vertreter der bürgerlichen Mitte von rtl-news, Tagesschau, Tagesthemen, heute-journal, FAZ, Welt usw., die Russen hätten auch den Zweiten Weltkrieg angefangen. Das waren nicht die Russen bzw. einer der Vorgänger von Putin, werte Mitbürger der radikalen bürgerlichen Mitte, das waren die anständigen, ehrbahren, aufrechten, pflchtbewussten, tüchtigen, fleißigen, ordentlichen, pünktlichen, sauberen und "christlichen" Deutschen mit dem "größten Führer aller Zeiten" Adolf Hitler.
Die NSDAP war eine Partei, die aus der konservativ-bürgerlichen Mitte der Gesellschaft entstanden ist.
"Derjenige ist wirklich und wahrhaft sozial, der Arbeit schafft."
Dieser Slogan, der auf den ersten Blick und vordergründig plausibel klingt, aber außerachtlässt, ob und wie man von der Arbeit leben kann (Stichworte: Hartz IV-Aufstocker, gesetzlicher Mindestlohn), stammt nicht etwa von Adolf Hitler oder der NSDAP. Das war eine Parole des Rüstungs- und Medienunternehmers Dr. Alfred Hugenberg, Mitglied der nationalkonservativen, antisemitischen und monarchistischen DNVP (aus einer Rundfunkansprache zur Reichstagswahl am 28.7.1932, guckst du hier: https://www.dhm.de/lemo/jahreschronik/1932).
Ein schönes Beispiel von linkem Konstruktivismus a la SPD-Nahles & Co. Ich bastle mir die Welt zusammen, wie ich sie gerne sehen möchte. Ob dabei so etwas wie Realität vorkommt oder nicht, spielt eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Eine Selbstgefälligkeit ohne Gleichen. Die pauschale und instinkthafte Gleichsetzung von konservativen Ansichten mit der alten NSDAP bzw. mit den neuen Rechten, die sich einen bürgerlichen Anschein geben, zeigt eindeutig, dass sich der Trend der Realitätsverfremdung bis zu Leugnung in einigen Köpfen ungehindert fortsetzt; von einer unterentwickelten Reflektionsfähigkeit, was den eigenen ideologischen Standpunkt betrifft, ganz abgesehen. Dass die CDU die SPD und teilweise sogar „Die Linke“ links überholt hat, stellt kein ernstzunehmender Politologe in Frage (Stichwort beispielweise Mindestlohn). Man muss natürlich auch zugeben, dass die SPD unter Schröder, Nahles & Co viel von ihren „sozialdemokratischen Positionen“ preisgegeben hat – was sie zwar intellektuell und in Bezug auf vorausschauende Politik in die bildungsfernen Schichten verortet, sie aber in keinster Weise zu NAZIS macht. Aber dererlei Differenzierungen scheinen hier unangebracht bzw. unnötig; verkomplizieren sie doch die eigene Weltsicht erheblich und nach Verlust der linken, intellektuellen Vorherrschaft in den frühen 80er Jahren sind viele einfach auch nicht mehr in der Lage sich mit dererlei Aspekten auseinander zu setzen. Man könnte jetzt fragen, was mit den konservativen Christen ist. Ich meine jetzt nicht die Christen der evangelischen Staats- und Amtskirche. Ich meine vielmehr die Christen, die der katholischen und apostolischen Kirche (also der weltumfassenden Kirche) angehören, die schon seit jeher jenseits aller nationalen Entwicklungen weltumfassend organisiert waren und in gewissens- und weltanschaulichen Fragen nicht dem deutschen Kanzler unterstanden? – Ach ja…das waren ja weltweite NAZIS (vermute ich mal).
Gleichzeitig ist zu fragen, wo dieser konstruktivistische Blödsinn kommt, dass die Russen überhaupt einen Weltkrieg angefangen haben. Allerdings finden sich antirussische Positionen in jeder fast jeder Partei (bin schon gespannt, wann die erste Behauptung auftaucht, dass Putin für das Wahlchaos in Berlin verantwortlich sei). Die Linke bildet da eine Ausnahme, allein aus dem Grunde, dass man zusammen mit den Grünen gewissen undemokratischen Methoden – Stalinismus etc. – ideologisch sehr nahesteht. Es hat sich die Tendenz durchgesetzt, dass man erst mal behauptet, den Beweis schuldig bleibt aber schon mal den Kampf gegen rechts postuliert, ob es da einen ursächlichen Zusammenhang gibt oder nicht. Ich erinnere hier gern an Hakenkreuzschmierereien der Linken und/oder Grünen, um so etwas wie eine rechte Gefahr zu inszenieren, die sich selbstredend dazu eignet, die eigene Existenz und den Kampf gegen den immerwährenden Nazi zu rechtfertigen.
Grundlegend offenbar sich hier eine rückwärtsgewandte Sichtweise gepaart mit der Unfähigkeit nach vorn zu schauen – ist sie ja auch DIE Rechtfertigung dafür, dass es so etwas wie die „Die Linke2 überhaupt noch gibt. Bemerkenswert ist es insbesondere daher, weil es die Klasse der Proletarier eigentlich gar nicht mehr gibt. Selbst die eingefleischten Linken wollen keine Proleten sein. Außerdem hat die Industrieproduktion nicht mehr den Stellenwert, die sie vor 100 Jahren hatte. Mit dem Grundton der Überzeugung zu behaupten, dass alles Nazis und Rechte seien (außer man selbst - natürlich), die eine Gefahr für Staat und Gesellschaft darstellen und damit die eigene Existenz notwendiger Weise begründet, führt eben zu einer Diffamierung der gesamten bürgerlichen Mitte, die dieses demokratische System aufgebaut und installiert haben. Und die Tagesschau, Tagesthemen, heute-journal, FAZ, Welt etc. in eine bürgerliche Mitte zustellen, unterstreicht nur noch deutlicher, dass „Die Linken“ gänzlich den Bezug zur Realität verloren haben und unfähig sind, die neue Zeit zu begreifen, geschweige denn Antworten auf die Probleme der Zeit zu finden und gegeben. Gebetsmühlenartig wird alles, was sich kritisch äußert in die rechte Schubladen des eigenen Denkens und der eigenen Ideologie gesteckt, wobei sich dieser Realitätsverlust (noch) auf die Hilfe der Medien stützen kann – noch. Denn es gibt keine Bewegung ohne Gegenbewegung – oder wie es im dritten newtonsches Gesetz heißt: „Actio est Reactio“. Wer immer nur nach hintern schaut, kann nicht sehen, war vor ihm ist.
Und noch eine kleine Anmerkung: Die größtmögliche Opposition zu einem Staat, der die linke Ideologie des „alle-sind-gleich-und-wer-es-nicht-so-sieht-ist-eine-Nazi“ wie eine Reliquie vor sich her trägt, die den Bekenntniszwang zum Kampf gegen den immerwährenden Nazi tagtäglich verlangt…..tja, was wird das wohl sein? Das dürfen Sie jetzt selbst herausfinden.
Richtig, richtig, denn wir haben ja gar keine Armut und keine Umweltprobleme. Dank der Konservativen ist alles in Ordnung. Linke sind so was von Rückwärts. Schwurbeln Sie nur ruhig weiter. Ich freu mich, ganz konservativ, auf das Ende vom Lied.
irgendwie hab ich scon wieder das gefühl, der deutsche film begreift nicht ganz. sind wirklich die "neuen" nazis das problem? sondern wie kommentar 1 nicht beschreibt, die nach rechts gerückte mitte, die bürgerliche politik, die bürgerlichen medien. schon etwas offensichtlicher, kommen in sachen überwachung und optimierung faschistische strukturen zum tragen. und das obwohl ständig behauptet wird, man würde sich vom faschismus distanzieren.
Zitat: "Die pauschale und instinkthafte Gleichsetzung von konservativen Ansichten mit der alten NSDAP bzw. mit den neuen Rechten, die sich einen bürgerlichen Anschein geben, zeigt eindeutig, dass sich der Trend der Realitätsverfremdung bis zu Leugnung in einigen Köpfen ungehindert fortsetzt ..."
Wo bitteschön habe ich "konservative Ansichten" mit der "alten NSDAP" bzw. den "neuen Rechten" gleichgesetzt? Wo? Wo?
Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass die NSDAP historisch gesehen keine linke Arbeiterpartei war, obwohl das Wort "Arbeiter" im Namen NSD"A"P zweifelsohne vorkommt, sondern aus der bürgerlich-konservativen Mitte entstanden ist oder wollen Sie das ernsthaft abstreiten oder leugnen?
Vom Himmel gefallen ist die NDSAP jedenfalls nicht und aus der Hölle gekrochen sind die Nazis auch nicht. In dem einen Fall wäre Gott verantwortlich, in dem anderen Fall Mephisto aka der Teufel.
Stellt sich die Frage: Was sind heutzutage im Jahre des Herrn 2021 "konservative Ansichten"?
Ist es "konservativ", wenn man "notleidenden" Banken auf Kosten der Allgemeinheit bzw. aller Steuerzahler zig Milliarden Euro in den Hintern schiebt, weil sich die Banker und Fondsmanager beim Pokern an den Finanzmärkten verzockt haben, wie dies 2007/2008 der Fall war? Vielleicht ist es "konservativ", wenn man sich nicht mehr daran erinnern kann?
Ist es "konservativ", wenn es gleichzeitig rund eine Million Hartz IV-Aufstocker in diesem unserem angeblich "christlichen" Lande gibt, die Vollzeit arbeiten und von der Arbeitsagentur unterstützt bzw. auf das Hartz IV-Niveau aufgestockt werden (müssen), weil der gesetzliche Mindestlohn zu niedrig ist und die Mieten und Immobilienpreise explodieren?
Ist es "konservativ", wenn im Hartz IV-Regelsatz für einen 16-jährigen Jugendlichen weniger als 1 (in Worten: ein) Euro pro Monat für "Bildung" angesetzt wird, aber Einkommensmillionäre, also Bürger, die in einem einzigen Jahr mehr als eine Million Euro verdienen, auf Kosten der Allgemeinheit auch noch mit Kindergeld allimentiert werden?
Ist es "konservativ", wenn der Grenzsteuersatz bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 50.000 Euro aus Arbeit (=selbständige oder nicht selbständige Tätigkeit) bei ESt I/0, Kist=0 ceteris paribus höher ist als der Grenzsteuersatz eines sogenannten "Leistungsträgers", der eine halbe Milliarde (=500.000.000) Euro Dividende im Jahr fürs Nichtstun kassiert?
Vielleicht ist es "konservativ", wenn man nicht weiß, was der Grenzsteuersatz ist?
Dann sollte man auch die Cojones bzw. Eierstöcke in den Boxershorts bzw. dem Damenslip haben und das sagen. Wo ist das Problem? Où est le problème? Liegt es an der Sprache?
Das alles war und ist nämlich die real existierende neoliberal-konservative Politik der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft und weder die Politik der "Linken", aber auch nicht die Politik der "Rechten".
Oder wer bitteschön hat in den letzten vier Jahrzehnten in Deutschland regiert? Wer hat in den letzten vier Jahrzehnten in diesem Lande regiert? Erich Honecker und/oder Adolf Hitler?
Linke Sozialisten (aka "rote Socken") waren es jedenfalls nicht und rechte Faschisten (aka "Braunhemden") waren es auch nicht. Und die Russen, die Franzosen, Italiener, Spanier, Marokkaner, Südafrikaner oder die kleinen Männchen vom Mars waren es auch nicht. Vielleicht waren es die sieben Zwerge hinter den sieben Bergen?
Oder was ist "konservativ? Was ist "konservativ"? Nach unten treten und nach oben buckeln, am 24.12. in die Kirche gehen und am 25.12. eine goldbraun gebratene und knusprige Weihnachtsgans verspeisen? Christlich ist das jedenfalls nicht, das ist scheinheilig.
"Dass die CDU die SPD und teilweise sogar „Die Linke“ links überholt hat, stellt kein ernstzunehmender Politologe in Frage (Stichwort beispielweise Mindestlohn)."
Wie bitte!?
Die Filmauswahl in der Besprechung ist prägnant und hat (ziemlich) alles eingefangen, was in den letzten fünfzehn Jahren zur Rechtsradikalen-Thematik gut war. Das ein oder andere sehe ich anders (etwa den Erstling des NSU-Dreiteilers von der ARD); »Je suis Karl« ist in diesem Herbst jedoch sicher ein »Must«-Film. Wobei der Plot – die Neu-Rechten vor der Machtergreifung – keine Erfindung der »Je suis Karl«-Macher ist. In Frankreich sind sie – aus bekanntem Anlass – bereits länger an der Thematik dran. Eine ähnliche Geschichte verfolgt »Chez nous« von Lucas Belvaux. Das Script geht zurück auf den Polar-Autor Jerôme Leroy, der mit dem Roman »Der Block« bereits vor einigen Jahren eine ähnliche Geschichte zu Papier brachte, wie sie »Je suis Karl« zeigt.
Leider – der Pferdefuß – sind die Anlässe für diese guten Stoffe todernst. In Deutschland mögen AfD & Co. noch ein gutes Stück weit weg von entscheidenden Machtpositionen sein. Allerdings: Um zu einem Breaking Point zu gelangen ähnlich wie Marie Le Pen genügen den deutschen Rechten nur zwei, drei Punkte, die glücklich zusammentreffen müssen – Krise, Charismatiker & Überläufer von genügend hohem Kaliber. Wenn das zusammen einträfe, hätten Weidel & Co. sozusagen den Sechser-Lottoschein mit richtiger Zusatzzahl in der Tasche. Und der Rest stände tatsächlich vor der Situation, es besser machen zu müssen als ihre Vorgänger 1930 ff.
"Leider – der Pferdefuß – sind die Anlässe für diese guten Stoffe todernst."
Daran wird sich dann die Qualität des Films messen lassen müssen. Damit der Bezug zur aktuellen Realität nicht der "Pferdefuss" des Films sein wird, wird "Bad Banks" wird man hier nur bedingt als Vergleichsmarke heranziehen dürfen. Balkenborg zieht zwar bereits den Vergleich zu Schwochos Bankensaga in Sachen Authentizität und wie diese dort, wie eben wohl auch in "Je suis Karl", aus dramaturgischen Zwecken in die Übersteigerung gezogen wird. Der gesamtgesellschaftliche Dimension der 'smarten Rechten' ist in letzterem aber hoffentlich stärker ausgeleuchtet als in jenem Drama um Jana Liekam.
Sorry für die Fehler im Text. Der Inhalt wird aber sicher klar.
Ja – in der Tat. Aber Selbstgespräche in Foren haben immer was Charmantes ;-).
Fazit: ich habe vor der extremen Mitte Angst. Nazis= Randerscheinung, im Gegensatz zu 1 nicht mehrheitsfähig.
Ohje ... leider Widerspruch: Einerseits löst der Film die Thematik in einer Klischee - Suppe auf, die es jedem supereinfach macht, sich davon zu distanzieren. Andererseits trieft er vor bürgerlicher Moral, die das alles ganz ganz schlimm findet aber nicht erkennt, warum unsere Gesellschaft diese Politik en Masse produziert: Die Lehrer landauf, landab wird's freuen. Die Nina, Geschichts LK, wird finden, das Ganze, also diese Nazis, sind total problematisch. Aber man muss eben mit denen reden. Neben der pädagogischen Aufbereitung, die an deutschen Filmen immer nervt, sind Schauspiel und Drehbuch zum fremdschämen.
man kann sich aber beruhigen auf der richtigen seite zu sein. auch wenn man extreme mitte ist, auf pöhse nazis zu zeigen, das funzt. der deutsche untertanswahn- ich bins nicht gewesen, hitler ists gewesen.
Hm. Wie kommt es nur, wie kommt es nur, dass die neue linke Szene so unfassbar gute Einblicke in die neue rechte Szene haben? Gibt's das eigentlich auch in umgekehrt?