Deutschland bekommt ein neues oder zumindest verändertes Einbürgerungsrecht. Alle Vorzeichen deuten auf einen ordentlichen Wurf hin. Und doch gibt es Grund zur Sorge. Denn was wird sich verändern? Zum einen wird die Aufenthaltsdauer für das Erlangen der deutschen Staatsangehörigkeit generell reduziert: von acht auf fünf Jahre und in Ausnahmefällen sogar auf drei Jahre. Diese Reduzierung wird an die „Integrationsleistungen“ der Bewerbenden geknüpft. So muss das Sprachniveau auf der C1-Stufe liegen. Auch ehrenamtliches Engagement wirkt sich positiv aus. Negativ hingegen wirkt sich der Bezug von Sozialleistungen und die Verurteilung wegen Straftaten aus. Letzteres ist keine Neuerung, wird jedoch um weitere Straftaten erweitert.
Was sich ebenf
Straftaten erweitert.Was sich ebenfalls nicht durch das Gesetz verändert: die Anerkennungspraxis von Abschlüssen aus dem Ausland. Dabei ist das längst das größte Hemmnis für Einwanderung. Aber es bewegen sich auch Dinge in die richtige Richtung. So wird bald die „Mehrstaatigkeit“ grundsätzlich zulässig sein. Irgendwo verständlich mag auch sein, dass in Zukunft Einbürgerung ein „Bekenntnis“ zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes voraussetzt. Warum sollte die Gemeinschaft Menschen in sich aufnehmen, die ihre grundsätzlichen Strukturen ablehnen? Aber macht ein solches Bekenntnis deshalb Sinn? Man darf ja nicht vergessen: Sobald die Einbürgerung vollzogen wurde, ist dieses Bekenntnis bereits wieder hinfällig. Immerhin zwingt das Grundgesetz keinen deutschen Staatsangehörigen dazu, diese Wertvorstellungen zu teilen. Er darf sie nicht bekämpfen, aber das Ablehnen der Werte des Grundgesetzes steht durch den Schutz der Meinungsfreiheit jedem frei.So verhält es sich auch mit der jetzt kommenden Erweiterung, dass eine Einbürgerung nicht erfolgen kann, wenn der Bewerbende „durch sein Verhalten zeigt, dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet.“ Dabei ist die praktische Frage noch nicht einmal beantwortet, welches Verhalten diese Annahme überhaupt rechtfertigen würde, das nicht bereits die Erfüllung einschlägiger Strafnormen beinhaltet.Viel gravierender als das Verlangen von Lippenbekenntnissen ist jedoch die mediale Begleitung des Gesetzesentwurfs durch den Justizminister Marco Buschmann (FDP). In mehreren Interviews und Sharepics wird dieser nicht müde zu betonen, dass eine „Einwanderung in die Sozialsysteme“ Deutschlands ausgeschlossen sei. Es ginge nur um Einwanderung in den Arbeitsmarkt! Dass diese Aussage faktisch keinen Sinn ergibt, da Arbeitnehmende grundsätzlich in die Sozialsysteme einzahlen und auch von ihnen profitieren, wenn es nicht gerade um Schwarzarbeit oder Minijobs geht, sei dahingestellt. Dass diese Aussage eins zu eins von Wahlplakaten der rechtsradikalen Republikaner, der AfD, DVU und NPD abgeschrieben wurde, kann hingegen nicht übergangen werden.Bei all dem Bekenntnis, das von Einwandernden zu Menschenrechten und zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung verlangt wird, verliert sich die Ampel-Koalition vollständig im Bedienen rechtsradikaler Wahlkampfsprüche. Dass es sich bei Einwandernden immer noch um Menschen handelt und nicht bloß Opfergaben für den Arbeitsmarkt, die auf Verwertbarkeit überprüft werden, ist allem Anschein nach aus dem Blickfeld geraten.