Ich verstehe NFTs nicht. Also grundsätzlich, zumindest ganz grob, versteh ich die dahinterstehende Speichermöglichkeit in Blöcken. Auch, dass der Kapitalismus die absurdesten Begehren hervorbringen muss, um sich weiter durchzufressen. Und ich verstehe die Vorteile von NFTs, also dass Möglichkeiten der finanziellen Selbstermächtigung für marginalisierte Gruppen entstehen, sobald neue Märkte erschlossen werden. Aber was ich nicht verstehe: Warum zum Teufel will jemand digitale Bildchen kaufen, die man sich so oft man möchte, an Bildschirmen anschauen kann, egal, ob sie einem gehören oder nicht? Bilder, die oft nur hergestellt werden, weil man eben noch ein Stück vom Hype will? Wer ist so dumm und kauft NFTs von Cro beispielsweise?
Nun ist es so, dass man Kunst nicht verstehen muss. Aber die Frage ist doch, ob ich mir diese Ignoranz leisten kann oder ob ich nicht viel eher meinen Arsch hochkriegen muss, die Kryptowährung „Ethereum“ kaufen, lernen, was „discord“ ist, was „minten“ genau bedeutet und wie man all das nachhaltig macht. Wo ist der Unterschied zwischen den ganzen Marktplätzen? Und was sind eigentlich „CryptoPunks“? Mach mal deine Hausaufgaben, Fräulein! Das Problem ist nur, es interessiert mich leider nicht so. Ob die Galerie König jetzt auch NFTs verscherbelt oder lustige Berliner Start-ups Streetart zu NFTs machen, da regt sich bei mir nichts.
Nun aber hat die Musikerin und Computer-Künstlerin Holly Herndon letzte Woche ihr Projekt Classified veröffentlicht. Das sind 80 Selbstporträts. Dazu schreibt sie: „made in conversation with the OpenAI CLIP classification ‚Holly Herndon‘“. Und wenn ich es richtig verstehe, hat sie dafür eine künstliche Intelligenz mit Geräuschen und Bildern und anderen Informationen gefüttert und die hat dann daraus mit CLIP am Rechner diese verschiedenen Hollys gemacht. Und die finde ich wirklich gut. Die Bilder, die sie auf Instagram zeigt und als NFT verkauft, wirken wunderbar entrückt, verzerrt, entstellt, blutig, psychedelisch, verletzlich, liebevoll. Sie erinnern an bekannte Meister. Sind mal abstrakt, mal förmlich. Vermeer trifft Cindy Sherman. Und Paula Modersohn-Becker. Und all die anderen Kunstdruck-Künstler, die in Lehrerwohnungen hängen.
Herndons Arbeiten verstehe ich zwar auch nicht so ganz – weiß nicht, wer hier was macht und warum, aber es hat etwas ganz Melancholisches, wie der Computer auf die Künstlerin zu gucken scheint. Oder die Künstlerin aus dem Computer. Und all das wirkt, als ob die Kunst um der Kunst willen gemacht wurde, nicht für den Hype.
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