Nicht auf Rosen gebettet

Mocambique und die Regionalintegration in der SADC Den "Free Trade Blues" tanzen vorerst die anderen

Ursprünglich war die Southern African Development Coordination Conference Community (SADCC) 1980 gegründet worden, um seitens der sogenannten Frontstaaten Mosambik, Sambia, Botswana und Angola wenigstens ansatzweise ein Gegengewicht zur ökonomischen Omnipotenz Südafrikas in der Region zu etablieren. Das ist nie wirklich gelungen, andererseits bot sich die SADCC schon im Zuge der Implosion des Apartheid-Systems als Nukleus regionaler Integration an. Bereits 1992 wurde so mit dem "Vertrag von Windhuk" die Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (Southern African Development Community/SADC) gegründet, die heute 14 Mitgliedstaaten (außer den SADCC-Gründern: Südafrika, DR Kongo, Malawi, Lesotho, Namibia, Swasiland, Simbabwe, Tansania, Mauritius, Seychellen) zählt. Dieser Integrationsschritt konnte davon profitieren, dass er nicht zuletzt auf dem Boden der bereits seit 1910 bestehenden Zollunion Südafrikas mit Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland Halt finden konnte .

Dennoch blieb es bis in die zweite Hälfte der neunziger Jahre mehr bei der Absicht, sich gegenseitig bei der Verankerung der Nationalökonomien auf dem Weltmarkt zu unterstützen. Konkrete Schritte gab es kaum. Zu heterogen waren die Interessenlagen, zu groß war vor allem das Gefälle zwischen dem, was die einzelnen SADC-Mitglieder an wirtschaftlichen Potenzial in die Waagschale zu werfen vermochten.

Erst ein Wandel der SADC-Philosophie, die fortan den regionalen gegenüber dem globalen Freihandel (*) zu favorisieren suchte, brachte eine gewisse Zäsur. Sie wurde am 1. September 2000 mit einem Freihandelsabkommen von elf SADC-Staaten (Angola und Kongo wurden wegen ihrer Verstrickung in regionale Kriege ausgeschlossen - die Seychellen traten nicht bei) besiegelt. Das bemerkenswerteste Resultat des Agreements bestand darin, dass Südafrika erstmals - trotz geharnischter Proteste des nationalen Unternehmerverbandes - Abstriche an seiner überragenden Dominanz innerhalb des SADC-Verbundes akzeptierte. Zusammen mit seinen Partnern aus der erwähnten Zollunion gelobte Pretoria, seine Zollbarrieren schneller abbauen zu wollen als die übrigen SADC-Staaten. Sämtliche Zölle bis zu einer Höhe von 17 Prozent wurden sofort eliminiert, die zwischen 18 und 25 Prozent sollen innerhalb von drei Jahren folgen. Bis zum 31. Dezember 2005 werden dann innerhalb der Freihandelsunion 97 Prozent aller heute vorhandenen Zölle verschwunden sein - Ausnahmen gelten nur für Zucker, landwirtschaftliches Gerät und Personenkraftwagen. Dass Südafrika damit Konzessionen machte, aber keinesfalls ökonomisch zur Ader gelassen wurde, geht schon aus der Tatsache hervor, dass es noch 1999 - also ein Jahr vor dem Freihandelsabkommen - sieben Mal mehr in den SADC-Raum exportierte als es von dort importierte. Außerdem erbrachte die südafrikanische Wirtschaft von den zu diesem Zeitpunkt annähernd 190 Milliarden Dollar Bruttoinlandsprodukt der SADC (ohne Angola und Kongo) knapp 70 Prozent.

Nur Markt-Rudimente

Allein diese Proportion weist auf die labile Position solcher Mitglieder wie Mosambik, das wie die meisten SADC-Staaten von wenigen Exportgütern (Zucker, Baumwolle, Steinkohle, Erdgas) extrem abhängig ist und über keinen ausfuhrorientierten verarbeitenden Sektor verfügt (s. Übersicht). Damit unterliegt das Land wie andere SADC-Mitglieder auch den starken Preisschwankungen, wie sie die Konjunktur auf den Weltmärkten mit sich bringt. Angesichts einer äußerst kargen Warenskala sind in derartigen Situation kaum Kompensationen auf dem SADC-Markt zu erwarten. Wenn 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung beschäftigungslos sind oder in den auf Subsistenzwirtschaft gegründeten Agrarzonen leben, verfügt ein Land wie Mosambik schlichtweg über eine nur begrenzt integrationsfähige Ökonomie, weil schon der nationale Markt rudimentär bleibt. Auch unausgeschöpfte Handelspotenziale wie Genussmittel, Textilien und Bekleidung sorgen kaum für Entspannung. Sie können bestenfalls zu Niedrigpreisen angeboten werden, so dass der Erlös Wachstumseffekte schuldig bleibt. Im Unterschied dazu sind die Staaten der alten Zollunion Botswana, Südafrika, Lesotho, Namibia und Swasiland mit ihren Industrieprodukten laut WTO bei immerhin 80 Warengruppen international oder regional wettbewerbsfähig - Mosambik ist es vorerst bei keiner.

(*) Ein wichtiger Schritt dorthin war das 1999 abgeschlossene Handelsabkommen Südafrikas mit der EU, das ersterem bis dato nicht vorhandene Vorteile auf dem europäischen Markt bringt.

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Geschrieben von

Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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