Noch kein ruhiges Hinterland

Machtkampf Der Osten als „Flügel“-Land, die AfD im Westen „gemäßigt“? Das könnte sich ändern
Ausgabe 29/2019
Gekommen, um zu bleiben: die AfD im Osten
Gekommen, um zu bleiben: die AfD im Osten

Foto: Sean Gallup/Getty Images

In der AfD regt sich origineller, wahrscheinlich aber erfolgloser Widerstand gegen Björn Höcke. Bekanntlich hatte der „Flügel“-Frontmann auf dem sogenannten Kyffhäuser-Treffen nicht nur die „Altparteien“, sondern auch den eigenen Parteivorstand scharf angegriffen. Nun fordert ein Kreis um den rheinland-pfälzischen Landeschef Uwe Junge, dass sein thüringischer Amtskollege Höcke für den Bundesvorsitz der AfD kandidieren solle. Das Scheitern der Kandidatur ist dabei eingeplant. Dieser Vorschlag ist riskant. Denn Anhänger des „Flügels“ könnten bei den kommenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen wichtige Erfolge erzielen. Der Osten ist schon jetzt weitgehend „Flügel“-Land. Die Höcke-Kritiker kommen hingegen fast alle aus dem Westen. Und im Gegensatz zum „Flügel“ sind vermeintlich „bürgerliche“ Strömungen wie die „Alternative Mitte“ eher für Journalisten interessant. In den letzten Jahren konnte Höcke im Rahmen seiner Kyffhäuser-Treffen auch die Parteisprecher Alexander Gauland und Jörg Meuthen begrüßen. Gerade der als Altkonservative verklärte Gauland war dabei der wichtigste fellow traveller des „Flügels“. Die Forderung nach einer Fundamentalopposition stammt von ihm. Und Vokabeln wie „Vogelschiss“ sind selbst einem Höcke fremd.

Der um Höcke betriebene Personenkult gilt aber jenseits seiner Klientel als schwer vermittelbar. Und besonders im Westen besteht wenig Interesse an einer Lega Ost. Deshalb ist die an den thüringischen Landesvorsitzenden gerichtete Aufforderung zur Kandidatur nicht völlig abwegig. Als Faustregel gilt: Im Osten hat die AfD ihre Wahlhochburgen, im Westen hat sie ihre mitgliederstärkeren Landesverbände. Und in diesen tobt der Machtkampf besonders hart. Nordrhein-Westfalen etwa verfügt über den größten Landesverband. Die dortigen „Flügel“-Leute konnten nur deshalb im Vorstand verbleiben, weil die für ihre Abwahl erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht werden konnte. Mit Blick auf die Mitgliederstärke in den einzelnen Bundesländern und den daraus resultierenden Delegiertenschlüssel ist die AfD eben auch eine West-Partei. Und dort hat der „Flügel“ anders als im Osten – noch – kein ruhiges Hinterland. Allerdings konnte Höckes Verbündete Doris von Sayn-Wittgenstein den Kampf um den erneuten Landesvorsitz in Schleswig-Holstein knapp für sich entscheiden. Und Jörg Meuthen wurde jüngst wegen seiner Kritik an Höcke vom eigenen Kreisverband in Baden-Württemberg abgestraft und nicht mehr als wahlberechtigter Delegierter für den Bundesparteitag gewählt. Höckes einstige Intimfeindin Alice Weidel hat dagegen den Schulterschluss mit dem Schattenvorsitzenden der AfD vollzogen.

Selbst wenn Höcke der Aufforderung zur Kandidatur nicht nachkommt, verfügt er auch ohne den Parteivorsitz über prägenden Einfluss. Seine Gegner formulieren ohnehin eher Stilkritik denn inhaltliche Einwände. Die aktuelle Zerstrittenheit der AfD muss nicht lange anhalten. Denn das Ergebnis der kommenden Landtagswahlen könnte auch die Mitglieder im Westen im wahrsten Sinn des Wortes beflügeln.

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