Alles Reden, alles Schreiben hilft nicht, wenn man es mit Politikern zu tun hat. Jetzt ist der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann mit dem Vorschlag herausgekommen, man solle Überlegungen zu einer – dringend notwendigen - Rentenreform aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten. Solche Mahnungen sind nicht neu. Bei so manchen Themen, die den Parteien nicht lieb sind, wird gern Besorgnis geäußert mit dem Ziel, eine Übereinkunft zum Schweigen zu erreichen. Da geht man etwa in Hessen seit Jahrzehnten still über die oft erwogene Absicht hinweg, die Todesstrafe abzuschaffen, die in der Landesverfassung noch vorgesehen ist. Verfassungsänderungen sind dort aber nur durch Volksabstimmung möglich. Allein, das Volk, „den großen Lümmel“ (Heine), möchte man dazu lieber nicht auf den Plan rufen. Zwar würde gewiss die Mehrheit für die Abschaffung sein. Doch wie groß wäre peinlicherweise die Minderheit?
Ein politisches Projekt aus dem Wahlkampf herauszuhalten, bedeutet allerdings etwas ganz anderes. Das ist immer schlecht für das Ansehen der Demokratie. Und schon der Vorschlag, das zu tun, ist besonders schlecht in einer Zeit, da Populisten offen von „Kartellparteien“ sprechen und damit zum Ausdruck bringen wollen, dass, allen voran in Berlin, Regierungsparteien und Oppositionsparteien unter einer Decke steckten. Darüber sind die Demokraten zu Recht empört, denn das stimmt nicht. Der Vorschlag von Thomas Oppermann aber erweckt den Eindruck, es könnte stimmen.
Ähnlich verhält es sich mit der parteiübergreifenden Zurückhaltung, den nächsten Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung in einer Kampfabstimmung wählen zu lassen. Berufungen des Staatsoberhaupts im Konsens der meisten sind keineswegs Regel in der Bundesrepublik. Gustav Heinemann, Walter Scheel und Karl Carstens wurden gewählt, um eine politische Richtungsentscheidung vorzugeben. Und das waren nicht die schlechtesten Präsidenten. Horst Köhler wurde als Seiteneinsteiger gewählt – er leistete gute Arbeit, so mit seiner Bekümmerung um Afrika –, zeigte sich aber dem politischen Druck nicht gewachsen, als er wegen einer Lappalie von Bundestagsabgeordneten übel angegriffen wurde. Theodor Heuss und Richard von Weizsäcker bewiesen mit ihrer Amtsführung politische Präsenz, wenn auch nicht immer in Übereinstimmung mit den Parteien, denen sie ihre Wahl zu verdanken hatten. Das gilt auch für Christian Wulff mit seinem Wort vom Islam als Teil Deutschlands. Also: keine Angst vor Politik bei Wahlen.
Kommentare 6
Die Niedrigzinspolitik sollte man auch aus dem Wahlkampf heraushalten:
http://www.t-online.de/wirtschaft/id_79407626/niedrigzinsen-der-ezb-kosten-buerger-milliarden.html
Schließlich wählen die Leute nicht gerne Parteien, die sie um die Früchte ihrer Ersparnisse bringen. Da ist es schon besser, man überlässt es künftigen Generationen, sich Gedanken darüber zu machen, wie man mit Menschen umgeht, die nicht für ihr Alter vorsorgen konnten. Die hohen Kosten der Pflege alter Menschen bei abnehmender Leistungsbereitschaft des schlecht bezahlten Personals sollte man möglichst auch nicht ansprechen. Und mit dem Gesundheitswesen ist es auch so eine Sache. Da könnte es die Gesunden wirklich hart treffen, wenn sie wüssten, was ihnen blüht, wenn sie mal richtig krank werden. Also besser auch nicht drüber reden. Das ist allemal besser, als noch drauf lügen zu müssen. Die schon ziemlich abgebrannten Dauerbrenner der Linken, wie Atommüll, Klimawandel und Waffenexporte in Krisengebiete etc. kann man auch gleich links liegen lassen. Schließlich hängen da deutsche Arbeitsplätze dran.
Also dann mal Glückauf im Wahlkampf, Herr Oppermann. Die Wähler sind eh dumm wie Bohnenstroh und werden der SPD deshalb gewiss zu vier weiteren Jahren an den Fleischtöpfen verhelfen, wenn auch nur als Juniorpartner der Union unter Angela Merkel. Los geht's: mit Volldampf in die geschönte neue Wahlkampfwelt.
Unsinn, Herr Oppermann! Wollen Sie die Ungleichheitsentwicklung in unserer Gesellschaft so lassen, wie sie ist?Es wird höchste Zeit, die Themen "soziale Ungleichheit" und Armut im Lande aufzugreifen! Das treibt die Menschen um! Das sind ihre Alltagssorgen! Vor dem Hintergrund der Abgehängten, der unteren/mittleren/oberen Schichten sowie der Superreichen sich Gedanken über die Gesellschaft von morgen zu machen. Die aus der heutigen Ungleichheit resultierenden Parallelgesellschaften (ja, diese gibt es bereits in unserem Lande auch ohne uns auf Moslems oder Flüchtlinge zu fixieren!) infrage zu stellen! Und da ist man zwangsläufig auch bei dem Rententhema!
Wie ist diese Ungleichheit entstanden? Aber noch wichtiger? Wie werden wir sie wieder los? Wer kämpft dagegen, indem er - zu wessen Nutzen? - diese Ungleichheit leugnet - wie die Gegner des Klimawandels auch diesen leugnen? Genaugenommen ist die Ungleichheit das Ergebnis einer "immerwährenden Umverteilung", wie sie in unseren Steuer- und Abgabensystemen seit Jahrzehnten verankert ist! Warum eigentlich? Muß das so sein? Das bereitet Sorgen und Unzufriedenheit in unserer Gesellschaft! Diese aufzugreifen und zu beseitigen müßte eigentlich Kernthema unserer etablierten Parteien sein, wenn sie den rechten Populisten das Wasser abgraben wollten!Nicht hilfreich sind dabei übrigens Statistiken wie z.B. über die Einkommensverteilung, in denen die Gruppe der Reichen bei rd. 40 TEUR p.a. und die der Sehr Reichen bei rd. 60 TEUR p.a. beginnt. Diese Einteilung geht gerade in Ballungsgebieten am Sprachgebrauch und der Lebenswirklichkeit vorbei und führt bei diesen "Bestverdienern" zu Befürchtungen, wenn es um Fragen einer notwendigen Umverteilung geht. Hierfür ist es kontraproduktiv, z.B. gut verdienende Meister und Chef-Sekretärinnen in einen Topf mit den wirklich Super-Reichen zu werfen.
Daran werden wir die Parteien messen, aber nicht, inwieweit sie bei der Erbschaftssteuerreform die Familienunternehmer begünstigt haben! Post-Fakten-Welt?
http://youtu.be/QqoSPmtOYc8
Und im übrigen: nach der Wahl ist vor der Wahl:http://youtu.be/0zSclA_zqK4Viel Spaß beim Anhören!
Die unendliche spezial- und sozialdemokratische Zuhälterei, ungebrochene Schönfärberei und ideologische Klassenversöhnung - im sozialdarwinistischen und modifiziert kapitalfschistischen Bourgeossozialismus - von 1914 bis heute.
Klar dass Oppermann das Rententhema aus dem Wahlkampf raushalten will. War es doch die spd , die bei der Rentenversicherung alles auf Armut gesetzt hat. Wie sie ja auch mit hartz 4+3 +2 +1+ (Steinmeier) weitere Teile der arbeitenden Bevölkerung, auch das Stammpotential der spd ein Fiasko, v.a. eine beispiellose Kinderarmut losgetreten haben.
Die Rente ist ein zentrales Zukunftsthema, vor allem in einer immer älter werdenden Gesellschaft. Zudem produziert der von der SPD zu verantwortende Niedriglohnsektor Altersarmut. Eine Partei, die sich hier wegduckt, sollte vom Wähler in Rente geschickt werden.
Die Überlegung hat schon Stringenz. Die SPD hat bei kaum einem Thema was zu gewinnen. Die anderen im Grunde ebenfalls nicht. Also einigt man sich auf einen Wischiwaschi-Wahlkampf mit dem Minimalkonsens »Alles wird gut«. Die Linkspartei wird da sicher ebenfalls mitmachen – will sie doch mit ins rotrotgrüne Boot. Da in jeder denkbaren Konstellation nur Kosmetik ansteht und die großen Themen bis zum Crash vertagt werden, ist – leider – ebenso klar, wer davon profitieren wird.
Ich brachte den Clip bislang nirgends unter. Andererseits ist die Kebekus derzeit die Einzige, die dem Thema die passende Stimmung abgewinnt – und wenigstens so etwas wie eine Haltung zeigt: