Öko-Test verdient kein Vertrauen mehr

These 2 Sechs skeptische Thesen zum Öko-Lifestyle. Was ist dran an der Kritik an Deutschlands bekanntem Öko-Siegel?

Viele Jahre war Öko-Test meine Bibel: Ich habe mich nach der Geburt meiner Kinder nahezu sklavisch daran gehalten. Unser erster Kinderwagen war, Sie erraten es: der Öko-Test-Gesamtsieger. Kaum zu bewegen, unpraktisch, aber was tun Eltern nicht alles für die Kleinen. Und dann der Hausbau: Öko-Test war mein Bauplan. Wandfarben, Baumaterialen, Dämmstoffe, Heizung – alles „öko-getestet“. Hier schreibt also jemand, der Öko-Test zutiefst vertraut hat und gut kennt. Aber auch jemand, der spätestens mit dem „Nutella“-Test angefangen hat zu zweifeln.

Vor kurzem widmete auch der Spiegel dem Thema Öko-Test einen Artikel. Laut eigener Aussage konzentriere sich das Magazin meist auf Inhalts- und Schadstoffe, schrieb die Autorin, nicht aber auf irgendein Kriterium der Nachhaltigkeit. Dennoch wird es bundesweit von Verbrauchern als Bio-Siegel gesehen: 81 Prozent aller Deutschen kennen laut einer Studie das Öko-Test-Signet. Viele vertrauten ihm sogar mehr als jedem anderen Bio-Siegel.

Dabei steht es lediglich für eine Schad- und Inhaltsstoffbetrachtung, eigentlich sogar nur für eine Schadstoffausschlussbetrachtung. Damit war Öko-Test ein Pionier – vor mehr als 20 Jahren. Damit hat Öko-Test eine gesellschaftspolitische Strömung erkannt und bedient – vor mehr als 20 Jahren. Damit hat Öko-Test viel bewegt – vor mehr als 20 Jahren. In Zeiten des Klimawandels und der Ressourcenknappheit hinken die Produktprüfungen allerdings den Verbraucherbedürfnissen hinterher.

In Zeiten, in denen Konsumenten wissen möchten, ob ein Schwein bei lebendigem Leib abgekocht oder ob für die Produktion von Erdbeeren so viel Wasser verbraucht wird, dass im Herkunftsland Wasserknappheit entsteht, müssen einfach mehr Kriterien überprüft werden. Heutzutage sollten die ökologischen und sozialen Probleme im Lebenszyklus eines Produktes berücksichtigt werden. Erst dann könnte das Öko-Test-Siegel ein Indikator für Ressourcenschutz und Erhalt der Biodiversität sein. Es würde eine Aussage zum Tier- und Klimaschutz sowie der sozialen Verantwortung des Herstellers treffen. Und erst dann könnten Konsumenten aufgrund dieses Siegels bewusst strategisch einkaufen. Sie wären gewiss, dass sie sich für ein nachhaltiges Produkt entscheiden. Und weil der Konsument nie mehr nach Orientierung im Siegel-Dschungel verlangt hat als heute, liegt genau darin die Riesenchance für Öko-Test.

Claudia Langer ist Gründerin , der Plattform für strategischen Konsumutopia.de

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