Oliver Welke lässt uns schmunzeln (recht lustig I)

Politsatire ZDF und Witz geht nicht zusammen? Geht doch. Die erste Folge der "heute show" war bissiger, als man sich erhoffen durfte

Oliver Welke ist schon eine eigenartige Type. Der kann irgendwie alles – das aber nur so, dass man sich nicht richtig daran erinnert. Deswegen blieben alle so verhalten, als das ZDF ihn als Anchorman für eine satirische Nachrichtensendung vorstellte. Und nun, nachdem die erste Sendung gelaufen ist, muss man sagen: Ja, das kann er auch. Trägt der Welke mal Krawatte und frisiert sich die Haare ein wenig strenger, dann geht er auch als seriös wirkender Nachrichtensprecher durch.

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Welke zur Seite stehen zwei, für die Humor ohne mediale Reflektion eh keiner ist: Ex-Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn und Switch-Ensemble-Mitglied Martina Hill. Dahin also soll die Reise der heute show gehen. Und das geht ganz gut, was man dem ZDF so gar nicht (mehr?) zugetraut hätte: Die Witze sind weitgehend politische Witze, die viel Acht auf die Rhetorik geben, auch wenn sie eher selten etwas wagen. Frank-Walter Steinmeier etwa wird zwar für seine angestrengt wirkende Empörung getadelt – aber vor allem auch, und so genau hören nur wenige Satiresendungen hin, wird er in seiner Sprache entlarvt: Wie kann sich einer dadurch in Rage reden, dass "die SPD kein altes Möbelstück sei".

Welke hat Recht: Wie kommt Steinmeier nur auf diesen Vergleich? Ein altes Möbelstück hat nun wirklich keiner gesagt. Auch der Blick, den ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender im Interview mit Horst Köhler aufsetzt, als der mal wieder einen seiner Nicht-Sätze zusammenbaut, wäre einem ohne die Alleinstellung in der heute show entgangen. Wäre schade gewesen, denn der sagt wirklich mehr als Millionen Worte.

Sogar eine gewisse Arroganz erlaubt man sich – und das ist ja wirklich wohltuend: Wenn noch ein anderer als Harald Schmidt die unappetitlich jovialen Gesten perfekt imitieren kann und dem Volk – "ach, nennen wir sie halt mal Grundgesetzfans" – den Spiegel vorhält. So sind natürlich die Ostdeutschen dran, vom Kirchentag hat man schlimme Szenen parat, die uns das Fernsehen bislang wohl guten Grundes vorenthalten hat (dieses protestantische Gesinge und Papierschiffeherumgetrage!), der üblichen TV-Straßenumfragen bedient man sich ("Ich mag Horst Köhler, der sieht gut aus …"), um nicht nur die Bürger, sondern zugleich diese Mode, dem Volk das Mikro vor die Nase zu halten, zu denunzieren. Und dem (echten) Börsenexperten setzt man mit Olaf Schubert einen Interviewer vor, der als Mischung zwischen Extra-3-Alfons und Sich-selbst-am-liebsten-reden-hörendem Beckmann die Wirtschaftsberichterstattung punktgenau konterkariert.

Dass auch das ZDF mit der heute show zufrieden scheint, ist nicht selbstverständlich, bekommt das hauseigene Politbarometer doch eine eigene Parodie namens "Kompetent in Prozent". Auch das Logo der Satiresendung ist den normalen heute-Nachrichten entliehen. Aber es stimmt hoffnungsfroh, wir bleiben dran.

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Geschrieben von

Katrin Schuster

Freie Autorin, u.a. beim Freitag (Literatur, TV, WWW)

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