"Padanische" Seele im Schisma

Kommentar Die Lega Nord und der Europäische "Supersowjetstaat"

Ein Witz muss es sein, wenn ein Staat einen Mann zum Minister macht, der eben diesen Staat spalten will. "Die spinnen, die Römer", könnte man mit Obelix drüber lachen, doch die Sache ist ernst. Umberto Bossi, Chef der separatistischen Lega Nord, ist seit kurzem neuer italienischer Minister für Reformen. Ausgerechnet der Guru "Padaniens" soll den Nationalstaat, gegen den er seit Jahr und Tag lauthals wettert, föderal umgestalten, ohne ihn zu zerschlagen.

Ein Zwiespalt: Als Minister der Berlusconi-Regierung hat er auf die italienische Verfassung geschworen, als Chef der Lega Nord muss er weiter brachialrhetorisch die "padanische" Seele beschwören, die unter der Unterdrückung durch Rom und Brüssel leide.

Es wäre jedoch ein Irrtum zu glauben, weil die Separatistenpartei nun in die Institutionen des Staates eingebunden ist, hätten sich alle Forderungen nach mehr Autonomie von selbst erledigt. Im Gegenteil, nun muss der Staat beweisen, dass er es Ernst meint mit dem Föderalismus und die Ängste vor dem "Europäischen Supersowjetstaat" (Umberto Bossi) nicht einfach ignoriert. Davon hängt auch die politische Zukunft der Lega Nord ab.

Ethnisch-kulturell motivierte Autonomiebewegungen (Baskenland, Nordirland) bekämpfen in verschiedenen Ländern Europas den Zentralstaat und fürchten, im Verwaltungsgiganten Europäische Union völlig unterzugehen. Berechtigte Sorgen, die nur arrogante Eurotechnokraten aus Brüssel einfach vom Tisch wischen. Die Iren haben der EU eine Ohrfeige erteilt, und selbst das traditionell zentralistische Frankreich fördert mittlerweile die Verbreitung der Regionalsprachen. Auch die Bayern, über deren eigene ethnische Identität man wohl streiten darf, haben ein Recht, sich gegen kaum demokratisch legitimierte Suprastaaten zur Wehr zu setzen und den Euro zum Teufel zu wünschen. Dass sie aus wohlverstandenem Besitzstandsdenken gegen die EU zu Felde ziehen, wird dabei natürlich gern verschwiegen.

Umberto Bossi bezeichnet seine süditalienischen Mitbürger dagegen schon mal als faulenzende Erdfresser, denen man das Geld nicht noch nachwerfe. Der fette Mailänder will nicht länger mit seinem armen Bruder aus Neapel teilen. Ein pekuniärer Egoismus, aus dem die Lega Nord politisches Kapital schlägt.

Um solchen rechtsgerichteten Abschottungs- und Segregationstendenzen Einhalt zu gebieten, müssen die Nationalstaaten und muss die EU den Menschen in den Regionen politische Einflussmöglichkeiten verschaffen. Sonst wird Euroland für seine Bürger zum Alptraum. Und Umberto Bossi würde tatsächlich noch Recht behalten.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden