Partnerschaft sieht anders aus

Russland Bei Angela Merkel entsteht zuweilen der Eindruck, sie würde russischen Politikern gegenüber weiter die Gouvernante aus der Zeit des Kalten Krieges geben

Man sage nicht, nach den Gesprächen zwischen Obama und Medwedjew in Moskau und dem G8-Gipfel in Italien wirkte der deutsch-russische Sommer-Gipfel in dieser Woche wie eine diplomatische Nachhut. Allein veranstaltet, der Routine einen Gefallen zu tun. Ein solche Darstellung würde freilich suggerieren, es walte Normalität im deutsch-russischen Verhältnis. Das ist nicht der Fall.

Schon mit dem ersten Jahrestag des Kaukasus-Krieges zwischen Russland und Georgien im August zieht ein neuer Belastungstest herauf. Wie das auch mit dem gerade vereinbarten Pipeline-Projekt Nabucco der Fall ist. Hier wie da werden elementare russische Interessen berührt, man könnte auch sagen: legitime. Der Kaukasus gilt als weicher Unterleib der Russischen Föderation. Wenn sich das Georgien des Präsidenten Saakaschwili den Amerikanern hingibt, in die NATO strebt und Deutschland verhalten, aber hörbar applaudiert, ist Letzteres keine freundliche Geste. Und dass der Öl- und Gas-Transit für Russland unverzichtbare Einnahmen verheißt, zumal in der Krise, steht außer Frage.

Warum nur wird selten eine Gelegenheit ausgelassen, Moskau in die Parade zu fahren, anstatt einen respektvollen Umgang zu pflegen? Wie lange soll Russland noch für die Sowjetunion büßen. Oder für deren ganz unheroischen Untergang, der dem Westen den Spaß am Siegen verdarb beim großen Epochenfinale? Partnerschaft sieht anders aus, ihr täte schon ein Hauch des gegenseitiges Verständnisses gut, wie das einst Brandts Ostpolitik prägte. Die begann in Moskau. Nicht in Warschau, Prag oder Ostberlin, weil sie realistisch und nicht darauf erpicht war, die östliche Führungsmacht auszumanövrieren, wie das der Westen heute zu oft mit Russland tut. Bei Angela Merkel entsteht zuweilen der Eindruck, auch wenn das Jahr 1990 schon Jahrzehnte zurück läge, sie würde russischen Politikern gegenüber weiter die Gouvernante geben, als sei die Zeit stehen geblieben.

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