Pax Americana II

KOMMENTAR Kurswechsel in der Nahostpolitik

Washington macht Druck. Was nach dem Amtsantritt der Bush-Administration als hoffnungsloses Unterfangen galt - steht seit den Terror-Anschlägen wieder höher im Kurs amerikanischer Nahost-Politik. Es geht also und zeigt, wie ernst die Situation ist. Dieser Kurswechsel anerkennt zunächst einmal die wenig sensationelle Erkenntnis, dass jegliche Terrorbekämpfung ohne eine Regulierung des palästinensisch-israelischen Konflikts Makulatur bleiben muss. Eine Koalition unter Einschluss arabischer Staaten verlangt geradezu, dass sich die USA im Nahen Osten auf ihre Rolle als "ehrlicher Makler" besinnen.

Ganz offensichtlich verschieben sich aber auch innerhalb der Administration die Gewichte. Zwar zeigt die Fassade demonstrativer Geschlossenheit im Bush-Team noch keine Risse. Hinter den Kulissen jedoch verlieren die Protagonisten eines unilateralistischen Kurses an Einfluss. George W. Bush kann es sich derzeit nicht leisten, allein den radikalen "America first"-Einflüsterungen seiner Nationalen Sicherheitsberaterin Rice oder seines Verteidigungsministers Rumsfeld zu folgen. Dass Colin Powell in dieser Situation an Statur gewinnt, ist unübersehbar. Die Koalition wird als sein Werk gelten und die traditionell eher schwache Position des Außenministers im "inner circle" präsidialer Macht erheblich aufwerten.

Natürlich weiß Powell aber auch, wie flüchtig solcherlei Machtzuwachs im Washingtoner Haifischbecken ist und wie entscheidend eine Entspannung im Heiligen Land für das Überleben der Anti-Terror-Koalition sein wird. Heute bewahrheitet sich genau jene These von der Pax Americana, die für Vater Bush am Anfang des Nahostprozesses 1991 stand: Wenn die USA volle Handlungsfreiheit in einem Krisenbogen haben wollen, der vom Maghreb über den Persischen Golf bis nach Zentralasien, Pakistan, Indien und China reicht, muss der nahöstliche Kernkonflikt reguliert sein.

Dass jetzt nicht nur Arafat, sondern auch Sharon diesem amerikanischen Druck Tribut zollt, lässt ahnen, wie deutlich Washington beiden Seiten die Instrumente gezeigt hat - und wie furchteinflößend dieser Blick in die Zukunft einer umfassenden US-Terrorbekämpfung gewesen sein muss. Den Schwarzen Peter will offensichtlich niemand. Eine Garantie für Durchbrüche zu erneuten, ernsthaften Friedensgesprächen ist dies freilich nicht. Von einem umfassenden Frieden ganz zu schweigen. Dafür ist der Ungeist von Terror und Gegenterror viel zu lange aus der Flasche. Ihn zurück zu sperren, braucht es vor allem politischen Mut und Stehvermögen - auf beiden Seiten. Andernfalls bestimmen die Extremisten den weiteren Gang der Ereignisse. Und was das bedeutet, dürfte Washington in den letzten Tagen sehr klar gemacht haben.

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