Plateau der Schildkröten

Kleine Revolutionen Die neue Utopie verläppert sich auf Venedigs 49. Kunst-Biennale zwischen Sozialkitsch und Wahrnehmungsverunsicherung
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Kann Kunst Grenzen öffnen? Sie kann nicht nur, sie muss. »Es ist die Aufgabe des Künstlers und der Kunst, die Nationalstaaten aufzulösen und die Landschaften zu öffnen.« Mit dem gelb auf eine grüne Plastiktafel gemalten Satz feierte im dänischen Pavillon in Venedigs Giardini der längst abgelegt geglaubte Tonfall engagierter Sozialkunst der siebziger Jahre auf der 49. Kunst-Biennale noch einmal fröhliche Urstände. Die plakative Goodwill-Formel des dänischen Künstlers Henning Christiansen, Gesellschaftskritik von der ästhetischen Stange, wurde von den meisten Besuchern mild belächelt. Trotzdem markierte das Verlangen nach einer grenzüberschreitenden politischen Utopie einen unterschwelligen Grundzug vieler Expona