Präsident Garcia rudert zurück

Peru Nach wochenlangen Massenprotesten indigener Amazonasbewohner hat die Regierung in Lima umstrittene Gesetze zurückgezogen, die auf Landenteignungen zielten

Der peruanische Premier Simon Yahude, der an der Seite des dickköpfigen Hardliners Alan García zuletzt immer wieder den verhandlungsbereiten good guy zu mimen verstand, bat nun das peruanische Parlament um die sofortige Annullierung der umstrittenen »Gesetze für Wald und Fauna«. Zu stark war der Druck der Straße geworden gegen den drohenden Ausverkauf des Amazonas an ausländische Firmen. Immer weiter in den Keller fallende Umfragewerte für García und seine Revolutionäre Volksallianz Amerikas (APRA) deuteten auf eine zunehmende politische Isolierung des Regierungslagers hin. Am 18. Juni wurde daraufhin die Notbremse gezogen. 84 Abgeordnete so gut wie aller Lager des Nationalkongresses stimmten für die Rücknahme der Dekrete 1090 und 1064.

Präsident García hatte sie vor einem Jahr erlassen. Um den Freihandelsvertrag (TLC) mit den USA zu erfüllen, hatte er sich über die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hinweg gesetzt, die Konsultationen mit indigenen Gemeinden vorschreibt, wenn sich der Status ihre Gebiete ändern sollte.


»Wir fühlen uns als Sieger. Leider hat die Regierung, die den Konflikt früher hätte lösen können, solange gewartet, bis es zu Gewalt und Toten kommt«, versucht der Anführer des Streikkomitees im Amazonas, Salomón Awananch, einer Medienkampagne entgegen zu wirken, wie sie nach dem Blutbad durch Regierung und Medien massiv betrieben wurde. Jetzt wird das überfällige Nachgeben der García-Administration zum Anlass für Lobeshymnen auf Perus funktionierende Demokratie.


Dabei begeht der Staatschef einen fatalen Fehler. Indem er die erstarkende Indigenenbewegung unter Führung der Interethnischen Vereinigung für die Entwicklung des peruanischen Regenwaldes (AIDESEP) und dessen nach Nicaragua geflüchteten Vorsitzenden Alberto Pizango allein als Marionetten der links regierten Länder Bolivien und Venezuela begreift, unterliegt er einem Fehlurteil. Spricht er den ewig Geächteten Perus eine eigenständige Rolle als politisch relevanter Akteur ab, unterschätzt er zugleich die soziale Sprengkraft, die weitere Mobilisierungen gegen seine neoliberale Politik entwickeln können. Im Widerstand gegen den TLC wird Perus Linke neue Allianzen bilden, nicht nur auf nationaler Ebene. Eine weitere Annäherung von AIDESEP und der Peruanischen Nationalpartei (PNP) des bei den Präsidentschaftswahlen 2006 nur knapp zweitplazierten Ollanta Humala ist dabei nur eine mögliche Anti-García-Option. Unterschätzt haben den Indigenen-Faktor schon andere. Ein Volksaufstand 2000 durch Ecuadors multiethnisches Movimiento Pachakutik stürzte den amtierenden Präsidenten Jamil Mahuad. 2003 verjagten die Aymaras von El Alto zusammen mit der heute regierenden Bewegung zum Sozialismus (MAS) Boliviens korrupten Staatschef Gonzalo Sánchez de Lozada, nachdem dieser wie García auf Demonstranten schießen ließ.

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