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Verscherbelt Über das lukrative Geschäft mit Landeskrankenhäusern - Beispiel Niedersachsen

Mitte März flossen bei Ameos Glückstränen. Der Schweizer Klinikkonzern bekam vom Land Niedersachsen das Hildesheimer und das Osnabrücker Landeskrankenhaus (LKH) verkauft. Die Klinikketten Ameos, Asklepios und Helios sind Beispiele für die zunehmende Globalisierung des Gesundheitsmarktes in der Bundesrepublik. Ameos hat heute rund 50 Einrichtungen mit circa 4.300 Betten und 5.700 Mitarbeitern - vom Allgemeinkrankenhaus über forensische Psychiatrie bis hin zu Pflege- und Behinderteneinrichtungen. Axel Paeger führt dort die Geschäfte. Er war von 1994 bis 2003 Hauptgeschäftsführer der Asklepios Kliniken.

Die weltweit agierende Firma Ernst Young mit Stammsitz in den USA, die als Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer tätig ist, war 2002 Mitbegründerin von Ameos, wie zuvor von Asklepios und Helios. Bei Ameos schied Ernst Young vergangenes Jahr aus, um die Spuren nach Übersee zu vernebeln. Aber Ernst Young zieht dort durch Axel Paeger noch immer die Fäden - er ist ganz offiziell Delegierter der Ernst Young AG, Zürich.

Ernst Young mit seinen 100.000 Mitarbeitern in 140 Ländern kaufen ehrgeizige Intellektuelle wie Axel Paeger ein und lassen durch sie ein Netzwerk aufbauen, das Außenstehende nicht mehr als Konzern erkennen sollen. Das hat Vorteile. Als sich bei Ameos beispielsweise vor zwei Jahren ein Konzernbetriebsrat gründen wollte, bestritt die Führung das Vorhandensein eines Konzerns und stellte für die konstituierende Sitzung keine Räumlichkeiten zur Verfügung. "Paeger hat Einrichtungen in viele selbstständige Einheiten zergliedert", sagt der Bremer Gewerkschaftssekretär Uwe Schmidt. Auf diese Weise sei das Mitbestimmungsrecht der Beschäftigten verringert und die Zahl der Einrichtungen nach oben gedrückt worden. Allein die Landeskrankenhäuser in Heiligenhafen und Neustadt liste Ameos laut Internet-Seite als insgesamt 22 eigenständige Unternehmen auf. Axel Paeger und sein Mitgesellschafter Andreas Fendel sind deutsche Staatsangehörige. Das ist für das Konzept der im wesentlich amerikanisch orientierten Kapitalgeber nicht unwichtig. Denn nur so lässt sich vertrauensvolles Marketing in Deutschland und im Rest Europas entwickeln, das natürlich nur einen Zweck verfolgt: 20 Prozent Rendite.

Andreas Fendel ist nicht nur Gesellschafter bei Ameos, sondern auch bei der Quadriga Capital Eigenkapital Beratung GmbH, die sich selbst als ein Team erfahrener Finanzierungsspezialisten beschreibt, das konzernunabhängig agiere und allein unternehmerische Motivationen habe. Quadriga Capital Management ist ein Futures-Funds- oder Hedge-Fonds-Anbieter, der im wesentlichen nicht der Finanzmarktaufsicht unterliegt, da ein Großteil der Quadriga-Fonds seinen Sitz in überseeischen Steuerparadiesen hat, zum Beispiel auf der Karibik-Insel Grenada. Andreas Fendels Buch Investmententscheidungsprozesse in Venture Capital-Unternehmungen hätten Politiker lesen sollen, bevor sie diesen "Heuschrecken" Landeskrankenhäuser verkauften.

Wer nicht Menschen und ihre fürsorgliche Gesundung im Auge hat, sondern Dollarzeichen, Renditen, Profite und Geltungssucht, dem kann Ernst Young die Zukunft weisen. Auf ihre "Beratung" fallen wohl früher oder später alle, die in der Politik tätig sind, herein. Oder sie werden auf künftige Aufgaben im Dienste der Heuschrecken vorbereitet. Wie war das mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder und dem Schweizer Ringier Verlag? Auch dieser wird von Ernst Young geprüft! Zufall?

Selbstverständlich kennen sich die Wirtschaftsberater auch in ganz anderen Sparten aus. Wie sagte Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU)? "Mit Ernst Young/Luther Menold konnte ein Dienstleister zur Vorbereitung und Durchführung der von der Landesregierung beschlossenen Privatisierung der Spielbanken Niedersachsen GmbH gewonnen werden, der ... unter Beweis gestellt hat, dass er auch im deutschen Spielbankrecht über einschlägige Erfahrungen verfügt." Ob Möllring vielleicht auch schon an seine Zukunft denkt? Auf Ernst Young ist jedenfalls Verlass!

Niedersachsen will insgesamt acht Kliniken aufgeben und damit über 100 Millionen Euro einnehmen, sechs sind bereits verkauft. Übrigens sollen in den Fällen Hildesheim und Osnabrück die Ameos-Gebote zu spät eingegangen sein. Zumindest aus dem Bieterverfahren um das LKH Osnabrück wurde Ameos deswegen nachträglich wieder ausgeschlossen. Dagegen klagt die Klinikkette jetzt.


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