Auf die Frage gab es keine Antwort. "Was wird die deutsche Bundesbank unternehmen, um die vorenthaltenen Lohngelder den ehemaligen Zwangsarbeitern umgehend zur Verfügung zu stellen?", hatte Heike Sudmann, Sprecherin der Hamburger Bürgerschaftsgruppe "Regenbogen" von dem staatlichen Geldinstitut wissen wollen. Zwar bestätigte die Bundesbank, dass sie 1978 nicht ausgezahlte Lohngelder von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen in Höhe von eindreiviertel Millionen Mark einfach als "außerordentliche Erträge" ins eigene Vermögen eingestellt hatte. Über eine mögliche Wiedergutmachung verlor sie jedoch kein einziges Wort. Von Reue keine Spur.
Vergangenen November hatte es erste konkrete Hinweise gegeben, dass sich die Deutsche Bundesbank an nicht zur Ausz
t zur Auszahlung gelangten Lohngeldern ausländischer Zwangs arbeiter bereichert hatte. Auf einer Anhörung der Hamburger Grünen hatte die Historikerin Friederike Littmann vom Institut für Zeitgeschichte den Anwesenden erklärt, dass bis Mitte der sechziger Jahre bei der Hamburger Landeszentralbank Konten mit vorenthaltenen Lohngeldern städtischer NS-Zwangsarbeiter existiert hätten, die schließlich gelöscht worden seien.Der Hamburger Senat gab eine aufschlußreiche Antwort über den Verbleib der Gelder. Danach hatte die Landeszentralbank verschiedene von der britischen Militärregierung eingerichtete Konten, "auf denen Nachzahlungen rückständiger Lohngelder für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter verbucht wurden", für die Deutsche Bundesbank jahrzehntelang verwaltet. Insgesamt wurden im Laufe der Jahre über 650.000 Mark "zum überwiegenden Teil global an die Heimatländer der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter überwiesen".In der Stellungnahme des Senats heißt es weiter: "Sofern dies nicht möglich war und sich kein Berechtigter meldete, wurden die verbliebenen Gutachten 1978 von der Bundesbank als außerordentlicher Ertrag verbucht". Insgesamt 222.547 Mark verschwanden laut Hamburger Senat so in den Kassen der Bundesbank.In einem Brief an die Deutsche Bundesbank erbat die Regenbogen-Gruppe Ende Dezember weitere Aufklärung und forderte die "umgehende Auszahlung der einbehaltenen Lohngelder an noch lebende Zwangsarbeiter". Für Heike Sudmann "spricht es Bände über den Umgang mit historischer Verantwortung, wenn sich die Bundesbank an vorenthaltenen Lohngeldern von Zwangsarbeitern bereichert, anstatt sie an die Menschen auszuzahlen, denen die Gelder rechtlich und moralisch zustehen". Allein die Vielzahl der bis heute nicht entschädigten Zwangsarbeiter mache deutlich, "dass es auch vor 21 Jahren sehr wohl berechtigte Zahlungsempfänger gegeben haben muss".Die Antwort kam prompt: Ausführlich, doch im entscheidenden Punkt ohne Aussage legte die Bundesbank dar, dass es sich bei dem Hamburger Konto um keinen Einzelfall gehandelt habe. Die Banker räumten ein, dass auch ein von der Landeszentralbank Nordrhein-Westfalen verwaltetes Lohngeldkonto 1978 im Vermögen der Bundesbank aufgegangen war. Kontostand bei Auflösung: Mehr als anderthalb Millionen Mark. Daneben seien noch knapp 200.000 Mark "Guthaben von verschleppten Personen und Ausländer-Konten aus der Umstellung des Geldwesens" verbucht worden. Insgesamt hatte sich die Bundesbank so also um ca. 2 Millionen Mark bereichert.Warum die schließlich als außerordentliche Erträge ausgebuchten Zwangsarbeiter-Lohngelder "unanbringlich waren", läßt sich laut Bundesbank-Brief "aus den hier vorhandenen Akten im einzelnen nicht entnehmen". Jedoch habe man "etwaige Ansprüche spätestens 1978 als verjährt angesehen". Was sie Bundesbank vor der Ausbuchung der Lohngelder konkret unternahm, um anspruchsberechtigte Zwangsarbeiter ausfindig zu machen, wird in dem Antwortschreiben ebensowenig thematisiert wie die Zukunft der einbehaltenen Gelder. Lapidar heißt es: Als "juristische Person des öffentlichen Rechts, die ihren Gewinn an den Bund abführt, kann sich die Deutsche Bundesbank an Stiftungen zur Entschädigung nicht beteiligen. Durch die Gewinnabführungen an den Bund ist sie jedoch indirekt beteiligt".Besonders dieser Satz ärgert die Regenbogen-Sprecherin maßlos: "So kann jedes staatliche Unternehmen und jeder Privatbetrieb, der den Bundeshaushalt mit Steuern speist, sich darauf berufen, er habe indirekt schon einen Beitrag zur Finanzierung der Stiftung geleistet". Heike Sudmann forderte die Bundesbank auf, "unmißverständlich zu erklären, dass die Überführung der vorenthaltenen Zwangsarbeiterlöhne in das Vermögen der Bundesbank aus heutiger Sicht einen Fehler darstellt". Deshalb müsse sie "ihre eindeutige Bereitschaft erklären, einen Weg zu suchen, um die einbehaltenen Lohngelder unverzüglich den Betroffenen zugute kommen zu lassen".Auf die Antwort aus der Frankfurter Bankzentrale ist die 37-jährige Bürgerschaftsabgeordnete gespannt: "Noch mal kann sich die Bundesbank nicht um eine klare Aussage herum mogeln, ohne dass es peinlich wird".