Dietmar Bartsch bemühte die Emphase im spärlich besetzten Plenarrund. „Die Linke ist solidarisch mit den Streikenden in Griechenland, die Linke ist solidarisch, wenn sich Menschen gegen Ungerechtigkeiten und unsoziale Politik wehren“, rief der Fraktionsvizechef vergangene Woche im Bundestag. „Ihr Weg verschärft die Krise immer mehr.“ Die Politik der Bundesregierung sei nicht zu akzeptieren, mahnte Bartsch. Doch der Applaus tröpfelte spärlich, und am Ende fand sich die Linke mit ihrer Attacke ziemlich allein.
Tatsächlich trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer Linie „Daumenschrauben für Athen“ innenpolitisch auf breite Unterstützung. Vor der Bundestags-Sondersitzung am 27. Februar zu dem mit heftigen Sparzwängen verbundenen nächsten Rettungspaket für Griechenland signalisierten nicht nur die Grünen eine „positive Grundhaltung“, sondern auch die SPD. In der Koalition rumoren zwar wie schon vor den jüngsten Euro-Rettungs-Abstimmungen die Zweifler. Doch die kontert Schwarz-Gelb mit umso schärferen Appellen an die Schuldensünder. Mal mahnt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Hellenen, ihre Hausaufgaben zu machen. Mal verlangt Außenminister Guido Westerwelle (FDP) Taten. Und Wirtschaftsminister Philipp Rösler lässt die Möhre neuer Milliardenhilfen vorerst nur sehr lose vor der Nase der Entkräfteten baumeln: „Wir wollen jetzt erstmal abwarten, was nach der Gesetzgebung kommt“, sagte der FDP-Chef nonchalant, nachdem sich das griechische Parlament unter großem Druck und vor der Kulisse dramatischer Straßenschlachten zu neuen Sparzusagen durchgerungen hatte.
Sichere Instinkte
In Griechenland mögen aufgebrachte Demonstranten deutsche Flaggen verbrennen, international mag die Kritik an Merkels rigorosem Sparkurs für die „Schuldensünder“ immer lauter werden – in Deutschland scheint die Kanzlerin mit ihren Wählern voll auf einer Linie. So bescheinigten im jüngsten „Politbarometer“ 77 Prozent der Befragten der CDU-Chefin gute Arbeit, ihre Partei steht inzwischen mit 37 Prozent besser da als bei der Wahl 2009. Zwei Drittel der Befragten teilen die Zweifel der Regierung, ob sich Griechenland ernsthaft ums Sparen bemühe.
Von Anfang an folgte Merkel auch ihrem Instinkt, dass die deutschen Wähler Zugeständnisse an die Griechen wohl nicht goutieren würden. So blockte die CDU-Chefin die Debatte über Rettungshilfen im Frühjahr 2010 auch mit Blick auf die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ab. Mit ihrer wochenlangen „Faule-Griechen“-Debatte führte die Bild-Zeitung den Regierenden vor, dass mit solidarischen Gesten innenpolitisch kaum zu punkten ist.
Ende 2009 hatte die frisch gewählte Regierung Papandreou eingestanden, dass das Staatsdefizit nicht bei sechs Prozent vom BIP, sondern mehr als doppelt so hoch lag. Danach kam die öffentliche Debatte in Deutschland nicht mehr los von der Empörung über geschönte Finanzstatistiken, griechische Phantomrentner und hinterzogene Steuermilliarden im angeblichen Land des schlitzohrigen Schlendrian.
Uneinsichtige Schüler
Das Geld an Griechenland floss dann trotzdem, und seither spielt die innenpolitische Debatte mit Variationen des Themas: „Wir sind ja solidarisch, aber die Griechen sparen einfach nicht genug.“ So wird beklagt, dass Athen Mitte 2011 versprach, 50 Milliarden Euro durch Privatisierungen einzunehmen, aber vorerst nur ganze 1,7 Milliarden tatsächlich verbuchte. Eine effiziente Steuerverwaltung gebe es noch immer nicht, die Korruption sei nicht trocken gelegt. Man könne zwar auf Ministerebene viel besprechen, aber Wochen später sei immer noch nichts angepackt, wird aus der Bundesregierung kolportiert. Die Frage, ob ein Umkrempeln der griechischen Verwaltung zur Hochleistungsbürokratie oder ein Verhökern von Milliardenwerten binnen weniger Monate realistisch war, stellen sich die Kritiker vorsichtshalber nicht laut.
Bei so uneinsichtigen Schülern, so der Tenor, sei besondere Strenge eben angebracht. So reicht ein in Athen gefasster Parlamentsbeschluss über das neue Sparpaket nicht mehr; zusätzlich verlangten Deutschland und die übrigen Euro-Helfer schriftliche Erklärungen aller griechischen Regierungsparteien, dass sich auch künftige Gewählte daran halten. Zudem soll Athen seine Haushaltssouveränität faktisch aufgeben. „Wir brauchen diese Sicherheit der Umsetzung, weil wir alle in Europa etwas sensibler geworden sind“, gab sich FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle kategorisch. „Wir haben schon verschiedene Vereinbarungen gehabt, die dann so nicht eingehalten wurden.“
Der feste Glaube ans Sparen
Dass die Deutschen mit ihren rigorosen Forderungen an Griechenland das Unheil verschlimmert haben, wie jetzt auch Finanzguru George Soros im Spiegel kritisierte, dass bei einem Schrumpfen der Wirtschaft um jährlich fünf Prozent oder mehr ein Dagegen-Ansparen aussichtslos ist und die Schuldenlast trotz der Hilfspakete binnen zwei Jahren von 100 auf 160 Prozent des BIP in die Höhe schnellte – das alles lässt die Bundesregierung nicht gelten. Tapfer beharrte Sprecher Steffen Seibert zuletzt darauf, alles werde gut, wenn die Griechen die Vorgaben nur umsetzten: „Das ist nicht Sparen um des Sparens willen.“ Die Athener Beschlüsse – unter anderem die drastische Senkung des Mindestlohns und die Entlassung von 150.000 Beamten – seien Voraussetzung für neues Wachstum. Neue Investitions- und Förderprogramme, wie sie die Opposition fordert, weist Schwarz-Gelb dagegen von sich.
Mehr als die Beschwörung eines glimpflichen Ausgangs bleibt Schwarz-Gelb wohl nicht. Schätzungen zufolge würde eine ungeordnete griechische Insolvenz die Deutschen 50 Milliarden Euro oder mehr kosten – davon allein 16 Milliarden Euro für überwiesene deutsche Hilfskredite und bis zu zehn Milliarden Euro anteiliger Abschreibungen für bei der Europäischen Zentralbank gebunkerte griechische Anleihen. Eigene Berechnungen möglicher Pleitefolgen hat die Bundesregierung angeblich nicht – er kenne jedenfalls keine, sagte Seibert. Er sprach nur vage von „unbeherrschbaren Risiken“. Das dürfte auch für die innenpolitische Tektonik gelten. Im März wird im Saarland gewählt, im Mai in Schleswig-Holstein. Die FDP kämpft ums Überleben. Ein endgültiges Scheitern der deutschen Krisenkunst käme höchst ungelegen.
Kommentare 7
Einem Großteil der Bevölkerung fehlt es am volkswirtschaftlichen Sachverstand, was die Schuldenkrise betrifft. Die schwäbische Hausfrau bringt da nicht weiter, wenn es um die Staatsverschuldung geht.
Frau Merkel nutzt diese Unkenntnis aus. Ihr wurde immer wieder vorgeworfen, dass sie keinen klaren poitischen Kurs fährt, weder in der Außen- noch in der Innenpolitik. Sie würde immer nur abwarten und dann auf den fahrenden Zug aufspringen. Jetzt zeigt sie Führungstärke, in dem sie ein knallharten Sparkurs durchsetzt und sogar Frankreich auf ihre Seite zieht. Nicht zu vergessen sind auch die guten ökonomischen Daten, die Deutschland vorzuweisen hat. Der Rest wird unter den Teppich gekehrt unter freundlicher Unterstützung der Mainstream-Medien.
Merkel hat die Griechenland-Pleite längst einkalkuliert. Der schwarze Peter liegt doch so oder so bei Griechenland. Erfüllt es die Sparauflagen, geht es pleite, erfüllt es sie nicht, passiert das Gleiche. Das ist doch nur noch ein Spiel auf Zeit.
Deutschland wird derzeit als "save-heaven" eingestuft, d.h. ausgegebene Staatsanleihen werden je nach Laufzeit nagativ bzw. sehr niedrig verzinst. Da lässt sich der Ausfall bei Griechenland locker verkraften. Es darf nur nicht zu einem Flächenbrand kommen.
Merkel weiß doch ganz genau, dass Schwarz/Gelb am Ende ist. Also sorgt sie dafür, dass die CDU auf jeden Fall stärktste Partei bleibt. Sie regiert quasi überparteilich und muss nur dafür Sorge tragen, dass ihre Beliebheitswerte stabil bleiben. Dann kann sie auch vorzeitigen Bundestagswahlen mit Gelassenheit entgegen sehen.
Die SPD weiß das und erfindet einen neuen Gegner, den "Kasinokapitalismus", den es jetzt zu bekämpfen gilt. Ein politischer Offenbarungseid. Den Grünen gehen ihre Themen aus, mit denen sie punkten konnten und faseln von der bürgerlichen Mitte, die sie nicht verlieren wollen.
Ja und die Linke? Die Führungsspitze schreibt Artikel im Freitag, die mich etwas ratlos machen, Frau Lötzsch und Herrn Ernst wohl auch, weil sie es noch nicht einmal für nötig halten, auf die Kommentare zu antworten.
Die Linke braucht einen Führungswechsel und ein klares Bekenntnis im Bund mitregieren zu wollen. Immer nur zu sagen, was falsch läuft in diesem Land reicht auf die Dauer nicht aus.
Selbst für etwas wofür diese Merkel nun wirklich nichts kann, wird sie gelobt, wird es ihr positiv zugeschrieben.
Die CDU ist die Staatspartei der Bundesrepublik Deutschland und dieses Land ist ihr Eigentum. Diese Erkenntnis wird nun schon seit Generationen weitergegeben und auch bei Wahlen mehr oder weniger erfolgreich umgesetzt. Daran ändert auch keine Merkel etwas, sowie kein Helmut Kohl.
Sollte tatsächlich die CDU im Bund nicht stärkste Partei werden, gilt dieses lediglich als Betriebsunfall. Mit anderen Worten, selbst ein Besenstiel als Spitzenkandidat der CDU würde auch diese schlappen Wahlergebnisse der Merkel einfahren.
Nur ein einziger Blick auf die Wahlergebnisse(Umfragen) zeigt, jenseits von Merkel gibt es Mehrheiten. Und jedem anderen Land wäre diese "Dame" jenseits des Rubikons und niemand würde sich gern mehr an sie erinnern.
So einfach, so kompliziert.
Sind die Deutschen (Merkel) wirklich an einer Rettung Griechenlands interessiert? Oder eher an einer des Bankensystems? Weil die sogenannten Hilfen für Griechenland eigentlich nur den Banken helfen - der einfache Grieche hat da gar nichts von!
Und das wird Merkel als Erfolg angerechnet? Eher nicht. Das Volk wird einfach, wie üblich, mit Lügen und falschen Sprüchen verdummt. Alles Geld fliesst den Banken zu! Aber das sagt Merkel natürlich nicht.
Ich würde gerne mal sehen, wie die Deutschen reagieren, wenn man ihnen einfach vorschreibt, wen sie wann eventuell zu wählen haben - oder einfach eine von aussen eingesetzte Regierung zu akzeptieren, die nur bei den Ärmeren spart und die Reichen in Ruhe lässt oder ausser Landes flüchten lässt (natürlich mit ihrem gesamten Geld)! Und Deutschland verdient zur Zeit sogar daran!
Verantwortlich für die griechischen Zustände sind die Griechen. Sie können gerne machen, was sie wollen, aber mit ihren selbst erwirtschafteten Werten. Wenn die Armen von den Reichen in Griechenland noch mehr ausgeplündert werden als es in anderen Ländern "normal" ist, müssen sie entsprechend wählen oder demonstrieren oder streiken.
Was ist das denn für ein Quatsch?
und mit wem soll die linke regieren im bund ihrer meinung nach ?
soll sie sich an grüne und spd anschleimen, dann ist die linke nicht mehr die linke und kann gleich aufhören zu existieren. neoliberale parteien haben wir genug, die linke sollte sich von denen fernhalten und warten bis sie mit "iher" politik endlich konsensfähig im lande wird und die menschen endlich einsehen, das die linke ne neue chance ist gegen den alten klüngel .
sahra sagte bei will, das von den 78 milliarden die bis jetzt nach griechenland flossen 75 milliarden direkt an banken und gläubiger gingen.
so verdummt uns die merkel.