Randspalte

Becks Bredouille & Schwans Stimmen

Becks Bredouille

Die SPD hat in der ersten Forsa-Umfrage im Juni einen historischen Tiefststand erreicht. Danach würden nur noch 20 Prozent die Sozialdemokraten wählen. Der Parteienforscher Peter Lösche sagte, man müsse "schon bis in die fünfziger Jahre zurückgehen, bis zum damaligen Parteivorsitzenden Erich Ollenhauer, der vielleicht eine gewisse Ähnlichkeit mit Kurt Beck hat", um ein ähnlich schlechtes Ergebnis zu finden. Die Linkspartei lag nur noch fünf Prozent hinter der SPD. Bei Männern kamen die Sozialdemokraten sogar nur noch auf 17 Prozent, genauso viel wie die Linkspartei. Wie realistisch die Angaben sind, bleibt abzuwarten. Forsa-Chef Manfred Güllner musste sich bereits mehrfach gegen den Vorwurf verteidigen, die SPD durch manipulierte Umfragen in Verruf zu bringen. Im Deutschlandtrend von Infratest, der kurz nach der Forsa-Umfrage veröffentlicht wurde, lag die SPD bei 24 Prozent.

Vor allem Parteichef Kurt Beck wird für das historische Desaster verantwortlich gemacht. Bei der Politikerzufriedenheit liegt der SPD-Chef inzwischen hinter Oskar Lafontaine. Allerdings stieg die Zufriedenheit mit Beck unter SPD-Anhängern zuletzt wieder an. Trotzdem erreicht Becks innerparteilicher Konkurrent um die Kanzlerkandidatur deutlich bessere Werte. Während Beck bei einer Direktwahl nur auf zwölf Prozent käme, könnte Steinmeier mit 30 Prozent rechnen.

Die Umfragen stacheln auch die Konkurrenz in der SPD-Zentrale an. Erneut mussten der Zeitplan für die Kandidatenkür verteidigt und Gerüchte über Machtkämpfe dementiert werden. Dabei geht es unter anderem um die Besetzung der "Kampa 09", der Wahlkampfzentrale. Aus dem Umfeld von Generalsekretär Hubertus Heil war der frühere Bild am Sonntag-Mann Ulrich Deupmann als "strategischer Koordinator" ins Gespräch gebracht worden. Der ist ein Vertrauter von Steinmeier - weshalb die Gerüchte umgehend als Signal für eine Vorentscheidung in der K-Frage verstanden werden könnten.

Schwans Stimmen

Die Linkspartei ringt weiter um ihr Verhältnis zu Gesine Schwan. Für Verärgerung sorgten Äußerungen der Präsidentschaftskandidatin, die den Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine in einem Spiegel-Interview als "Demagogen" bezeichnet hatte. Daraufhin drohten Linkspolitiker, Schwan in der Bundesversammlung im Mai 2009 die Unterstützung zu verweigern. "Man wirbt nicht um unsere Stimmen, indem man uns beschimpft", so Fraktionsvize Bodo Ramelow. Lothar Bisky nannte Schwans Vorwurf "ausgesprochen dumm". Unterdessen mehren sich die Forderungen aus der Linken, mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen um die Bundespräsidentenwahl zu gehen. Die Parteispitze will jedoch bis nach der Landtagswahl in Bayern warten. Je nach Wahlausgang im Freistaat könnte eine rot-grün-rote Mehrheit möglich werden. Lafontaine betonte, dass Überlegungen für ein Mitte-Links-Bündnis im Bund derzeit "nicht herangezogen werden bei unserer Entscheidung", da sich die SPD ohnehin der Kooperation verweigere. Er forderte Schwan zu Gesprächen auf: "Die will doch was von uns. Dann muss sie mit uns reden."

Schwan selbst mühte sich inzwischen, ihren Vorwurf gegenüber Lafontaine zu relativieren. In einem ARD-Interview, für das eigens das Programm geändert worden war, sagte sie, "ich habe gesagt, Lafontaine ist ein Demagoge; ich sollte genauer sagen, er hat viel Demagogie betrieben. Ich weiß nicht, ob er das noch ändern kann." Auch riet sie der SPD, keine Vorratsbeschlüsse zur Abgrenzung gegenüber der Linken zu fassen. Schwan werde auf jeden Fall um deren Stimmen werben, allerdings wolle sie dafür nicht ihre Überzeugung beugen. Das sei zwar ein Risiko, so Schwan, da ihr ein Teil der Wahlfrauen und -männer der Linkspartei möglicherweise nicht folgen werden. Sie habe aber auch schon bei der letzten Bundespräsidentenwahl 2004 nicht alle Stimmen der damaligen PDS erhalten, stattdessen jedoch "eine ganze Menge aus dem bürgerlichen Lager". Und das, so Schwan, "ist meine Rechnung jetzt auch". Die Politikwissenschaftlerin war seinerzeit Horst Köhler unterlegen, erhielt jedoch mindestens zehn Stimmen aus dem Lager von CDU/CSU und FDP.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden